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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Verhörraum immer wieder zu ihrem Sohn gesagt hatte.
    Sie kniete nieder und umarmte ihre Tochter. Der Damm, der Jills Tränen zurückgehalten hatte, war gebrochen. Sie lehnte sich an ihre Mutter und weinte. Tia streichelte ihr übers Haar, gab beruhigende Laute von sich und ließ sie weinen.
    Man tat, was man konnte, erinnerte Tia sich. Man liebte sie, so gut man konnte.
    »Wir schaffen das schon«, sagte sie noch einmal.
    Dieses Mal glaubte sie sogar fast selbst daran.

    An einem kalten Samstagmorgen  – genau an dem Tag, an dem Paul Copeland, der Bezirksstaatsanwalt von Essex County, zum zweiten Mal heiraten sollte  – fand er sich plötzlich vor einem U-Store-It -Selbstlager an der Route 15 wieder.

    Loren Muse, die neben ihm stand, sagte: »Sie brauchen nicht dabei zu sein.«
    »Die Hochzeit ist doch erst in sechs Stunden«, sagte Cope.
    »Aber Lucy …«
    »Lucy versteht das.«
    Cope sah über die Schulter nach hinten, wo Neil Cordova im Auto wartete. Vor ein paar Stunden hatte Pietra ihr Schweigen gebrochen. Nachdem sie tagelang geschwiegen hatte, war Cope auf die Idee gekommen, Neil Cordova mit ihr sprechen zu lassen. Nach zwei Minuten  – ihr Freund war tot, und ihr Anwalt hatte einen wasserdichten Deal mit Cope abgeschlossen  – hatte sie nachgegeben und erzählt, wo Reba Cordovas Leiche lag.
    »Ich will bei so etwas vor Ort sein«, sagte Cope.
    Muse folgte seinem Blick. »Ihn hätten Sie lieber auch nicht mitbringen sollen.«
    »Ich hab’s ihm versprochen.«
    Nach Rebas Verschwinden hatte Cope sich lange mit Neil Cordova unterhalten. Wenn Pietra die Wahrheit gesagt hatte, hatten sie in ein paar Minuten etwas Schreckliches gemeinsam  – eine tote Ehefrau. Seltsamerweise galt das auch für den Mörder.
    Als ob sie seine Gedanken gelesen hätte, fragte Muse: »Halten Sie es für möglich, dass Pietra gelogen haben könnte?«
    »Eigentlich nicht. Und Sie?«
    »Geht mir genauso«, sagte Muse. »Nash hat also diese beiden Frauen umgebracht, um seinem Schwager zu helfen. Er wollte dieses Video von Lewistons Seitensprung vernichten.«
    »So sieht’s aus. Aber das war gewiss nicht Nashs erster Mord. Wir werden noch einiges finden, wenn wir uns seine Vergangenheit erst mal genauer angucken. Wahrscheinlich war diese Geschichte für ihn eher eine Rechtfertigung, um seine Wut an irgendetwas auszulassen. Aber der psychologische Aspekt interessiert mich dabei eigentlich nicht. Psychologie kann man nicht anklagen.«

    »Er hat seine Opfer gefoltert.«
    »Ja. Angeblich um herauszubekommen, wer etwas über das Video wusste.«
    »Wie Reba Cordova.«
    »Genau.«
    Muse schüttelte den Kopf. »Was ist mit dem Schwager? Diesem Lehrer?«
    »Lewiston? Was soll mit ihm sein?«
    »Werden Sie Anklage gegen ihn erheben?«
    Cope zuckte die Achseln. »Er behauptet, er hätte Nash im Vertrauen davon erzählt und konnte nicht ahnen, dass der so durchdreht.«
    »Nehmen Sie ihm das ab?«
    »Pietra hat seine Aussage bestätigt. Aber ich habe noch nicht genügend Beweise, um wirklich etwas darüber sagen zu können.« Er sah sie an. »Da hoffe ich noch auf meine Ermittler.«
    Endlich hatte der Verwalter des Selbstlagers den richtigen Schlüssel gefunden und steckte ihn ins Schloss. Die Tür wurde geöffnet, und die Polizisten strömten hinein.
    »Und all das«, sagte Muse, »obwohl Marianne Gillespie das Video gar nicht abgeschickt hat.«
    »Offenbar nicht. Sie hat nur damit gedroht. Wir haben es überprüft. Guy Novak behauptet, Marianne hätte ihm von dem Video erzählt. Sie wollte es damit gut sein lassen  – meinte, die Drohung wäre schon Strafe genug. Guy war anderer Ansicht, also hat er Lewistons Frau das Video geschickt.«
    Muse runzelte die Stirn.
    »Was ist?«, fragte Cope.
    »Nichts. Werden Sie Anklage gegen Guy Novak erheben?«
    »Weshalb? Er hat eine E-Mail geschickt. Das ist nicht verboten.«
    Zwei Beamte kamen langsam aus dem Lager. Zu langsam. Cope wusste, was das bedeutete.

    Einer der beiden sah Cope an und nickte kurz.
    Muse sagte: »Scheiße.«
    Cope drehte sich um und ging auf Neil Cordova zu. Cordova sah ihn an. Cope wich dem Blick nicht aus und versuchte, mit festen Schritten geradeaus zu gehen. Als Cope näher kam, fing Neil an, den Kopf zu schütteln. Er schüttelte ihn dann immer stärker, als könnte er damit die Realität verleugnen. Cope ging weiter. Neil hatte sich innerlich darauf vorbereitet, er wusste, was ihn erwartete, aber gegen solche Schläge konnte man sich nicht schützen. Man hatte

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