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Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank S Becker
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sah zum Hafen hinunter. Plötzlich erblickte sie den rothaarigen Priester und fühlte einen Stich im Herzen. Seit drei Tagen hatte sie nichts mehr von ihm gehört. Immer häufiger fragte sie sich, ob ihre unbarmherzige Art nicht falsch und zu verletzend gewesen war. Woher nahm sie das Recht, den Wahn zu zerstören, auf den er sein Leben gegründet hatte? Nur weil sie, nach dem Schiffbruch all ihrer Träume, gerade ihn zum Mann wollte? Oder weil sie glaubte, besser zu wissen, was für ihn gut war? Würde er mit der Wahrheit und dem Wissen um ein vergeudetes Leben wirklich glücklicher sein? Wie würde er sich entscheiden?
    »Eine so schöne Frau, aber mit so düsterer Miene. Seid Ihr in Angst?«
    Pelagia schrak auf und musterte den Mann, der sie angeredet hatte. Seine Sprechweise erinnerte sie an Mizizios, und auch der Kleidung nach musste er ein armenischer Militär aristokratischer Herkunft sein. Er trug eine blaue Filzkappe, unter der schwarze Haare hervorquollen, in die sich einzelne graue Strähnen mischten. Er hatte entschlossene Augen, einen kräftigen Schnurrbart und einen vollen, ironisch lächelnden Mund. Sein gelber, bestickter Umhang wurde nur am Hals von einer goldenen Kette zusammengehalten, so dass der breite Militärgürtel sichtbar blieb. Daran baumelte ein langes Schwert in einer goldverzierten Scheide.
    »Nein, nicht mehr als wir alle«, entgegnete sie, lächelte und zupfte unwillkürlich ihr Schultertuch zurecht. Doch bevor sie etwas hinzufügen konnte, wies der Armenier nach vorne, aufs Meer.
    »Seht, es geht los!«
    Im dumpfen Rhythmus der Trommeln tauchten die Ruder der feindlichen Schiffe ins Wasser. Auf breiter Front nahmen die schwerfälligen Kumbarien Fahrt auf und steuerten übers Meer in Richtung der Stadt. Bald würden sie in Schussweite sein, würde man die Bogenschützen und die Männer an den Katapulten erkennen. Unter den Zuschauern machte sich Unruhe breit; die ersten sahen sich zögernd nach den Treppen um, die von der Mauer hinabführten.
    Da gellten von unten Trompetenstöße empor. Mit einem Male drängten sich alle nach vorne, um in den Hafen hinunterzuspähen.
    »Sie laufen aus!«
    Der Ruf pflanzte sich durch die Reihen fort, fassungslos wiederholt von denen, die hinter der Mauer nichts zu sehen vermochten, triumphierend bekräftigt von den anderen, die zwischen den Zinnen hindurchblickten. Auch Pelagia wiederholte: »Sie laufen aus!«
    Zum ersten Mal seit Beginn der Belagerung verließen die christlichen Schiffe den schützenden Hafen! Es mochten nicht mehr als einige Dutzend Dromonen sein, die sich der sarazenischen Übermacht stellten. Eine nach der anderen fuhren die zweimastigen, etwa hundert Fuß langen Galeeren aus dem Hafen, auf jeder Seite von fünfzig in Doppelreihen übereinander angeordneten Ruderern vorangetrieben. Bogenschützen drängten sich auf dem erhöhten Bugkastell, die Gesichter von Visierhelmen geschützt, kurz unterhalb der Oberfläche pflügte der Rammsporn durchs Wasser. In der Mitte jedes Schiffes, um den großen Mast herum, erhob sich das viereckige, befestigte Xylokastron. Dort standen Elitesoldaten in silberglänzenden Rüstungen, bereit, ihre Bögen zu spannen, die Schleudern zu bedienen oder die Feinde im Nahkampf niederzumetzeln. Doch nicht nur die großen Dromonen, auch eine Unzahl anderer Boote schwärmte jetzt aus dem schützenden Hafenbereich. Bald wimmelte die See vor den Mauern der Stadt vor Schiffen, die sich rasch dem Feinde näherten. Leicht schwankende Masten, schräge Rahen mit gerefften Segeln, flatternde Wimpel, glänzende Helme, bunt bemalte Rümpfe, rhythmisch ins Wasser tauchende Ruder, dazu das dumpfe Dröhnen der Trommeln – alles bildete ein majestätisches Schauspiel. Doch Pelagia konnte es nicht genießen, denn ihr war nur allzu bewusst, dass hier Tausende von Männern aufeinander zusteuerten, getrieben von einem einzigen Willen: Sich gegenseitig zu töten.
    Ein ungleicher Kampf, das war offensichtlich. Die Sarazenenflotte, deren mehrere Hundert Kumbarien das ganze Propontismeer erfüllten, hatte ihren Vormarsch verlangsamt. Vielleicht wollte sich der Admiral erst Klarheit über die Absichten der Christen verschaffen, bevor er die endgültige Schlachtordnung wählte.
    Auf irgendeinem dieser Schiffe, dachte Pelagia, vielleicht auf dem zweitgrößten, an dessen Hauptmast eine große grüne Fahne flatterte, müsste jetzt Daud stehen, erstaunt über die unerwartete Tollkühnheit der Nasrani. Ob er sich Gedanken machen würde,

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