Sicherheitsfaktor III
antwortete dann:
»Vor ein oder zwei Jahren hätte ich noch gesagt: Eine ganze Menge. Mittlerweile ist die Sache aber an die Öffentlichkeit gedrungen. Innerhalb der GWA weiß sicherlich jeder von Ihrer … Begabung.«
»Stellen Sie sich also vor: In Ihrer engsten Umgebung gibt es einen feindlichen Agenten. Er kennt Konnat und Utan, und er weiß auch, daß sie die Fähigkeit besitzen, in sein Bewußtsein einzudringen. Was wird er tun, wenn Sie ihn einladen, sich den beiden GWA-Schatten vorstellen zu lassen.«
Mike Torpentouf nickte bedächtig. »Ich verstehe«, antwortete er schließlich. »Er wird sich eine Ausrede ausdenken und dankend ablehnen.«
Genau das war es, worauf wir spekulierten. Wenn es unter Torpentoufs Leuten jemand gab, der als Kontakt zu den unbekannten Entführern fungierte, dann konnten wir ihn nicht dadurch finden, daß wir Tausende von Unschuldigen durch ein Psychoverhör zogen, nur um das eine Bewußtsein zu entdecken, in dem so finstere Gedanken spielten. Der Mann ließ sich nur durch den Prozeß der Eliminierung aufspüren. Wir hatten heute den ersten Schritt getan. Weitere würden in aller Kürze folgen müssen.
Noch in der vergangenen Nacht hatte ich mich über Funk mit General Reling in Verbindung gesetzt. Es gab auf Henderwon Island und anderswo gesonderte Funkstationen, die nur von Stabsoffizieren zur Übermittlung geheimer Meldungen benutzt werden durften. Es gab überdies einen Kode, der nur von Offizieren im Generalsrang aktiviert werden konnte. Eine solche Station und diesen Kode benutzt ich. Man wies mir eine Kabine an, die nach derzeitigen GWA-Standards absolut abhörsicher und uneinsehbar war. Es war gegen drei Uhr morgens, als ich die gewünschte Verbindung bekam. In Washington hatte Relings Arbeitstag – er machte keinen Unterschied zwischen Sonn- und Werktagen – vor einigen Stunden begonnen.
Er war überrascht, mich zu sehen. Das bemerkte ich an einem kurzen Zucken seines Viktorianischen Schnurrbärtchens. Sonst bewegte sich kein Muskel seines Gesichts. Ich schilderte ihm den Fall Torpentouf in knappen Worten. Als ich geendet hatte, sagte er:
»Das ist ernst.«
Weiter nichts.
»Was mich an diesem Fall besonders stört«, fuhr ich fort, »ist, daß man nicht weiß, was der Entführer will.«
»Sie glauben seiner Versicherung, daß es weder um Geld noch um Geheimnisse geht?«
»Ich habe keine andere Wahl. Es sei denn, es handelt sich um einen Geistesgestörten.«
»Sie haben sicherlich recht«, gab er zu. »Ein Mann, dem solche Mittel zu Gebote stehen, braucht niemand zu entführen, um sich zu bereichern. Was will er also?«
»Das ist es, was ich nicht weiß«, antwortete ich grimmig. »Es muß etwas sein, das Torpentouf weiß oder kann, ohne von diesem Wissen oder Können eine Ahnung zu haben.«
»Oder ohne jemals auf den Gedanken gekommen zu sein«, ergänzte Reling, »daß es für irgend jemand von höchster Bedeutung ist.«
Nach kurzem Nachdenken faßte er einen Entschluß.
»Ihre Informationen reichen für die Formulierung einer Voranfrage an PLATO«, erklärte er. »Halten Sie sich zur Verfügung. Das Ergebnis der Anfrage wird Ihnen wahrscheinlich in Kürze zugehen.«
Ich machte ihn noch einmal darauf aufmerksam, daß niemand, nicht einmal Torpentouf selbst, von unserer nächtlichen Unterredung erfahren durfte. Dann unterbrach Reling die Verbindung. Ich war mit dem Ergebnis meines Appells durchaus zufrieden. Der Vorsatz des Alten, sich unmittelbar an PLATO zu wenden, bewies, daß er den Fall ernst nahm. PLATO war das mächtigste aller Rechengehirne, das jemals auf der Erde installiert worden war. Es befand sich in den unterirdischen Räumen des
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