Sie kam, sah und liebte
Beachtung, doch sein Englisch war so schlecht, dass sie kaum mehr als zwei Worte verstand. Sie näherte sich dem Hammer, doch der schnallte gerade seinen Tiefschutz ab, und sie ging weiter. Während sie sich immer wieder sagte, dass sie ein Profi war und lediglich ihre Arbeit tat, brachte sie es doch nicht fertig, auf einen nackten Mann zuzugehen. Nicht an ihrem ersten Abend.
Es dauerte auch nicht lange, bis ihr aufging, dass einige Reporter sie ebenfalls nicht mochten und die Spieler nicht beabsichtigten, ihr noch irgendeine Frage zu beantworten. Das Verhalten der männlichen Kollegen überraschte sie nicht sonderlich. Die Sportreporter von der Times hatten sie auch nicht besser behandelt.
Schön, mit dem Material, das sie bereits gesammelt hatte, konnte sie ihren Artikel schreiben, dachte sie, während sie dem Torhüter des Teams zustrebte. Luc saß auf einer Bank in der Ecke des Umkleideraums, eine große Sporttasche auf dem Boden zu seinen Füßen. Er war entkleidet bis auf die Thermounterhose und die Socken. Von der Taille aufwärts war er nackt, und er hatte sich ein Handtuch über den Nacken gelegt. Die Enden hingen bis auf die Brust herab, und während er sie näher kommen sah, spritzte er sich aus einer Plastikflasche Wasser in den Mund. Ein paar Tropfen rannen von seiner Unterlippe übers Kinn und fielen auf sein Brustbein. Eine feuchte Spur hinterlassend, floss das Rinnsal über seine wohl definierte Brustmuskulatur und den harten Leib, um sich dann in seinem Nabel zu sammeln. Seinen Bauch zierte eine Tätowierung in Form eines schwarzen Hufeisens. Die Schattierungen von Rillen und Nägeln verliehen seiner Haut Tiefe und Gestalt, und die geschwungenen Enden rahmten seinen Bauchnabel. Der untere Teil der Tätowierung verschwand unter seiner Unterhose, und Jane bezweifelte, dass er ein Hufeisen als Glücksbringer über seinen Familienjuwelen nötig hatte.
»Ich gebe keine Interviews«, sagte er, bevor sie ihm eine Frage stellen konnte. »Ich dachte, das wüsstest du inzwischen, nachdem du so gründlich über mich recherchiert hast.«
Sie wusste es, doch sie war nicht eben in freundlicher Stimmung. Der Männerclub hatte sie ausgestoßen, und sie hatte nicht übel Lust, ihrerseits ein bisschen herumzustoßen. Sie schaltete den Rekorder ein. »Wie fühlst du dich nach dem heutigen Spiel?«
Sie erwartete keine Antwort und erhielt auch keine.
»Es sah aus, als hätte dein Schläger diesen Puck abgewehrt, und dann traf er doch noch ins Tor.«
Die Narbe an seinem Kinn wirkte besonders weiß, aber sein Gesicht blieb ausdruckslos. Das spornte Jane nur weiter an.
»Ist es nicht ziemlich schwer, sich zu konzentrieren, wenn man von den Fans beschimpft wird?«
Mit dem Handtuchzipfel wischte er sich das Gesicht ab. Doch er antwortete nicht.
»Wenn es um mich ginge, würde es mir sehr schwer fallen, solche Beleidigungen einfach zu ignorieren.«
Mit seinen blauen Augen sah er sie unentwegt an, aber er zog einen Mundwinkel herab, als fände er sie reichlich lästig.
»Bis heute Abend hatte ich ja keine Ahnung, dass Hockeyfans so primitiv sind. Die Männer, die hinter mir saßen, waren betrunken und abstoßend. Ich kann mir nicht vorstellen, mitten in solch einer Zuschauermenge aufzustehen und ›Leck mich‹ zu schreien.«
Er zog sich das Handtuch vom Nacken und sagte schließlich doch: »Ass, wenn du aufgestanden wärst und ›Leck mich‹ geschrien hättest, dann würdest du jetzt wohl kaum hier stehen und mir auf den Zeiger gehen.«
»Wieso das?«
»Weil ich mir vorstellen könnte, dass der eine oder andere dich beim Wort genommen hätte.«
Sie brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, wie er das meinte, und dann brach ein schockiertes Lachen aus ihr heraus. »Es ist wohl einfach nicht dasselbe, wie?«
»Nicht ganz.«
Er stand auf und schob die Daumen unter den elastischen Bund seiner Unterhose. »Geh jetzt und belästige jemand anderen. « Als sie sich nicht rührte, fügte er hinzu: »Es sei denn, du willst dich noch einmal in Verlegenheit bringen.«
»Ich bringe mich nicht in Verlegenheit.«
»Du wirst aber immer wieder rot wie ein Feuermelder.«
»Es ist ja auch ziemlich heiß hier drinnen«, schwindelte sie. War er der Einzige, der es bemerkt hatte? Wohl kaum. »Scheußlich heiß.«
»Und es wird gleich noch heißer.« Sein kanadischer Akzent war nicht zu überhören. »Wenn du hier bleibst, kriegst du gleich was wirklich Gutes zu sehen.«
Sie machte auf dem Absatz kehrt und suchte eiligst
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