Sicher stark und mutig
sechs Monaten konzentriert sich das Baby sehr auf seine Hauptbezugsperson. Es wird beispielsweise gerne so getragen, dass es deren Gesicht sieht.
Wenn Ihr Baby ausreichend Sicherheit gewonnen hat, beginnt es mit ca. sechs Monaten, sich auch immer mehr für seine Umgebung und für andere Menschen zu interessieren. Ihr Kind kann dann zunehmend unterscheiden, wer ihm fremd und wer ihm vertraut ist. Aus der Sicherheit und Geborgenheit seiner Beziehung zu seinen Eltern heraus macht Ihr Kind die ersten Schritte in die große, weite Welt, um diese zu erkunden. Anfangs sind es nur einige wenige Zentimeter, später wird es sich immer weiter weg wagen. Doch immer, wenn es bedrohlich wird, wird Ihr Kind wieder bei Ihnen Schutz suchen.
Zum Weiterlesen
Mechthild Deyringer, Astrid Eckert, Kristina Koch (2008). Bindung durch Berührung: Schmetterlingsmassage für Eltern und Babys; Verlag Leutner, Berlin.
Klaus E. Grossmann, Karin Grossmann, Rosi Mimler und Christine Sontag (2011). Bindung und menschliche Entwicklung: John Bowlby, Mary Ainsworth und die Grundlagen der Bindungstheorie; Klett-Cotta, Stuttgart.
Gordon Neufeld, Gabor Mate, Mira Mai (2006). Unsere Kinder brauchen uns! Die entscheidende Bedeutung der Kind-Eltern-Bindung; Genius Verlag, Bremen.
Trotzkopfs Suche nach dem eigenen Ich
Etwa ab dem achzehnten Monat beginnt Ihr Kind mit Wörtern wie »nein« und später mit »ich« oder »selber« zu zeigen, dass es seine ersten Schritte auf dem Weg zur Selbstständigkeit macht. Es entdeckt seinen eigenen Willen und wird zornig, wenn Sie ihm etwas verbieten, was ihm Spaß macht. Es beginnt selbst zu entscheiden, beispielsweise was es essen oder anziehen möchte. Es hat Wutausbrüche, mit denen es Sie wohl oft auf eine harte Geduldsprobe stellt. Ihr Kind befindet sich jetzt in der sogenannten Trotzphase.
In einer Kinderberatungsstelle erzählt ein verzweifelter Vater:
An der Kasse im Supermarkt warf sich meine Tochter
schreiend auf den Boden und brüllte, weil sie nicht die Süßigkeit bekommen hatte, die sie haben wollte. Ich habe so etwas bisher nicht gekannt, bei unserem Großen hat es so etwas nie gegeben. Ich versuchte es natürlich mit »Gut-Zureden« – zwecklos. Sie schrie, dass ich mein eigenes Wort kaum verstand. Ich ließ sie dann liegen, ging weiter und hoffte, dass sie aufgab und mir nachlief. Aber nachdem schon so viele Leute zusahen, zog sie ihre Vorstellung
dann natürlich durch. Ich weiß nicht, wie man hier richtig reagiert. Ich will eigentlich nicht nachgeben, weil sie dann in Zukunft ihren Kopf vielleicht immer so durchsetzt. Können Sie mir hier Tipps geben? Ich bin ratlos und echt verzweifelt!
»Endlich, jetzt wird sie selbstständig!« Das werden Sie sich wahrscheinlich in dieser konkreten Situation nicht denken. Doch genau das ist es: Ihr Kind entdeckt seinen eigenen Willen und will ihn mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln durchsetzen. Zeigen Sie ihm auch dann – und gerade in solchen Momenten –, dass Sie es ganz arg liebhaben!
So anstrengend dies auch zuweilen für Sie als Eltern sein mag – für die Persönlichkeitsentwicklung Ihres Kindes ist es wesentlich, seinen eigenen Willen zu entdecken und diesen auch durchsetzen zu können. Dieser Entwicklungsschritt ist tatsächlich eine mindestens ebenso große Leistung wie Gehen- oder Sprechenlernen – und deshalb eigentlich ebenso viel Lob wert! Dass Ihnen genau das manchmal schwer fallen wird, ist mehr als verständlich. Denn aus einem »braven« Kind, mit dem Sie mehr oder weniger alles machen konnten, ist plötzlich ein widerspenstiger »Nein-Sager«, eine trotzige »Nein-Sagerin« geworden, der bzw. die ständig den eigenen Willen durchsetzen will. Es ist klar, dass das leicht zu Konflikten und Verärgerungen sowie zu ersten Machtproben führt. Vieles, was Ihr Kind alleine machen will, kann es natürlich noch nicht – das bereitet Ihnen zusätzliche Arbeit oder verlangt Ihnen viel Geduld ab. Außerdem kann Ihr Kind mit seinem Willen noch nicht richtig umgehen: Es probiert, ja übt seinen Willen erst. Dabei muss es allerdings erkennen, dass auch andere einen Willen haben.
Wir Erwachsene wissen, dass wir nicht immer alles selbst bestimmen können, dass wir uns auch anpassen müssen, – meistens wechseln sich diese Situationen ab. Ihr Kind allerdings glaubt, versagt zu haben, wenn es ihm nicht gelungenist, seinen Willen durchzusetzen. In diesem Gefühl, besiegt worden zu sein, reagiert es mit Weinen, Brüllen, Schreien, mit
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