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Sichelmond

Sichelmond

Titel: Sichelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Gemmel
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Steinplatten der Kapelle und zerschellte dicht neben seinem Gesicht.
    Mit Entsetzen musste Rouven mit ansehen, wie sich eine riesige Glasscherbe in eines der Herzen bohrte und es schließlich in zwei Hälften zerschnitt. Es war das größere der beiden Herzen.
    Hastig streckte Rouven seine Hände aus, um wenigstens das zweite Herz zu retten. Er legte beide Hände darüber, bevor es von den Glassplittern getroffen werden konnte.
    Jachael besah sich die Szene mit seinem breiten Grinsen. Dann schnalzte er mit der Zunge, beugte sich vor und zog das Herz unter Rouvens Händen hervor.
    »Oh, hoppla«, grinste er weiter. »Da ist ja schon die Hälfte zerstört von dem, wofür es sich zu kämpfen lohnte.« Er legte das Herz auf die Erde und hob einen seiner Hufe direkt darüber. Dann zeigte er mit der Hand auf das zerschnittene Herz, das neben Rouven auf der Erde lag. »Nanas Möglichkeit, wieder Mensch zu werden, hast du nun mit deinem Zögern vernichtet. Die Ärmste wird nun bis in alle Ewigkeit als Geist über die Erde wandeln.« Er zuckte mit dem Huf über Tabithas Herz, und augenblicklich schrie Rouven auf. Jachael gluckste amüsiert.
    »Soll dies für dein Herzblatt ebenso enden? Möchtest du, dass ich auch ihre Menschlichkeit zerstöre?«
    Er zuckte noch einmal mit seinem Huf und tat so, als zertrete er das Herz am Boden. Doch kurz, bevor er es berührte, hielt er inne. »Na?«
    In Rouven erwachte eine unbändige Wut. Ein rasender Hass, wie er ihn noch nie verspürt hatte. Durch seine Schuld hatte er Nanas Leben gerade zum zweiten Mal zerstört. Alles in ihm schrie auf. Der Wunsch nach Vergeltung tobte durch alle seine Glieder. Schließlich schrie er selbst auch auf. Mit dem Blick auf Tabithas Herz sprang er auf die Füße und rannte mit einem hasserfüllten Schrei auf Jachael zu. Mit beiden Händen voran warf er sich auf das Halbwesen. Es gelang ihm, Jachael zu ergreifen und durch die Wucht des Angriffs zu Boden zu werfen.
    Doch Jachael wand sich mit Leichtigkeit aus Rouvens Griff heraus und war in Sekundenschnelle wieder auf den Beinen.
    Er lachte. Er lachte so dröhnend, dass die Kapelle bebte. »Und?«, fragte er. »Bist du nun bereit?«
    Rouven erhob sich wutschnaubend. Mit festem Blick in Jachaels Augen gab er die Antwort, auf die sein Gegenüber lange hatte warten müssen. Endlich tat er den Schwur, der ihn von seiner Menschlichkeit erlöste und ihn wieder zu dem Wächter über die Halle der Seelen machte. Mit allen Fähigkeiten und allen Konsequenzen. Rouven ließ den Spruch verlauten, mit dem er seine Aufgabe wieder übernehmen konnte: »Ja!«, brachte er mit eindringlicher Stimme hervor. »Ich bin bereit. Ich widerspreche meinem Gelübde. Ich sage allem Menschlichen ab und stelle mich wieder meiner Aufgabe, dem Schutz der Seelenhalle und der Seelenschützer. Ich lege meine Sterblichkeit ab und bin wieder Rouven   – der Wächter über die Halle der Seelen.«
    Jachael schrie vor Begeisterung lachend auf, während Rouven spürte, dass etwas mit ihm vorging. Sein Körper richtete sich auf, seine Sinne schärften sich. Schon schmerzte ihn Jachaels Gelächter tief in den Ohren. Seine Muskeln spannten sich, und über seine Haut zog sich ein Federkleid. Nur Augenblicke später stand er als Halbwesen vor Jachael. Halb Mensch, halb Krähe stellte er sich seinem Widersacher gegenüber.
    Der klatschte begeistert in die Hände und schnalzte mehrmals mit der Zunge. »So hab ich mir das gew…«
    Rouven zögerte nicht mehr. Er wollte Jachael keine Sekunde eines Triumphes gönnen. Und vor allem wollte er diese Stimme nicht mehr hören müssen. Mit all seiner Kraft und seiner Wut stürmte er vor, rammte seinen Kopf gegen Jachaels Brust, umfasste mit beiden Händen seine Unterarme, bevor er den Kopf herumriss und seinen Krähenschnabel tief in das Fleisch unter Jachaels Rippen bohrte.
    Der schrie vor Schmerzen auf, und im gleichen Moment bebte die Erde. Der Boden unter den beiden zitterte so sehr, dass Rouven irritiert von Jachael abließ und sich umschaute.
    »Was war das?«
    Jachael fasste mit einer Hand nach der blutenden Wunde, die Rouven ihm in die Seite geschlagen hatte.
    »Das?«, wiederholte er mit seiner ironischen Stimme. »Ach, das istnur eine Kleinigkeit. Solltest du nicht weiter beachten. Komm, lass uns weitermachen. Du bist ja doch schneller, als ich gedacht hätte.«
    Er stürzte sich blitzschnell auf Rouven, sodass dieser den Angriff nicht mehr abwehren konnte. Jachael packte Rouven am Kopf, schleuderte ihn

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