Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)
vornherein mitgehen, aber dabei nicht zu eifrig wirken wollen. Holly ergreift sein Handgelenk, ihre großen Bernsteinaugen füllen sich mit Tränen. Wir sind alle etwas emotional dieser Tage, aber Hollys Gefühlswallungen hängen an einem seidenen Faden. Mal pfeift sie bekannte Showmelodien, um uns bei Laune zu halten, und im nächsten Augenblick hängt sie in Teds Armen und heult.
»Ihm wird schon nichts passieren«, sage ich, packe Ted am anderen Arm und ziehe ihn weg. »Ich hab mir heute Morgen den Bildschirm angesehen, da draußen sind weniger davon als je zuvor.«
Ich nenne das Offensichtliche nicht beim Namen, spreche nicht aus, woran Holly vermutlich denkt: Zombies, da draußen sind Zombies.
»Ich glaube wirklich nicht, dass das eine gute Idee ist«, sagt Matt und erhebt sich langsam. Sein ungleichmäßiger Bartwuchs wirkt verwahrlost, und in seinem ausgewaschenen karierten Hemd und den schlecht sitzenden Jeans sieht er aus wie ein Holzfäller im Ruhestand. Er benutzt seine Abteilungsleiterstimme mit dem bissig-sarkastischen Unterton.
»Was ist die Alternative?«, frage ich.
»Ja, was ist deine brillante Lösung?«, fragt Ted. Von Minute zu Minute wird er mir sympathischer.
»Ich habe keine«, antwortet Matt, »aber ich denke, wir sollten alle einfach hierbleiben. Wir wissen gar nichts über diese Dinger. Wir haben keine Ahnung, wie es sich ausbreitet. Es könnte etwas in der Luft sein.«
Unglücklicherweise ist Matt ein Verschwörungstheoretiker. Der Zeitpunkt könnte nicht ungünstiger sein, um uns mit seinen Thesen darüber zu ergötzen, welche Regierung für die Infizierten verantwortlich ist. Aber genau das hat er vor, ich kann es kommen sehen. Ich erinnere mich an unsere hitzigen Diskussionen über die Pyramiden und die Azteken, und mir wird klar, dass dieses Gespräch um jeden Preis vermieden werden muss. Über den Rand seiner Brille starrt er mich an. Er hat das, was kleine Angestellte zärtlich den Todesblick nennen, soll heißen, er hat diesen verschlagenen, zutiefst verunsichernden Blick drauf, der deutlich sagt, dass er nicht nur genau weiß, was du falsch gemacht hast, sondern auch grimmige Strafen über dich verhängen wird, wenn du jetzt widersprichst.
»Ich schätze deine Besorgnis, Matt, aber wir müssen essen.«
»Geht da nicht mit unbedeckten Nasen und Mündern raus«, sagt er und knüpft sein Hemd auf, wodurch er darunter ein fleckiges weißes T-Shirt entblößt. »Es ist eine Biowaffe und wahrscheinlich in der Luft.« Er hält Ted sein Hemd hin. Als der es nicht nehmen will, geht Matt zu ihm und macht Anstalten, es dem Jungen um den Kopf zu wickeln, wobei er das zerbrochene Brillenglas in Teds Auge drückt.
»Tja, also da die Ventilatoren hier drin allesamt nicht versiegelt sind, wären wir folglich ohnehin schon im Arsch«, sage ich grob. Ich hoffe darauf, dass Janette etwas sagt. Irgendwas, das Matt dazu bringt, sich wieder hinzusetzen und die Klappe zu halten. Aber sie sitzt nur da und starrt mit leerem, starrem Gesichtsausdruck zu ihm hoch, ihr schmutziges blondes Haar hängt schlaff um ihre abgesackten Schultern.
Ted bringt seinen teuer erkauften Abschluss in Biochemie in Anschlag. »Scheiße, Alter, das ist doch keine Biowaffe. Niemand auf der Welt hat die Technologie für so einen Scheiß.«
»Oh, ist das deine Expertenmeinung?«, fragt Matt, und ich weiß, dass er es drauf ankommen lassen will.
Da steht Holly auf, geht zu Ted und stellt sich solidarisch neben ihn. »Wenn es einer weiß, dann er!«, schreit sie. Sie zieht das Hemd von Teds Gesicht und richtet seine Brille.
»Wow, okay, lasst uns mal runterkommen«, sage ich. »Wir wissen nicht, was sie so in Fahrt bringt, und da Ted und ich da rausmüssen, sollten wir so klar wie möglich sehen.«
»Schön, macht, was ihr wollt!«, sagt Matt. »Ich habe nur fürs Protokoll festgehalten, dass ich diese Idee für Schwachsinn halte.«
»Ich werde daran denken, wenn wir zurückkommen und das Essen rationieren.«
Es dauert nur ein, zwei Minuten, bis wir fertig sind. Auf Matts fortwährendes Drängen hin lassen wir uns schließlich darauf ein, Mund und Nase zu bedecken. Das ist wirklich keine schlechte Idee, wenn man mal davon ausgeht, dass wir uns verteidigen müssen. Denn das Letzte, was ich möchte, ist ekliger Schmodder, der mir ins Gesicht fliegt. Matt hat zugegebenermaßen recht damit, dass wir nicht genau wissen, wie sich die Infektion ausbreitet. Ich merke deutlich, wie wütend und frustriert er ist, aber wie
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