Sie kam, sah und liebte
bringenden Tätowierung abzulenken.
Am nächsten Morgen, als Jane Caroline abholte und mit ihr nach Bell Town fuhr, hing ein grauer Nebel über der Stadt. Wegen des Interviews mit Luc, das später am Tag stattfinden sollte, hatte Jane ihre übliche Berufskleidung angezogen : graue Wollhose und eine weiße Bluse. Caroline trug eine pinkfarbene Wildlederhose und einen rot und pink gestreiften Body. Sie sah aus, als käme sie etwa fünfunddreißig Jahre zu spät zu den Probeaufnahmen für eine Girl-Group. Für jede andere Frau wäre ihr Outfit ein totaler Mode-Fauxpas gewesen, aber an Caroline sah es irgendwie gut aus.
Sie lasen Marie vor Lucs Apartmenthaus auf und kamen gerade noch pünktlich zu Maries Friseurtermin. Zuerst schnitt Vonda die gesplissten Spitzen ab, dann stufte sie Maries Haar durch bis auf Kinnlänge. Der Schnitt wirkte jung und süß und machte Marie um etwa vier Jahre älter.
Anschließend durchstreiften sie diverse Boutiquen, Gap, Bebe und Hot Topic, wo Marie einen Ledergürtel mit großen silbernen Nieten und ein Care-Bear-T-Shirt erstand. Caroline kaufte sich einen neuen Nabelring und Erdbeerjoghurt-farbenen Nagellack. Jane entschied sich für ein Batgirl-T-Shirt. Sie redeten über Jungs und Musik und darüber, welche Schauspielerin allmählich in die Jahre kam. Wohin sie auch gingen, überall brachte Marie Lucs Visa-Karte zum Einsatz.
In der Kosmetikabteilung bei Nordstrom schminkte die Visagistin Marie so, dass vor allem ihre großen blauen Augen zur Geltung kamen und ihr zarter Teint. Marie ergänzte das Make-up mit tiefrotem Lippenstift, der sie gut kleidete, aber noch ein Jahr älter erscheinen ließ. Unwillkürlich fragte sich Jane, was Luc wohl davon halten würde, wenn seine Schwester älter aussah, als sie war. Sie würde es in Kürze erfahren.
Als es um die Auswahl von Kleidung ging, folgte Marie Carolines Ratschlägen ohne jede Einschränkung. Caroline hatte eine Art, Menschen an Fehlgriffen zu hindern, ohne dass diese merkten, wie sie gesteuert wurden; und der Umstand, dass Caroline groß und schön und gekleidet war wie ein Supermodel, kam hilfreich hinzu.
»Die fallen klein aus«, sagte sie, als Marie eine Calvin-Klein-Stretch-Jeans in Größe drei anprobieren wollte. »Modedesigner entwerfen ihre Klamotten für magersüchtige Mädchen oder kleine Jungen«, erklärte sie. »Und Gott sei Dank siehst du keineswegs aus wie ein kleiner Junge.« Sie reichte Marie eine Jeans in Größe fünf.
Darby Hogue tauchte in der Schuhabteilung auf, als Marie ein Paar Steve-Madden-Clogs mit hohem Keilabsatz anprobierte.
»Ich habe Darby angeboten, ihn beim Hemdenkauf zu beraten«, sagte Caroline, und hätte Jane es nicht besser gewusst, wäre sie sicher gewesen, dass ihre Freundin zart errötet war. Was ausgeschlossen war, denn Intellektuelle mit flammend rotem Haar waren nicht Carolines Typ. Sie mochte ihre Männer groß, dunkel und ohne Taschenschutz.
Caroline zeigte Marie ein Paar schwarze Stiefel mit silbernen Schnallen an den Seiten. »Die würden zu dem Camouflage-Rock und dem Nietengürtel fantastisch aussehen.«
Jane fand die Stiefel hässlich, doch Maries Augen leuchteten auf, und sie sagte: »Boah!« Und Jane vermutete, dass das ein Begeisterungsausruf war. Der Umgang mit einem Teenager gab Jane wieder einmal das Gefühl, alt zu sein. Um dem Gefühl entgegenzuwirken, probierte sie ein Paar Riemchensandalen mit halbhohen Hacken an.
Sie setzte sich neben Darby, um die Sandalen anzuziehen. »Was meinst du?«, fragte sie, zog das Hosenbein ihrer Jeans hoch und betrachtete die Sandalen aus verschiedenen Blickwinkeln.
»Ich finde, sie sind das Passende für eine Vogelscheuche.«
Sie musterte ihn in seinem geliebten Totenkopf-Seidenhemd und seiner Lederhose und hielt ihn für einen inkompetenten Kritiker.
Er neigte sich zu ihr und flüsterte an ihrem Ohr: »Ich brauche dich! Du könntest mal ein gutes Wort bei Caroline für mich einlegen.«
»Kommt nicht infrage. Du hast meine Sandalen geschmäht. «
»Wenn du mir ein Date mit ihr verschaffst, kauf ich dir die Schuhe.«
»Ich soll die Kupplerin für dich spielen?«
»Ist das ein Problem für dich?«
Jane warf einen Blick auf ihre Freundin, die am Ralph-Lauren-Stand herumstöberte. »Hm – ja.«
»Zwei Paar.«
»Vergiss es.« Sie zog die Sandalen aus und legte sie in den Karton. »Aber ich gebe dir ein paar Tipps. Lass diese Totenschädelhemden weg und rede nicht so viel über Mensa.«
»Bist du
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