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Sicherheitsfaktor III

Sicherheitsfaktor III

Titel: Sicherheitsfaktor III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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be­kom­men und an der Vor­der­sei­te nicht er­ken­nen kön­nen, von wem er ist.
    Da er­starrt er mit­ten in der Be­we­gung, und sein ro­sa­far­be­nes Ge­sicht wird asch­fahl. Die Rück­sei­te des Um­schlags trägt den Ein­druck ei­nes Stem­pels. Der Ein­druck wirkt wie ein Sie­gel. Die ebe­nen Flä­chen sind sil­bern ver­färbt, die ein­ge­präg­ten Li­ni­en schil­lern in al­len Re­gen­bo­gen­far­ben. Mi­ke Tor­pentouf kennt die­ses Sie­gel. Er selbst ist der ein­zi­ge, der es be­nut­zen darf, oh­ne sich vor­her Er­laub­nis ein­ho­len zu müs­sen. Das Sie­gel wird auf die Un­ter­la­gen ge­setzt, de­ren Ge­heim­hal­tungs­stu­fe um einen oder meh­re­re Gra­de ver­rin­gert wird. Der­je­ni­ge, der die­ses Sie­gel be­sitzt, kann im Handum­dre­hen selbst die ge­heims­ten Do­ku­men­te der Wis­sen­schaft­li­chen Ab­wehr zu un­klas­si­fi­zier­ten Wi­schen ma­chen. Des­we­gen wird es so sorg­sam auf­be­wahrt: In ei­nem Tre­sor, zu dem ab­so­lut nur der Chef der Hen­der­won Is­land Se­cu­ri­ty Ad­mi­nis­tra­ti­on Zu­tritt hat.
    Aber Mi­ke Tor­pentouf ist ein Kämp­fer. Der An­blick des Sie ge­l­ab­drucks hat ihn ein oder zwei Se­kun­den lang er­schüt­tert. Jetzt hat er sich wie­der in der Ge­walt. Er lä­chelt Ja­ni­ne an.
    »Ein üb­ler Scherz«, sagt er, »wei­ter nichts.« Er klopft mit dem Knö­chel auf den Ab­druck des Sie­gels. »Ein ziem­lich kri­ti­scher Stem­pel, das. Wer ihn an sich ge­nom­men hat, oh­ne da­zu be­rech­tigt zu sein, der wird für die nächs­ten fünf Jah­re sei­nes Le­bens nicht mehr froh … selbst wenn er meint, daß er sich nur einen Spaß ma­chen woll­te.«
    Er sieht Ja­ni­ne auf­at­men. Das tut ihm gut.
    »Willst du den Brief nicht öff­nen?« fragt sie.
    »Nicht hier«, gibt er ihr zur Ant­wort. »Das muß von Fach­leu­ten ge­macht wer­den. Auf dem Um­schlag gibt es wahr­schein­lich Spu­ren, die der merk­wür­di­ge Spaß­vo­gel hin­ter­las­sen hat.«
    Sie wi­der­spricht nicht. Er geht durch die Woh­nung zu­rück zur Ga­ra­ge. Ja­ni­ne steht wie­der un­ter der Tür und winkt ihm zu. Er winkt zu­rück. Schwe­ren Her­zens fragt er sich, ob sie noch so ge­las­sen sein wird, wenn er sie heu­te abend wie­der­sieht.
     
    »Ich möch­te, daß Sie sich das Ding ge­nau an­se­hen«, sagt Ge­ne­ral Tor­pentouf mit un­ge­wöhn­lich har­ter Stim­me. »Es ist in höchs­tem Ma­ße ver­däch­tig.«
    Miß­trau­isch mus­tert Jef­fer Sie­gel den blaß­grau­en Um­schlag. Sie­gel ist Chef der In­ves­ti­ga­ti­on and Iden­ti­fi­ca­ti­on Di­vi­si­on, ein Ex­per­te auf sei­nem Ge­biet, ob­wohl er mit sei­ner sa­lop­pen Klei­dung, sei­nem fal­ti­gen Ge­sicht, das noch nie ei­ne Spur von ei­nem Teint ge­zeigt hat, und sei­ner mür­ri­schen Mie­ne eher aus­sieht wie ein New Yor­ker Ge­braucht­wa­ren­händ­ler. Er zieht ein klei­nes Mes­ser aus der Ta­sche, läßt die Klin­ge auf­sprin­gen, schiebt sie un­ter den Brief und wen­det den Um­schlag auf den Rücken. Als er den Sie­ge­l­ab­druck er­kennt, pfeift er zwi­schen den Zäh­nen hin­durch.
    »So­fort, Chef!« sagt er.
    Er packt den Brief zwi­schen zwei Fin­gern, de­ren Kup­pen durch dün­ne Pa­pier­fo­lie ge­schützt sind, und ver­läßt den Raum. Mi­ke Tor­pentouf wen­det sich zum zwei­ten Mal an die­sem Tag der klei­nen Kam­mer zu, die in Wirk­lich­keit ei­ne Auf­zug­ka­bi­ne ist. Dies­mal braucht er kei­nen Ran­dom-num­ber-ge­ne­ra­tor, der ihm sagt, wann es zum nächs­ten Mal an der Zeit ist, die Un­ter­welt auf­zu­su­chen. Dies­mal hat Mi­ke Tor­pentouf selbst ein ernst­haf­tes An­lie­gen.
    Die Ka­bi­ne er­reicht schnel­ler ihr Ziel als bei der letz­ten Ab­fahrt. Der Gang, den der Ge­ne­ral be­tritt, ist kür­zer als der, an des­sen En­de die Kon­troll­zen­tra­le liegt. Den­noch muß er die­sel­be Prüf­pro­ze­dur über sich er­ge­hen las­sen. Wei­ter hin­ten gibt es me­tal­le­ne Tü­ren zu bei­den Sei­ten des Gan­ges. Tor­pentouf öff­net ei­ne da­von und tritt in ein Bü­ro, das sei­nem ober­ir­di­schen Ar­beits­raum gleicht wie ein Ei dem an­dern. Hier wie dort gibt es ein Fens­ter, das in Wirk­lich­keit kein Fens­ter ist, son­dern ein Bild­schirm, dem von ir­gend­ei­nem Auf­nah­me­ge­rät

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