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Sichelmond

Sichelmond

Titel: Sichelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Gemmel
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Moment wurde Nana ruhiger.
    Die Finger lösten sich von ihrem Hals. Sie schüttelte sich, hustete erneut, doch sie bekam wieder Luft.
    Rouven half ihr, sich aufzusetzen. Und bevor sie etwas sagen konnte, bemerkte er, was mit ihr vorgegangen war.
    »Arthur«, sagte sie mit gereizter Stimme zu ihm. »Du bist hier?« Mit ihrem verschleierten Blick sah sie auf Tabitha. »Und ein Mädchen hast du auch dabei. Magst du uns nicht vorstellen?«
    Tabitha schrie entsetzt auf und hielt sich beide Hände vor den Mund. »Nana«, schluchzte sie. »Nein!«
    Rouven ergriff Nanas Schultern. »Nein. Du musst dich erinnern«, rief er. »Du darfst nicht wieder zurückverfallen.«
    Doch Nanas leerer Blick änderte sich nicht. »Ich weiß gar nicht,was du meinst«, antwortete sie mit ihrer üblichen zittrigen Stimme. »Erinnern? Woran denn?«
    Rouven schüttelte sie an den Schultern. »Nein, Nana. Bitte nicht. Kämpfe dagegen an.«
    Die Frau stieß ihn von sich. »Hör auf, du machst mir Angst. Was willst du nur von mir?«
    Rouven kam nicht mehr dagegen an. Er legte seinen Kopf in ihren Schoß und brach in Tränen aus.
    »Nana. Es tut mir leid.«
    Sie streichelte ihm gedankenverloren über den Kopf. »Ach was, Junge. Was immer dich auch erschreckt haben mag, ich bin sicher, so schlimm ist es nicht.«
    Und dann begann sie zu summen. Ihr Lied. Die Melodie, die seit Monaten in dieser Wasserwerkshalle zu hören war.

W ieder wurden sie unterbrochen. Mayers stöhnte auf. Dabei hatten sie es wirklich eilig. Zum ersten Mal in diesem Fall hatten sie endlich mal einen Anhaltspunkt, an dem sie arbeiten konnten. Wenn sie auch nicht alle Einzelheiten kannten, so waren Mayers und Tallwitz doch erleichtert, dass sie eine konkrete Aufgabe hatten, die gewiss zu einem Ergebnis führen und sie ein Stück weiter voranbringen konnte im Fall des Neumond-Täters.
    Mayers blickte zu Tallwitz, der gerade sein Handy wieder einsteckte. Ihm war es ebenfalls nicht recht, dass gerade jetzt jemand an die Bürotür klopfte. Denn so musste er erneut warten, bevor er die Verstärkung einteilen und in die Wohnungen der verschwundenen Familien schicken konnte.
    Mayers stöhnte. »Herein«, rief er widerwillig, und schon öffnete sich die Tür.
    »Guten Abend, meine Herren. Ich hoffe, ich störe nicht.«
    Mayers und Tallwitz blickten überrascht zur Tür. »Herr Professor Dattel«, begrüßte Mayers den Besucher und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn dieser Auftritt störte. »Mit Ihnen hätte ich nicht gerechnet.«
    Der Professor zwirbelte an seinem Bärtchen. »Ich hatte gerade in der Nähe zu tun und dachte, ich schaue mal bei Ihnen herein. Ich besuchte einen Kollegen, der zwei Straßen weiter wohnt. Einen sehr renommierten Kollegen übrigens. Zwei Doktortitel und einen Professorenstuhl. In vergleichender Literaturwissenschaft. Ein wunderbarer Gesprächspartner, wissen Sie. Ich besuche ihn alle zwei Wochen und   …«
    Der Professor atmete kurz ein, doch diese Sekunde reichte Mayers, um dem Besucher in die Rede zu fahren: »Um ehrlich zu sein, lieber Professor, wir haben es tatsächlich ein wenig eilig.«
    Der Professor zwirbelte etwas flotter an seinem Bart. Doch er ließ sich nicht anmerken, wie sehr ihm diese Unterbrechung missfiel. »Nun gut«, sagte er knapp. »Ich wollte mich auch nur nach dem Vorankommen Ihrer Ermittlungen erkundigen. Wenn es Ihnen recht ist.«
    Mayers entging der patzige Unterton in der Stimme des Professors nicht. Keinesfalls wollte er ihn beleidigen. Und deshalb gab er sich geschlagen. »Nun gut   … In aller Kürze?«
    Der Professor schien versöhnt. »In aller Kürze. Einverstanden.«
    »Wir verfolgen unsere erste richtige Spur.«
    »Tatsächlich?«
    »Wir sind gerade dabei, eine Familie ausfindig zu machen. Wie sich herausstellte, gibt es doch eine Verbindung zwischen all den Ehepaaren, die verschwunden sind. Und es gibt noch eine Familie, die wohl in großer Gefahr schwebt. Eben diese Familie müssen wir finden.« Mayers hatte seine Rede in höchstem Tempo hervorgebracht, und am liebsten hätte er angefügt: »Und jetzt gehen Sie, und stehlen Sie uns nicht die Zeit.« Doch dafür fehlte ihm der Mut.
    Der Professor machte keinerlei Anstalten zu gehen, im Gegenteil.
    »Darf ich vermuten, dass die Verbindung zwischen den Familien dieser Rouven darstellt?«
    Mayers nickte. »Stimmt. Wie kommen Sie darauf?«
    »Ach, nichts weiter. Ich habe nur laut gedacht. Bisher lief alles, was wir besprochen haben, auf diesen Jungen

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