Sicherheitsfaktor III
Washingtoner Hauptquartiers der Geheimen Wissenschaftlichen Abwehr. PLATO standen unzählige Simulationsmodelle zur Verfügung, mit deren Hilfe er den Vorgang der Entführung und die Motive des Entführers nachvollziehen und nachempfinden konnte. Ein Frage- und Antwortspiel zwischen Mensch und Maschine bahnte sich an. PLATO würde einige Modelle als plausibel empfinden, andere verwerfen und mit einer Reihe von Fragen aufwarten, die ihm dabei helfen sollten, schwache Stellen in den plausiblen Modellen abzudecken. Anhand der Antworten verwarf er wiederum einen Teil der bisher für plausibel gehaltenen Modelle … und so ging es weiter, bis zum Schluß nur eine kleine Gruppe von Modellen – oder auch nur ein einziges Modell – übrigblieb, das zu keiner der vorhandenen Informationen einen Widerspruch aufwies. Dieses Modell – oder diese Gruppe von Modellen – würde sodann unsere weitere Vorgehensweise bestimmen.
Das war in der vergangenen Nacht gewesen. Seitdem hatte ich von Reling nichts mehr gehört. Die Frage- und Antwortsitzung mit PLATO schien sich schon während ihrer ersten Phase in die Länge zu ziehen. Am Nachmittag machten wir einen weiteren Besuch in der Henderwon Island Security Administration. Diesmal gaben wir uns den Anschein, als habe uns ein dienstliches Anliegen hierhergeführt. Zu viele Vorstellungsvisiten wären aufgefallen. Mike Torpentouf nahm uns zunächst in seine Obhut und reichte uns sodann an Oberst McNaird weiter, der uns »bei der Durchführung unserer Aufgabe« behilflich sein sollte. Das war eine ziemlich kitzlige Angelegenheit, denn eine Aufgabe im eigentlichen Sinn hatten wir nicht, was McNaird aber nicht wissen durfte, da Torpentouf das Verschwinden seiner Töchter noch immer absolut geheimhalten wollte. Ebensowenig wie McNaird durfte irgendein anderes Mitglied der Security Administration von unseren wahren Absichten erfahren; denn der Verbindungsmann, den wir irgendwo in diesen Räumen vermuteten, hätte nicht gezögert, sich mit seinem Auftraggeber in Verbindung zu setzen, sobald ihm nur der leiseste Verdacht kam, daß wir nach der Spur des Entführers suchten.
Also gaben wir vor, mit der Suche nach gewissen Dokumenten beauftragt zu sein. Es handelte sich, so setzte Hannibal es McNaird mit großem Eifer auseinander, um Unterlagen über einen weit in der Vergangenheit liegenden Vorfall, einen Zusammenstoß zwischen der GWA und einem fremden Geheimdienst, der im Zusammenhang mit jüngsten Ereignissen plötzlich wieder Bedeutung erlangt habe. McNaird war mit den Gepflogenheiten der GWA zu gut vertraut, um nach weiteren Einzelheiten zu fragen. Gleichzeitig aber würde sich aus dem hohen Alter der Unterlagen erklären lassen, warum sie nicht mehr gefunden werden konnten. Und das war wichtig, denn die Dokumente, die wir McNaird bezeichnet hatten, gab es überhaupt nicht.
Wir hielten uns bis zum Einbruch der Dunkelheit in den verschiedenen Archiven der Security Administration auf und kamen mit einer Menge Leute zusammen. Immer wieder suchte ich nach Anzeichen dafür, daß sich jemand vor uns zu drücken versuchte. Aber alle, mit denen wir zusammentrafen, freuten sich über die Begegnung und benützten die Gelegenheit, uns die Hände zu schütteln und ein paar Fragen zu stellen.
Schließlich kehrten wir ins Hotel zurück, ohne Mike Torpentouf noch einmal zu Gesicht bekommen zu haben. Man wußte, daß wir seine Freunde waren. Aber es wäre falsch gewesen, die Freundschaft als eine allzu innige darzustellen. Denn innigen Freunden vertraut man seinen Kummer an, auch wenn Gefahr
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