Sie kamen nach Bagdad
Mann. Ich kenne ihn sehr gut.«
Sie ging zum Frühstück und fragte sich, ob es irgendjemanden gab, den Markus nicht charmant fand. Er schien ein großes Herz zu haben.
Nach dem Frühstück machte Victoria sich auf die Suche nach dem »Ölzweig«. Als Londonerin hatte sie keine Ahnung von den Schwierigkeiten, in einer Stadt wie Bagdad irgendeinen besonderen Ort zu finden, bis sie ihre Nachforschungen begann. Als sie aus dem Hotel herauskam, traf sie wieder auf Markus und bat ihn, ihr den Weg zum Museum zu erklären. »Es ist ein sehr schönes Museum«, sagte Markus. »Ja, voll von interessanten sehr, sehr alten Dingen. Ich selbst war noch nie drinnen, aber ich habe Freunde, Archäologen, die sich immer wieder dort aufhalten, wenn sie durch Bagdad kommen. Mr Baker – Mr Richard Baker –, kennen Sie ihn? Und Professor Kalzman? Und Dr. Pauncefoot Jones. Sie erzählen mir immer vom Museum. Sehr, sehr interessant.«
»Wo ist es, und wie komme ich hin?«
»Sie gehen geradewegs die Rashid Street entlang – ein gutes Stück –, dann an der Feisalbrücke und der Bank Street vorbei. Sie kennen doch die Bank Street?«
»Ich kenne hier nichts«, sagte Victoria. »Ich will auch genau genommen nicht ins Museum. Ich suche ein Lokal – eine Organisation – eine Art Klub, namens ›Ölzweig‹.«
»Wenn Sie Öl wollen«, sagte. Markus, »gebe ich Ihnen ausgezeichnetes Öl, beste Qualität. Sie führen es speziell für mich, für das Hotel Tio. Wissen Sie, ich schicke Ihnen heute Abend eine Flasche auf Ihr Zimmer.«
»Das ist zu gütig von Ihnen«, sagte Victoria und entfloh in Richtung der Rashid Street.
»Nach links«, brüllte Markus ihr nach, »nicht nach rechts. Aber es ist ziemlich weit bis zum Museum. Sie sollten ein Taxi nehmen.«
»Weiß denn ein Taxichauffeur, wo der ›Ölzweig‹ ist?«
»Nein, sie wissen nie, wo irgendetwas ist. Man sagt dem Chauffeur links, rechts, halt, geradeaus, je nachdem, wohin man will.«
»Wenn das so ist, kann ich ebenso gut zu Fuß gehen«, meinte Victoria.
Sie kam in die Rashid Street und bog nach links ab. Bagdad war ganz anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Eine überfüllte, von Menschen wimmelnde Hauptverkehrsader mit heftig hupenden Autos, kreischenden Menschen, europäischen Waren in den Schaufenstern, ungeniertem Gespucke rundherum samt vorausgehendem heftigen Räuspern. Es gab keine geheimnisvollen orientalischen Gestalten – die meisten Leute trugen verschlissene oder schäbige europäische Kleidung, alte Waffenröcke von der Air Force oder der Armee. Die gelegentlich daherschlurfenden verschleierten Gestalten in schwarzen Gewändern fielen in dem bunten Gemisch europäischer Moden geradezu auf. Jammernde Bettler und Frauen mit schmutzigen Wickelkindern auf dem Arm kamen auf sie zu. Das Pflaster unter ihren Füßen war holperig mit vielen klaffenden Löchern. Sie fühlte sich plötzlich fremd, verloren und fern der Heimat. Hier war kein Reisezauber – nur Durcheinander.
Sie kam endlich zur Feisalbrücke, überquerte sie und ging weiter. Gegen ihren Willen erweckte das sonderbare Sammelsurium der Dinge in den Schaufenstern ihre Neugier. Da gab es Kinderschuhe und Wollsachen, Zahnpasta und Schönheitsmittel, elektrische Taschenlampen und Porzellantassen samt Untertassen alles im gleichen Schaufenster. Mehr und mehr faszinierte sie dieses Warensortiment aus der ganzen Welt.
Sie fand das Museum, aber nicht den »Ölzweig«. Jemandem, der gewohnt war, sich in London zurechtzufinden, kam es unglaublich vor, dass hier niemand war, den sie fragen konnte. Sie konnte nicht Arabisch. Die Ladenbesitzer, die ihr auf Englisch ihre Waren anpriesen, starrten sie verständnislos an, wenn sie nach dem Weg zum »Ölzweig« fragte. Wenn man nur einen Polizisten fragen könnte. Aber ein Blick auf die wild umherfuchtelnden Männer, die in ihre Pfeifen bliesen, genügte ihr, um zu wissen, dass das keine Lösung wäre.
Sie ging in eine Buchhandlung mit englischen Büchern im Schaufenster, aber auf die Erwähnung des »Ölzweigs« reagierte man nur mit höflichem Achselzucken und Kopfschütteln. Sie hatten leider nicht die leiseste Ahnung.
Und dann, als sie die Straße weiter entlangschritt, drang ein mächtiges Hämmern und Dröhnen an ihr Ohr, und als sie in eine lange, düstere Seitengasse blickte, erinnerte sie sich, dass Mrs Cardew-Trench gesagt hatte, dass der »Ölzweig« in der Nähe des Kupferbasars läge. Hier war endlich der Kupferbasar. Victoria stürzte sich hinein
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