Sicherheitsfaktor III
damit verbunden ist. Wir mußten also nach außen hin ein wenig Distanz wahren. Im Hotel nahmen wir zunächst einen gepflegten Imbiß ein. Die Mühe, uns einen ganzen Nachmittag lang zu verstellen, hatte uns hungrig gemacht. Beim Essen sprachen wir über belanglose Dinge. Unsere Zimmer hielten wir für völlig abhörsicher, da dieser Trakt des Hotels zur Unterbringung von GWA-Mitgliedern gedacht war, die man im Verdacht hatte, latente Esper zu sein. Die GWA war ständig auf der Suche nach solchen Personen und wenn sie einen verkappten Psioniker nach Henderwon Island schickte um dort seine latenten ESP-Fahigkeiten womöglich aktivieren zu lassen, dann legte sie darauf Wert, daß dies in absoluter Abgeschlossenheit geschah, daß niemand wußte, wo sich der Kandidat aufhielt und daß vor allen Dingen niemand seine Gespräche mit dem Fachpersonal der Recreation and Training Administration abhören konnte. Hier unten im Speisesaal jedoch lagen die Dinge anders. Äußerste Vorsicht war geboten. Auch zu diesem Saal hatten nur Mitglieder der GWA Zutritt, aber da wir einen Verräter in Torpentoufs engster Umgebung vermuteten, trug dieser Gedanke nicht gerade dazu bei, uns in Sicherheit zu wiegen.
Oben im Zimmer streckte ich mich zunächst einmal auf dem feudalen Wasserbett aus und ließ die Ereignisse des Tages in Gedanken noch einmal an mir vorbeiziehen. Ich ließ die Gesichter derer, denen wir heute begegnet waren, vor meinem inneren Auge lebendig werden und forschte in ihren Zügen nach dem Hinweis, der sie als Verräter markierte. Das erwies sich bald als ein fruchtloses Unterfangen. Mehr denn je war ich in diesem Augenblick davon überzeugt, daß wir den Kontaktmann des unbekannten Entführers heute nicht zu Gesicht bekommen hatten. Das konnte mich nicht enttäuschen, denn von der Überlegung, daß der Verbindungsmann uns unter allen Umständen ausweichen wollte, war ich ja ausgegangen.
Ich begann mich ein wenig dösig zu fühlen. Alles in allem war es ein recht anstrengender Tag gewesen, und viel Schlaf hatte ich in der vergangenen Nacht auch nicht gefunden. Ich war dabei, die Augen zu schließen, da spürte ich in der Gegend der rechten Hüfte plötzlich ein Gefühl beißender Kälte. Ich drehte mich auf die Seite, tastete die Synthetic-Decke ab, auf der ich ruhte, und entdeckte eine kleine Unebenheit, die sich kalt anfühlte. Ich fuhr mit der Hand unter die Decke und bekam ein kleines Kästchen zu fassen. Es war so bitter kalt, daß die Haut der Finger an dem winzigen Behältnis förmlich festklebte. Ich zog es hervor und starrte fassungslos auf eine Mini-Kassette, ein Tonband also, das in meiner Abwesenheit jemand unter die Decke geschoben haben mußte. Auf der Oberseite der Kassette war eine kleine Erhebung angebracht. Es bedurfte keines besonderen Scharfsinns, zu erraten, was diese Unebenheit bedeutete. Sie enthielt eine winzige nukleare Batterie, einen mikroskopischen Kältegenerator und einen Auslöse-Mechanismus, der entweder auf das Gewicht oder die Wärme meines Körpers ansprach. Auch über den Absender der Kassette konnte es keinen Zweifel geben. Der Alte hatte endlich reagiert. Auf die ihm eigene skurrile Art hatte er dafür gesorgt, daß ich den Empfang der Mitteilung nicht verweigern konnte. So, wie ich den Alten kannte, würde ich nie in meinem Leben erfahren, wer der Kurier gewesen war, der es fertiggebracht hatte, sich in meine Zimmersuite zu schleichen und die Kassette dort weisungsgemäß zu deponieren.
Im Nebenzimmer gab es ein komplettes, hochmodernes VAT-System (Video-Audio-Tape). Ich ließ der Kassette Zeit, sich wieder zu erwärmen, dann
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