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Sichelmond

Sichelmond

Titel: Sichelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Gemmel
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dem Boden liegen. Vor seinem geistigen Auge erschien ihr Gesicht. All seine Gedanken galten nur noch ihr. Sie war das Letzte, woran Rouven dachte, als sein Körper endgültig unter Jachaels Griff zusammensackte.

N ana schrie auf und griff sich an die Brust. Ihr Atem versagte.
    Tabitha eilte zu ihr. Es gelang ihr, Nana zu stützen, bevor diese das Gleichgewicht verlor.
    »Nana, was ist mit dir?«
    Die Frau röchelte nur als Antwort. Sie bekam kaum Luft. Die Knie versagten ihren Dienst. Nana konnte sich kaum auf den Beinen halten.
    Tabitha legte einen Arm Nanas über ihre eigene Schulter. So konnte sie die Frau bis zum Bett bringen. Dankbar ließ sich Nana auf die Matratze legen. Es schien, als fiele ihr in dieser Position das Atmen leichter.
    »Nana, was hast du?« Tabitha verzweifelte. Sie hatte Nana nach der Hypnose hierhergebracht. Es war ihr nichts anderes eingefallen, als die Frau, die wieder in ihre Vergesslichkeit verfallen war, zu diesem Ort zu bringen, wo sie sich wohlfühlte. Gern hätte Tabitha nach Rouven gesucht. Sie ahnte, dass er sich jetzt an der Kapelle befand, doch Nana schien Tabitha hier zu brauchen.
    »Sag doch was«, bat Tabitha, doch Nana war das Sprechen nicht möglich. Noch immer drückte sie eine Hand auf die Brust.
    Tabitha griff sanft nach dieser Hand, zog sie langsam zurück und erschrak: Nanas Bluse verfärbte sich rot.
    »Dein Herz«, stieß Tabitha hervor, die sofort verstand. »Etwas ist mit deinem Herz geschehen.« Sie blickte sehnsüchtig zur Tür. Rouven musste sich bei Jachael befinden. Etwas ging in der Kapelle vor sich. Sie musste   …
    Plötzlich überstürzten sich die Ereignisse. Erst bebte die Erde.Nur für einen kurzen Moment, doch das reichte aus, um Nana einen zusätzlichen Schrecken zu versetzen.
    Tabitha ahnte, dass dieses Rumoren mit Rouven zusammenhing. Vielleicht hatte er sich bereits Jachael entgegengestellt.
    Sie überlegte noch, was sie tun könnte, als die Erde erneut bebte und Tabitha im nächsten Moment den Lichtschimmer bemerkte, der aus dem langen Gang des Wasserwerks in die Halle glitt. Jemand hatte die Tür geöffnet. Tabitha hörte Schritte. Eilige Schritte, und dann sah sie Mayers und Tallwitz, wie sie in den Raum gestürzt kamen.
    »Rouven«, schrie Mayers. »Bist du hier?«
    »Rouven?«, forschte auch Tallwitz nach.
    Mayers blickte sich in der scheinbar leeren Halle um. »Ist überhaupt jemand hier? Tabitha, du vielleicht?«
    Das Mädchen sah sich nach Nana um, die bereits wieder zu Kräften kam. Die Frau atmete wieder tief und hatte die Hand von der Brust genommen. Auch die Blutung an der Stelle, an der sich früher das Herz befunden hatte, schien gestillt zu sein. Tabitha wagte es, sie einen Moment allein zu lassen.
    Sie rannte zum Esstisch und griff sich den schwarzen Filzstift, der dort lag.
    Tallwitz bemerkte die Bewegung des Stiftes als Erster. »Mayers, komm her. Sieh dir das an!«
    Es war keine Zeit, nach Papier zu suchen. Tabitha schrieb mit dem Filzstift direkt auf die Tischplatte.
    »Ich bin hier«, las Tallwitz laut vor, obwohl Mayers bereits neben ihm stand und selbst mitlas. »Es geht uns allen nicht gut. Nana ist geschwächt. Und Rouven   …«
    Tabitha stockte. Etwas geschah mit ihr. Etwas tief in ihrem Inneren regte sich.
    Sie schrie entsetzt auf.

M ayers und Tallwitz blickten sich um. Sie hatten den Schrei nicht gehört, wunderten sich nur, warum der Filzstift nicht weiterschrieb.
    Tabitha schrie erneut auf. In ihrem Kopf hörte sie eine Stimme. Seine Stimme.
    Und mit einem Mal spürte sie, wie eine Macht Besitz von ihr ergriff.
    Ohne sich dagegen wehren zu können, bewegte sich ihre Hand. Der Stift kratzte erneut über die Tischfläche, und Mayers und Tallwitz lasen, was Tabitha dort schrieb.
    Aus Buchstaben formten sich Worte. Aus den Worten ergab sich langsam ein Sinn.
    Mayers starrte noch auf die Botschaft, als Tallwitz schon begriffen hatte.
    »Wir müssen zum Wagen«, rief er Mayers zu. »Schnell!« Und ohne ein weiteres Wort rannten die beiden aus dem Wasserwerk. Ihnen war bewusst, was nun zu tun war.



P ochen in seinem Kopf. Der Geschmack getrockneten Blutes in seinem Mund. Alle Gliedmaßen schmerzten.
    Als Rouven erwachte, brauchte er nur den Bruchteil einer Sekunde, um sich seiner Lage bewusst zu werden. Er riss die Augen auf, ignorierte den Schmerz, der ihm durch den Kopf schoss, und starrte fassungslos auf die Zeichen an der Tür: auf den Sichelmond mit der Vogelkralle, direkt über dem riesigen N. Jachael zog gerade

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