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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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konstruieren versuchte und nie ganz damit zu Rande kam. Einmal hatte er ein Getriebegehäuse voller Zahnräder entworfen, von denen eines ein großes Zahnrad mit einem Durchmesser von acht Inches war, das sechs Speichen hatte. Sagt der Kerl ganz aufgeregt: »Na, Boß, wie isses? Wie isses?«
    »Ganz gut!« antwortet der Boß. »Jetzt brauchen Sie bloß noch einen Wellenhebel für jede Speiche vorzusehen, damit sich das Zahnrad auch drehen kann!« Hatte der Kerl doch eine Welle entworfen, die genau zwischen den Speichen durchging!
    Der Boß erzählte uns dann, daß es tatsächlich etwas wie einen Wellenhebel gab (ich hatte gedacht, das sei bloß ein Scherz gewesen). Er wurde während des Krieges von den Deutschen erfunden, um die britischen Minensuchboote daran zu hindern, die Kabel zu erfassen, die die deutschen Minen in einer bestimmten Tiefe unter Wasser hielten. Mit diesen Wellenhebeln brachten die Deutschen es fertig, die britischen Minensuchgeräte zwischen den Kabeln durchzuführen wie durch eine Drehtür. Es war also wirklich möglich, an allen Speichen Wellenhebel anzubringen, aber der Boß meinte nicht, daß die Maschinenbauer sich diese Mühe machen sollten; statt dessen sollte der Ingenieur einfach einen neuen Entwurf machen und die Welle irgendwo anders unterbringen.
    Hin und wieder schickte die Armee einen Leutnant vorbei, der überprüfen sollte, wie es voranging. Unser Boß machte uns klar, da wir eine Zivilabteilung seien, habe der Leutnant einen höheren Rang als jeder von uns. »Am besten erzählt ihr dem Leutnant überhaupt nichts«, meinte er. »Wenn der nämlich erst einmal glaubt, er versteht, was wir hier treiben, gibt er uns alle möglichen Befehle und vermasselt alles.«
    Zu dem Zeitpunkt war ich gerade dabei, etwas zu konstruieren, aber als der Leutnant vorbeikam, tat ich so, als wüßte ich nicht, woran ich arbeitete, und als führte ich bloß Befehle aus.
    »Na, Mr. Feynman, was machen Sie denn da?«
    »Nun, ich zeichne eine Reihe von Linien in verschiedenen Winkeln, und dann soll ich vom Zentrum aus nach dieser Tabelle verschiedene Abstände ausmessen und danach einen Plan ...«
    »Ja, aber was ist denn das?«
    »Ich glaube, es ist ein Nocken.« In Wirklichkeit hatte ich das Ding konstruiert, aber ich tat so, als hatte mir gerade jemand genaue Anweisungen gegeben, was ich zu tun hätte.
    Der Leutnant bekam aus niemandem irgendeine Information heraus, und wir machten zufrieden weiter und arbeiteten an diesem mechanischen Computer, ohne daß sich jemand einmischte.
    Eines Tages kam der Leutnant wieder vorbei und stellte uns die einfache Frage: »Nehmen Sie an, der Beobachter befindet sich an einem anderen Ort als der Schütze - wie packen Sie das an?«
    Wir kriegten einen furchtbaren Schreck. Wir hatten die ganze Angelegenheit unter Verwendung von Polarkoordinaten, Winkeln und der Radiusentfernung konstruiert. Bei x- und y-Koordinaten ist es einfach, die entsprechenden Korrekturen für einen verschobenen Beobachter vorzunehmen. Es ist schlicht eine Sache von Addition oder Subtraktion. Aber bei Polarkoordinaten ist das ein furchtbarer Schlamassel!
    So stellte sich heraus, daß dieser Leutnant, den wir davon abzuhalten versuchten, uns irgend etwas zu sagen, uns schließlich auf etwas sehr Wichtiges hinwies, was wir bei der Konstruktion dieser Vorrichtung vergessen hatten: die Möglichkeit, daß sich Kanone und Beobachtungsstation nicht am gleichen Ort befinden! Es war eine ziemliche Fummelei, das in Ordnung zu bringen.
    Gegen Ende des Sommers bekam ich meine erste wirkliche Konstruktionsaufgabe: eine Maschine, die aus einer Menge von Punkten eine kontinuierliche Kurve erstellen sollte - wobei alle fünfzehn Sekunden ein Punkt hereinkam - von einer neuen Erfindung, die in England zum Aufspüren von Flugzeugen entwickelt worden war und die »Radar« hieß. Es war das erste Mal, daß ich eine mechanische Konstruktion ausführen sollte, darum war ich ein bißchen erschrocken.
    Ich ging zu einem der anderen Burschen hinüber und sagte: »Sie sind doch Maschinenbauingenieur. Ich habe keine Ahnung vom Maschinenbau, und jetzt habe ich gerade den Auftrag...«
    »Da ist gar nichts dabei«, sagte er. »Passen Sie auf, ich zeig's Ihnen. Es gibt zwei Regeln, die Sie kennen müssen, um solche Maschinen zu konstruieren. Erstens, die Reibung in jedem Lager beträgt soundsoviel und bei jeder Zahnradverbindung soundsoviel. Damit können Sie berechnen, wieviel Kraft Sie benötigen, um das Ding anzutreiben.

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