Sie kam, sah und liebte
das Weite. Nicht etwa, weil er es verlangt hatte oder gedroht, sie bekäme gleich was richtig Gutes zu sehen, sondern weil ein Termin dräute. Ja, ich muss noch einen Termin einhalten, sagte sie sich, als sie den Umkleideraum verließ, sorgsam darauf achtend, dass ihr Blick nicht noch einmal auf irgendwelche nackten Körperteile fiel.
Als sie schließlich im Hotel ankam, war es zehn Uhr abends. Sie musste einen Artikel schreiben und einen Termin einhalten, und das alles wollte erledigt sein, bevor sie zu Bett ging. Sie stöpselte ihren Laptop ein und begann ihren ersten Sportartikel. Ihr war klar, dass die Times -Reporter ihn zerpflücken und nach Fehlern suchen würden, und sie war wild entschlossen, sie nichts finden zu lassen. Sie war entschlossen, besser zu schreiben als ein Mann.
Chinooks spielen unentschieden gegen die Coyotes; Lynch erzielt das einzige Tor, schrieb sie, kam jedoch schnell zu der Einsicht, dass das Schreiben von Sportberichten nicht einfach war. Es war schlicht langweilig. Nach mehreren Stunden Kampf um treffende Begriffe und zahlreichen Belästigungsanrufen legte sie den Hörer neben den Apparat, löschte alles bisher Geschriebene und begann von vorn.
Von dem Moment an, da der Puck in der America West Arena eingeworfen wurde, nahmen die Chinooks und die Coyotes das Publikum auf einer wilden Karussellfahrt von harten Schlägen und nervenaufreibender Spannung mit. Beide Teams hielten bis zum Schluss, als Goalie Luc Martineau den Coyotes einen Treffer von der blauen Linie versagte, das rasante Tempo durch. Als der Abpfiff ertönte, stand das Spiel unentschieden bei eins zu …
Abgesehen von den zahlreichen Toren, die Luc gehalten hatte, schrieb sie über Lynchs Tor und die harten Angriffe auf den Hammer. Erst nachdem sie ihren Artikel in den früheren Morgenstunden abgeschickt hatte, wurde ihr bewusst, dass Luc sie im Umkleideraum beobachtet hatte. Nicht alle hatten sie ignoriert, als sie wie ein Pingpongball zwischen den Männern hin und her sprang. Wieder einmal wurde ihr auf beunruhigende Weise die Brust eng; Alarmglocken schrillten in ihrem Kopf und kündeten Ärger an. Großen, schlimmen Ärger mit himmelblauen Augen und legendär flinken Händen.
Es war ein Glück für sie, dass er sie nicht leiden konnte. Und sie selbst fand auch nichts an ihm, was sie hätte mögen können.
Nun ja, abgesehen von seiner Tätowierung. Die Tätowierung war geil.
Früh am nächsten Morgen rüsteten sich die Chinooks mit ihren Anzügen, Krawatten und Kriegsverletzungen und brachen zum Flughafen auf. Eine halbe Stunde nach dem Start der Maschine lockerte Luc seine Krawatte und zückte ein Kartenspiel. Zwei Mannschaftskameraden und der Torhüter-Trainer, Don Boclair, ließen sich auf ein Pokerspiel ein. Einzig dann, wenn er auf langen Flügen Poker spielte, fühlte Luc sich wirklich als Teil seines Teams.
Während er gab, spähte Luc über den Gang der BAC-111 hinweg zu den dicken Sohlen eines Paars kleiner Stiefel hinüber. Jane hatte die Armlehne zwischen den Sitzen hochgeklappt und schlief tief und fest. Sie lag auf der Seite, und ausnahmsweise war ihr Haar mal nicht streng aus dem Gesicht gekämmt. Weiche braune Locken fielen über ihre Wange und die leicht geöffneten Lippen. Eine Hand lag zur Faust geballt unter ihrem Kinn.
»Meinst du, wir waren gestern Abend zu gemein zu ihr?«
Luc blickte zu Bressler hoch, der sich über die Rückenlehne seines Sitzes zu ihm neigte. »Nein.« Er schüttelte den Kopf und legte das Kartenspiel vor sich auf das Tablett. Er betrachtete seine Karten und setzte auf ein Pärchen Achten, während der Typ neben ihm, Nick »der Bär« Grizzell, bediente. »Sie gehört nicht hierher«, fügte Luc hinzu. »Wenn Duffy uns schon einen Reporter aufdrängen musste, dann hätte er wenigstens jemanden schicken können, der was von Hockey versteht.«
»Hast du gestern Abend gesehen, wie sie immerzu rot geworden ist?«
Alle lachten leise, während die restlichen Spieler ablegten.
»Sie hat Vlads Schwanz angestarrt.« Bressler warf seine Karten aufs Tablett. »Eins.«
»Sie hat den Pfähler gesehen?«
»Mhm.«
»Ihr sind fast die Augen aus dem Kopf gefallen.« Luc gab Don Boclair zwei Karten und nahm selbst drei. »Danach wird sie nie wieder dieselbe sein«, sagte er. Innerhalb des Teams war es ein offenes Geheimnis, dass Vlad einen hässlichen Schwanz hatte. Der einzige Mann, der diese Meinung nicht teilte, war Vlad selbst, aber für alle war es ein ebenso offenes
Weitere Kostenlose Bücher