Sie sehen aber gar nicht gut aus!
mir ebenso zu schaffen wie die permanente Konfrontation mit Tod und Zerstörung. Dazu gesellt sich die in unserem Gesundheitssystem übliche nicht wertschätzende Bezahlung.
Wer im Rettungsdienst tätig ist, muss ein dickeres Fell besitzen als andere. Den Menschen passieren schlimme Dinge. Unverschuldet werden sie aus dem Leben gerissen, verstümmelt oder verletzt, bringen sich selbst oder jemand anderen um. Und wir kommen oft zu spät. Aber ab und zu gelingt es uns doch, in letzter Sekunde am richtigen Ort zu sein und Leben zu retten oder einfach nur eine Hand zu halten und tröstenden Zuspruch dort anzubringen, wo er gebraucht wird. »Carpe diem« bekommt im Rettungsdienst eine völlig neue Bedeutung. Je mehr Sie durch das Schlüsselloch spähen und in die Abgründe unserer Gesellschaft blicken können, desto bewusster bestreiten Sie Ihr eigenes Leben.
Jeder wählt seinen Beruf selbst aus, und jeder zieht das aus dem Beruf, was ihn über Jahre und Jahrzehnte darin am Leben hält. Natürlich gibt es auch lustige Momente, die manchmal durch Patienten oder deren Angehörige verursacht werden. Es gibt aber auch einige Retter und Ärzte, die mir meinen Alltag zusätzlich versüßt haben.
So nahm es einer unserer ehemaligen Notärzte namens Mario mit der Treue in seinem Eheleben nicht so genau. Mario bestellte sich während seiner Nachtdienste gerne hübsche Mädchen in die Wache ein, die ihn über den Stress und die Verantwortung eines Notarztes »hinwegtrösteten«. Teilweise gaben diese sich die Türklinken in die Hand. Darüber mag man jetzt denken, was man möchte. Es kam aber in der Folge zu einer formidabel heilsamen Situation.
Mario hatte eines Nachts wieder Notarztdienst. Eine Dame hatte erst zehn Minuten zuvor die Wache verlassen, da schellte es erneut an der Tür.
»Kann ich Mario sprechen?«, säuselte das hohe Stimmchen in die Sprechanlage hinein.
»Sprechen? Klar ... kommen Sie herein. Mario erwartet Sie oben«, antwortete ich und schickte das Püppchen in Richtung des Notarztzimmers.
Mario kam daraufhin herunter und bat meinen Kollegen, ihn zu verleugnen, falls seine Frau anrufen und nach ihm verlangen sollte. Der Kollege nickte, sagte nichts und setzte sich auf die Couch. Nach 30 Minuten klingelte tatsächlich das Telefon. Als mein Kollege abhob, war Marios Frau am Apparat, die etwas über den Verbleib ihres Mannes wissen wollte. Mario war derweil oben hörbar zugange und »schwer beschäftigt«.
»Rettungswache, Böhnisch.«
»Hier ist Maike Hahn. Kann ich bitte meinen Mann sprechen?«
»Hallo, Frau Hahn. Ihr Mann ist gerade schwer im Einsatz. Er sagte aber, Sie möchten doch bitte einfach vorbeikommen.«
Klack. Frau Hahn hatte aufgelegt und war vermutlich zwei Minuten später in ihrem Wagen auf dem Weg zu uns. Irgendwann bremste ein Auto im Hof unserer Wache. Frau Hahn stieg aus, und wir ließen sie bereitwillig herein. Was sich im Folgenden abspielte, können Sie sich nicht einmal in Ihren kühnsten Träumen vorstellen. Man hörte Türenknallen und spitzes Geschrei. Sachen flogen, wir vernahmen das eindeutige Klackern der Stöckelschuhe des Püppchens, die zügigen Schrittes die Treppe hinunterlief, die Wache mit verschmiertem Make-up verließ und dort nie mehr gesehen wurde. Auch Frau Hahn stürzte wenig später aus der Wache und wirkte dabei, als wolle sie gleich jemanden umbringen. Notarzt Mario aber war davon geheilt, seinen Escortservice ausgerechnet in den hintersten Räumen einer Rettungswache zu beanspruchen.
Und wir hatten wieder einmal unseren Spaß – so wie in einigen der nachfolgenden Geschichten, die ich rund um den Rettungsdienst erlebt habe.
Steigen Sie also ein, lehnen Sie sich zurück, und fahren Sie mit. Begeben Sie sich mit mir und meinem Kollegen Lenny in einem Rettungswagen auf Einsatzfahrt, und erleben Sie Geschichten, die das Leben geschrieben hat – oder der Tod. Irgendwo in Deutschland.
Der Herr der Ringe
Der Geschlechtsakt an sich kann eine außerordentlich gefährliche Angelegenheit sein. Das weiß man nicht erst, seit Dieter Bohlen sich an seinen Schreibtisch geklemmt und einen Schmöker über sein Privatleben inklusive »Penisbruch« verfasst hat. Geschichten über übelste Sex-Szenarien, die man als Rettungsassistent erlebt, gibt es wie Eis in der Arktis. Da war zum Beispiel der Mann, der onanierend vor seinem Fernseher gestorben war, weil er währenddessen einen Herzstillstand infolge eines Infarktes erlitten hatte. Oder der junge Typ, der behauptet
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