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Sie kam, sah und liebte

Sie kam, sah und liebte

Titel: Sie kam, sah und liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gibson Rachel
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oder an uns?
Es gibt eine Redensart, die lautet etwa folgendermaßen : »Wenn man zwei Neurotiker in einen Raum mit hundert Leuten sperrt, finden sie einander mit Sicherheit.« Steckte vielleicht doch mehr dahinter? Etwas tiefer Gehendes als der Mangel an ungebundenen Männern ohne Beziehungsprobleme?
Hatten wir vier »einander gefunden«? Waren wir Freundinnen, weil wir uns in unserer Gesellschaft wohl fühlten? Oder waren wir alle Neurotikerinnen?
     
    Fünf Stunden und fünfzehn Minuten nachdem sie die Arbeit an dem Artikel begonnen hatte, schickte sie ihn endlich als Mail ab. Sie steckte das Notizbuch in ihre große Tasche und stürzte zur Tür. Sie rannte den Flur entlang zum Lift und sah sich praktisch gezwungen, ein älteres Ehepaar aus einem Taxi zu zerren. Als sie die America West Arena erreicht hatte, wurden die Phoenix Coyotes gerade vorgestellt. Die Menge tobte und jubelte ihrer Mannschaft zu.
    Jane hatte einen Ausweis für die Presseloge, aber sie wollte so nah wie möglich am Geschehen sein. Sie hatte einen Platz drei Reihen hinter der Bande ergattert und wollte so viel wie möglich von ihrem ersten Hockeyspiel sehen und spüren. Sie wusste im Grunde überhaupt nicht, was sie zu erwarten hatte, sie hoffte nur von ganzem Herzen, dass die Chinooks nicht verloren und ihr die Schuld daran gaben.
    Sie hatte gerade ihren Platz hinter dem Goalie-Käfig eingenommen, als die Chinooks aufs Eis kamen. Die Arena war erfüllt von Buhrufen, und Jane schaute sich unter den ungezogenen Coyote-Fans um. Einmal hatte sie ein Spiel der Mariners gesehen, aber sie erinnerte sich nicht, jemals so unhöfliche Fans erlebt zu haben.
    Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder aufs Eis und sah Luc Martineau, der auf seinen Skates auf sie zukam, in voller Montur und bereit zum Kampf. Über Luc hatte sie sich gründlicher informiert als über jeden anderen Spieler, und sie wusste daher, dass alles, was er trug, maßgeschneidert war. Die Lichter in der Arena spiegelten sich in seinem grünen Helm. Über die Schultern seines Trikots, über der Nummer des legendären Gump Worsley, war in Dunkelgrün sein Name aufgenäht. Warum Mr. Worsley legendär war, hatte Jane noch nicht in Erfahrung gebracht.
    Luc umkreiste dreimal das Tor, drehte sich um und umkreiste es in der entgegengesetzten Richtung. In der Mitte blieb er stehen, schlug mit dem Schläger gegen die Pfosten und bekreuzigte sich. Jane zückte ihr Notizbuch, einen Kuli und ihre Haftnotizen. Auf das oberste Blättchen schrieb sie: Aberglaube und Rituale?
    Der Puck wurde eingeworfen, und plötzlich drangen die Spielgeräusche auf sie ein, das Krachen der Schläger, das Kratzen der Kufen auf dem Eis, das Aufprallen des Pucks an der Bande. Die Fans kreischten und jubelten, und es dauerte nicht lange, bis ein Duft von Pizza und Budweiser in der Luft hing.
    Zur Vorbereitung hatte Jane sich zahlreiche Spiele auf Video angesehen. Zwar wusste sie, dass so ein Hockeyspiel ziemlich rasant war, aber die Videos waren nicht in der Lage, die frenetische Energie zu übermitteln oder die Art, wie sich diese Energie auf das Publikum übertrug. In den Spielpausen wurden über Lautsprecher Verletzungen bekannt gegeben, und dann dröhnte Musik, bis der Puck wieder eingeworfen wurde und die Mittelstürmer in Aktion traten.
    Während Jane Notizen über alles machte, was um sie herum vorging, fiel ihr auf, was die Videos und das Fernsehen nicht zeigten. Die Action war nicht unbedingt immer dort, wo um den Puck gekämpft wurde. Zahlreiche Aktivitäten fanden in den Ecken statt, in Form von Hieben und Anrempeln, während der Puck mitten auf dem Spielfeld schlitterte. Mehrmals sah Jane, wie Luc nach den Knöcheln eines Phoenix-Spielers schlug, der dumm genug war, sich in Reichweite seines Schlägers aufzuhalten. Seine große Begabung bestand offenbar darin, seinen Schläger in die Skates von Coyote-Spielern zu haken. Als er den Arm ausstreckte und den Coyote-Spieler Claude Lemieux auflaufen ließ, sprangen hinter Jane zwei Männer von ihren Sitzen auf und schrien: »Du spielst wie ein Mädchen, Martineau!«
    Pfeifen gellten, das Spiel wurde unterbrochen, und während Claude Lemieux sich vom Eis hochrappelte, wurde das Strafmaß verkündet: »Martineau, Foul, zwei Minuten.«
    Weil ein Torhüter keine Zeit auf der Strafbank absitzen durfte, sprang Bruce Fish für ihn ein. Während Fish zur Strafbank skatete, griff Luc sich seine Wasserflasche vom Tornetz, spritzte sich durch das Gitterwerk seiner Maske einen

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