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Titel: Sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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auf und kroch bitterlich schluchzend, gezeichnet mit diesem schrecklichen Mal, hinaus.
    »Blicke nicht so entsetzt drein, mein Holly«, sagte Ayesha, als sie fort war. »Ich sagte dir doch, ich befasse mich nicht mit Magie – dergleichen gibt es gar nicht. Es handelt sich nur um eine Kraft, die du nicht verstehst. Ich zeichnete sie, um sie zu schrecken; sonst hätte ich sie töten müssen. Und nun will ich meine Diener anweisen, meinen Herrn Kallikrates in eine Kammer neben der meinen zu bringen, damit ich über ihn wachen und ihn begrüßen kann, wenn er erwacht; und auch du, mein Holly, sollst dorthin kommen mit dem weißen Mann, deinem Diener. Hüte dich aber, eines zu vergessen. Du darfst Kallikrates nicht sagen, wie dieses Weib von hier fortging, und auch von mir sollst du so wenig wie möglich sprechen. Ich habe dich gewarnt!« – und sie eilte hinaus, ihre Befehle zu erteilen, und ließ mich tiefer bestürzt denn je zurück. Ich war in der Tat so verwirrt und von meinen Gefühlen derart hin und her gerissen, daß ich fast fürchtete, den Verstand zu verlieren. Zum Glück blieb mir jedoch wenig Zeit zum Nachdenken, denn gleich darauf erschienen die Stummen, um den schlafenden Leo und unsere Habseligkeiten zu dem anderen Gang jenseits der Haupthöhle zu tragen, wo unmittelbar hinter dem Raum, den ich Ayeshas Boudoir nennen möchte, unsere neuen Wohnräume lagen. Wo sich Ayeshas Schlafgemach befand, wußte ich damals noch nicht, doch mußte es ganz in der Nähe sein.
    Ich verbrachte jene Nacht in Leos Zimmer, doch er schlief tief wie ein Toter und rührte sich kein einziges Mal. Auch ich schlief recht gut, was mir wirklich sehr not tat, doch mein Schlaf war voller Träume von den Schrecken und Wundern, die ich erlebt hatte. Vor allem verfolgte mich das Teufelsstück, mit dem Ayesha die Spuren ihrer Finger auf dem Haar ihrer Rivalin hinterlassen hatte. An ihrer raschen, schlangenhaften Bewegung und dem sofortigen Erbleichen des Haares an drei Stellen war etwas so Schreckliches, daß ich wohl kaum tiefer beeindruckt gewesen wäre, wenn das Ganze für Ustane noch schlimmere Folgen gehabt hätte. Bis zum heutigen Tage träume ich oft von dieser grauenvollen Szene und sehe vor mir, wie das weinende, gleich Kain gezeichnete Weib, einen letzten Blick auf ihren Geliebten werfend, vor ihrer furchtbaren Königin davonkriecht.
    Ein anderer Traum, der mich in jener Nacht quälte, hatte seinen Ursprung in der riesigen Knochenpyramide. Ich träumte, daß all die Skelette sich erhoben und an mir vorbeimarschierten – zu Tausenden und aber Tausenden, in Schwadronen, Kompanien und Armeen –, wobei durch ihre hohlen Rippen das Sonnenlicht schien. Vorwärts stürmten sie über die Ebene dem kaiserlichen Kôr entgegen; ich sah die Zugbrücken vor ihnen niedergehen und hörte ihre Knochen klappernd durch die ehernen Tore ziehen. Und weiter marschierten sie durch die prächtigen Straßen, vorbei an Brunnen und Palästen und Tempeln, wie sie keines Menschen Auge je sah. Doch kein Mann trat ihnen auf dem Marktplatz entgegen, sie zu begrüßen, kein Frauenantlitz zeigte sich hinter den Fenstern – nur eine körperlose Stimme eilte ihnen voraus und rief: »Gefallen ist das kaiserliche Kôr! – gefallen! – gefallen! – gefallen!« Und mitten durch die Stadt marschierten diese bleich schimmernden Phalangen, und das Rasseln ihrer Knochen erfüllte die tiefe Stille. Sie durchquerten die Stadt und erklommen die Mauer und zogen oben auf der Mauer weiter, bis sie erneut die Zugbrücke erreichten. Dann kehrten sie, die Sonne ging schon unter, zurück zu ihrer Gruft, und ihre leeren Augenhöhlen glühten in dem Licht, in welchem ihre Knochen riesige Schatten warfen, die wie gigantische Spinnenbeine über die Ebene krochen. Dann kamen sie zur Höhle und stürzten sich in endlosen Reihen einer nach dem anderen durch das Loch in die Beinschlucht, und ich erwachte schaudernd und sah ›Sie‹, die anscheinend zwischen meinem und Leos Lager gestanden hatte, wie einen Schatten aus dem Zimmer gleiten.
    Bald darauf fiel ich in einen gesunden Schlaf, aus dem ich am Morgen erfrischt erwachte. Ich stand sogleich auf. Endlich nahte die Stunde, in der Leo laut Ayeshas Ankündigung erwachen sollte, und mit ihr erschien auch ›Sie‹, wie gewöhnlich verschleiert.
    »Du wirst sehen, o Holly«, sagte sie, »gleich wird er mit klarem Kopf und ohne Fieber erwachen.«
    Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, da drehte Leo sich um, streckte seine Arme,

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