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Sichelmond

Sichelmond

Titel: Sichelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Gemmel
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Nana. »Arthur, was soll ich hier?«
    Rouven blickte auf die hohen Plattenbauten. Auf die vielen Hochhäuser, die sich hier, in der südlichen Vorstadt, aneinanderreihten. Und auf einmal wusste er auch nicht mehr, was sie hier sollten. Mit einem Mal empfand er Tabithas Idee doch als zu irrsinnig, als dass es zu einem Ergebnis führen konnte. In dieser Sekunde fürchtete Rouven nur, dass sie Nana zu viel zumuten würden.
    »Dort vorne ist es«, sagte Tabitha. Sie schien viel optimistischer zu sein als Rouven, und das war auch der Grund, warum sich Rouven weiter darauf einließ.
    Er hätte die Wohnungstür unter all den vielen identischen Türenin dieser Wohnanlage nicht mehr so schnell wiedergefunden. Doch jetzt, wo Tabitha darauf zeigte, erkannte Rouven das Graffiti an der Außenwand wieder.
    Es war ein unschönes Gefühl, wieder hier zu sein. Doch jetzt war es zu spät, umzukehren.
    Tabitha klopfte erwartungsvoll gegen die Tür. So wie sie es schon einmal getan hatte.
    Aus einem der Hinterhöfe drang Gebell zu ihnen. Ebenfalls wie damals, als sie zum ersten Mal vor dieser Tür gestanden hatten.
    In Rouven breitete sich Unruhe aus. Und er war nicht der Einzige, dem es so erging.
    »Was wollen wir hier?«, erkundigte sich Nana. Angewidert blickte sie auf die Graffiti-Schmierereien an den Wänden und auf die getrockneten Wasserflecken an den Ecken des Hauses.
    »Wir möchten dir jemanden vorstellen«, antwortete Tabitha. »Eine Freundin.«
    »Hier?« Nana staunte. »Hier habt ihr Freunde? Ach du Schreck.«
    Gerade wollte Rouven etwas erwidern, als die Wohnungstür geöffnet wurde und Mathida vor ihnen stand.
    »Rouven!« Die Freude in ihrem Gesicht war echt. »Du bist hier.«
    Rouven wusste keine rechte Antwort zu geben und versuchte es stattdessen mit einer Floskel: »Ich hoffe, ich störe nicht.«
    Sie zog ihn am Kragen erst zu sich heran, um ihm einen Begrüßungskuss auf die Wange zu geben, dann zog sie ihn ein weiteres Mal am Kragen in die Wohnung hinein. Dann stockte Mathida. Sie stellte sich aufrecht hin und öffnete ihre Sinne. »Schön«, sagte sie nach wenigen Augenblicken. »Du bist nicht allein gekommen.« Sie drückte die Wohnungstür noch ein Stück weiter auf. »Herzlich willkommen, Tabitha«, sagte sie.
    Tabitha trat herein und drückte Mathida ebenfalls einen Kuss auf die Wange, jedoch ohne dass die Frau etwas davon spürte.
    »Wir sind zu dritt«, sagte Rouven schließlich, bevor Mathida die Tür schloss.
    »Zu dritt?«
    Rouven streckte die Hand aus und führte Nana in die Wohnung.
    Nana sah sich Mathida genau an. Sie runzelte die Stirn und musterte Mathida von oben bis unten, bevor sie schweigend in die Wohnung trat. Rouven vermutete, dass sie sich gern negativ über Tabithas Freundin geäußert hätte, die in einer solchen Gegend lebte. Doch anscheinend war ihr Mathida sympathisch. Und das wollte Nana wohl nicht zugeben in diesem Moment.
    »Ihr kennt ja den Weg«, sagte Mathida. »Ich meine, den richtigen Weg.«
    Rouven und Tabitha kicherten. Tabitha ging voraus, und Rouven führte Nana ins Badezimmer.
    »Ich muss nicht zur Toilette«, entrüstete sich die Frau, doch sie ließ sich artig von Rouven durch die hintere Tür in Mathidas Wohnzimmer führen.
    Kaum war sie in dem Zimmer angekommen, begann Nana zu schwärmen: »Wie schön! Was für ein wunderbarer Raum. Geschmackvoll. Sehr hübsch.« Sie wandte sich an Mathida. »Gute Frau, ich muss Ihnen ein Kompliment machen. Ihre Wohnung ist entzückend. Mit solch einer Gemütlichkeit hätte ich nicht gerechnet, wenn man bedenkt, wie das Haus von außen aussieht. Ich hoffe, Sie verzeihen mir meine Offenheit.«
    Nana wunderte sich, dass Mathida keinerlei Reaktion zeigte. Deshalb schaltete sich Rouven schnell ein: »Sie kann dich nicht hören. Sie hat   … sie muss   …«
    »Ja?«
    »Ein Hörfehler«, log Rouven hastig. »Eine besondere Form. Sie kann nur Männerstimmen hören. Frauenstimmen sind ihr zu hoch.«
    Nana blickte Mathida betroffen an. »Oh, das tut mir leid. Bitte sag ihr das.«
    Rouven wandte sich Mathida zu. »Wir haben eine gute Freundin dabei: Nana. Sie ist ganz begeistert von Ihrer Wohnung und fühlt sich hier wohl.«
    »Das freut mich«, antwortete Mathida. »Danke.«
    »Sie steht direkt vor ihnen«, erklärte Rouven. »Und sie   …«
    Nana schlug ihm auf die Schulter. »Na, hör mal! Sie wird mich ja wohl sehen können. Oder hat sie auch einen Sehfehler, sodass sie nur Männer sehen kann?«
    Rouven kicherte. Für eine Frau mit

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