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Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Titel: Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Roux
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Anzeichen für Hollianteds Erwachen. Murmeln, Knarren und Schritte, dann das Knirschen eines Dosenöffners.
    »Das ist süß«, sagt Zack.
    »Was?«
    »Wie du dich um sie sorgst. Du bist hier die Glucke, stimmt’s?«
    »Ich – oh, ist das so offensichtlich?«
    »Bist du sicher, dass du ihnen nichts von den Dieben sagen willst?«, fragt er. Ich bin begierig, mir den Haferbrei reinzuschaufeln, aber das fällt schwer, während er mein Gesicht studiert. »Es fühlt sich nicht richtig an, sie im Dunkeln zu lassen.«
    »Lass das meine Sorge sein. Wie du schon sagtest, ich bin die Glucke.«
    »Glaubst du nicht, dass sie das Recht haben, es zu erfahren?«
    Es berührt mich, dass er für Leute eintritt, die er erst ein paar Stunden kennt, aber es ist auch schwer, nicht bissig zu werden. Daran muss ich arbeiten, an dem Drang, beim ersten Anzeichen von Widerspruch einen Kampf zu beginnen. Ich weiß nicht, was mich so empfindlich macht – vielleicht ist es die Verlockung des Haferbreis, ein paar Zentimeter vor mir, den ich immer noch nicht angerührt habe. Die unmittelbare Nähe heißer Nahrung vernebelt mir das Hirn. Ich kann mich nicht genau erinnern, aber ich sage so etwas wie: »Alles ist so beschissen, Zack. Wer weiß schon, was morgen passiert, oder übermorgen? Es ist besser, alles offen zu lassen, damit sie denken, es gibt eine Chance … ich kann ihnen einfach keine weiteren Sorgen aufbürden. Nicht jetzt. Noch nicht.«
    »Also gut«, sagt er und wirft die Hände hoch. »Ich werd dich in Ruhe lassen. Du hast sie bis hier durchgebracht und wirst wissen, was du tust.«
    »Danke«, sage ich. »Ich möchte nur, dass alle klarkommen.« Der Haferbrei ist perfekt, klebrig und warm und von bemerkenswert guter Konsistenz. Er schmeckt nicht, als ob er aus dem Pappkarton kommt. »Das hier«, sage ich und halte einen Löffel Brei hoch, »ist wahrscheinlich deine Eintrittskarte zu ihren Herzen.«
    Zack hat nur ein paar Stunden gebraucht, um sich bestens einzufügen. Ich weiß nicht, warum ich mir überhaupt Sorgen gemacht habe. Es liegt daran, wie wir jetzt leben. Ein weiterer Mensch, ein anderes Lebewesen: Man lernt, es zu akzeptieren, und mag es und nimmt es in die Familie auf. Das ist kein bewusster Prozess, sondern eine unvermeidliche Überlebenstechnik. Keine der normalen Regeln des Anfreundens passt hier – es gibt keine Phase, in der man jemanden allmählich und freiwillig kennenlernt. Man haust in engen Quartieren, man schläft, isst und lebt in demselben vollgestopften kleinen Apartment, und man kriegt schnell heraus, wie man die neue Person seinem Alltag anpasst.
    Zack hilft beim Abendessenmachen, und irgendwie kriegen wir eine Art Auflauf aus Wiener Würstchen, weißen Bohnen und Dosenmais hin. Jetzt unterstützt er Hollianted beim Abwaschen. Ich bin wieder in meinem Zimmer und sitze bei offenen Vorhängen auf dem Bett. Ich kann die Stadt sehen. Oder das, was davon noch übrig ist. In der Ferne liegen Rauchschwaden vor dem Horizont, die Gebäude sind schwarz und verrußt, wo sie von innen nach außen langsam ausgebrannt sind. Ich frage mich, ob alles im Feuer enden wird. Ob wir leben, bis wir die Apartments und den Laden in Flammen sehen. Und ich frage mich, wo meine Mutter ist, ob sie noch lebt, ob sie wie ich eine Gruppe gefunden hat, eine kleine zerrüttete Familie, an die sie sich halten kann.
    Ich habe wieder mit dem Radio herumgespielt. Manchmal denke ich, dass ich Stimmen hören kann, nein, eine Stimme, die unter dem Rauschen murmelt. Ich hab sie für eine Minute, dann ist sie weg. Ich würde so schrecklich gern jemanden da draußen hören, dass ich fürchte, ich halluziniere manchmal den Geist einer Stimme.
    UPDATE: UNGEFÄHR 1:30 UHR
    Ms Weathers ’ Weinvorräte wurden entdeckt. Ted und Zack sind jetzt beste Freunde. Wir sind jetzt alle beste Freunde. Auf dem Bett ist kein Platz mehr, überall ausgestreckte Körper. Dapper besteht auf einem Drittel für sich. Der Hund ist nicht betrunken.
    Zack hat angeregt – nein gefordert –, dass ich euch ein Porträt von ihm liefere. Ich komme der Forderung nach. Bitte schön:

    (Für den Leser: Zack besteht darauf, dass ich Folgendes richtigstelle: Sein Haar ist in Wahrheit nicht aus Makkaroni gemacht, er hat tatsächlich ein bisschen Bartwuchs, aber keine Pocken, und er saugt glückselig an einer Flasche Chianti und nicht an einem überdimensionierten Tampon. Und seine Augen sitzen nicht so völlig schief wie im Bild.)
    Noch mal. Kubistisch:

    Und zum Schluss

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