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Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Titel: Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Roux
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gehörten sie auf ein Weltraumteleskop und nicht in ein menschliches Gesicht.
    2) Das Ding, das früher Susan hieß, war im Gang für christliche Literatur, als es losging. Die wandhohe Schaufensterscheibe hinter ihr zerbarst und ließ Scherben von Stalaktitengröße auf den Boden hageln. Ich sah, wie sie durch Biographien und Heim & Garten in meine Richtung zu fliehen versuchte. Sie kam nicht sehr weit. Eine Scherbe hatte sie am Knöchel getroffen, sie blutete stark und hinkte. Ein knorriges, triefendes graues Etwas kam durchs Fenster und holte sie ein. Es humpelte stärker als Susan, aber irgendeine erschreckende, hungrige Gier trieb es zu größerer Geschwindigkeit an. Es hängte sich an ihren Hals, und sie fielen zu Boden. Ich sah Büschel ihres Haares zwischen die Bücherborde fliegen und ihr Blut, das über die Fugen der Fliesen schnell auf mich zufloss. Das Blut schwemmte über das Buch, das ihr aus den Händen geglitten war und mit dem Rücken nach oben offen auf dem Boden lag. The Longest Trip Home.
    3) Susan hätte tot sein müssen. Man verliert nicht so viel Blut und so viel von seinem Hals und spaziert dann los. Aber genau das tat sie. Irgendwie schüttelte sie sich die verwesende Person vom Rücken und rappelte sich auf die Füße. Zitternd pumpte sie sich auf, ein bisschen wie ein Akkordeon, das man am Griff vom Boden aufhebt. Ihre Beine streckten sich unnatürlich, dann sackte sie wieder in sich zusammen, krümmte sich, und an der Seite ihres Halses war nichts als ein rohes, riesiges Loch.
    Es ist schwer, sich an Einzelheiten zu erinnern, aber ich weiß noch, ich roch den kupfernen, zu süßen Verwesungsgeruch der Gestalt hinter ihrem Rücken. Plötzlich störte es mich gar nicht mehr, dass sie so viele Ausgaben von Die Hütte gekauft hatte. Ich wollte ihr aufhelfen, mit ihr zur Kasse gehen und ihr noch sechs weitere verkaufen. Aber sie schlurfte an dem Buch vorbei, das sie fallen gelassen hatte, und verschmierte mit unnatürlich verdrehten Füßen ihr eigenes Blut auf dem Boden. Sie bewegte sich wie eine Spielzeugente, die ein Zweijähriger falsch zusammengebaut hat. Susan ging auf mich los. Nicht schnell, aber mein Gehirn versuchte immer noch zu verarbeiten, was ich gerade beobachtet hatte. Da sah ich im Augenwinkel etwas rot aufblitzen. Es war die Axt, die gute, wunderschöne Axt mit ihrem polierten, schimmernden Stiel und ihrem roten, geschwungenen Blatt. Sie leuchtete in einem vollkommenen Rot, wie frisch aufgetragener Lippenstift, bevor man ausgeht. Ein kleiner, harter Hammer hing an dem Glaskasten – im Notfall Scheibe einschlagen. Verdammte Scheiße, dachte ich, na wenn das kein Notfall ist. Wie ich schon sagte, in der Panik verschwimmen die Erinnerungen, aber ich glaube, meine Faust schlug mehr von der Scheibe ein als der Hammer. Meine Hand fühlte jedoch nichts, bis ich die Axt packte. Dann hielt ich den Stiel in beiden Händen und rannte nach vorne in den Laden, doch Susan, die arme, hässliche Susan stand im Weg. Ich holte ganz weit aus und schwang die Axt, und sie sauste in ihre Schulter. Ich hackte ihren rechten Arm am Gelenk ab. Es war leichter als erwartet. Susan wirkte weich, hohl und knochenlos.
    Ich blieb nicht stehen, um zu sehen, ob sie das endgültig erledigt hatte. Erneut hob ich die Axt und sprintete in den vorderen Teil des Ladens, wo Phil dabei war, Matt, Janette und Hollianted in Richtung Pausenraum zu dirigieren. Ich erinnere mich jetzt, dass Phil einen Baseballschläger gepackt hielt. Ich hatte nie gewusst, dass wir einen im Laden hatten. Wie ich später erfuhr, hatte Phil ihn unter einem losen Bord im Aktenschrank neben der Registrierkasse versteckt.
    Als er mich sah, schwang Phil seinen Schläger wie wild und winkte mich mit einer blutigen Hand heran. Ich hätte nie gedacht, dass es mich mal so glücklich machen würde, von diesem Spinner herangewunken zu werden. Er brüllte mich an, nein, er schrie. Ich wusste, was er hinter mir sah, wusste, dass Susan nicht erledigt war.
    Jetzt sehe ich sie manchmal auf dem Monitor. Wir nennen sie nicht mehr Susan, sondern Lefty.
    Morgen werde ich mich Lefty wieder stellen müssen. Unsere Nahrung geht zur Neige, wir müssen eine Expedition zu den Kühlschränken an der Kasse unternehmen. Es könnte auch nötig sein, das Caf é zu plündern, falls wir so weit kommen. Wir müssen die Sicherheit hinter dieser Tür aufgeben. Uns bleibt keine Wahl.

20. S EPTEMBER – D IE V ERTEIDIGUNG DER N AHRUNG
    »Glaubst du, wir sollten ihm ein paar

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