Sie sind Dein Schicksal
werferlicht. Jetzt, wo ich so darüber nachdachte, war ich auch nicht gerade begeistert von der Idee, mich von ihr zu trennen, aber es war nicht der richtige Zeitpunkt, um den Vampir wütend zu machen. Ich drückte ihre Hand ein letztes Mal, schob ihr meine Autoschlüssel in die Hand und ließ sie mit Wes zurück. Er war mit einer Gegensprechanlage an der Wand beschäftigt und erklärte gerade jemandem namens Julio, dass er Louis’ faulen Hintern aus dem Bett treten sollte.
Royce zeigte auf die Tür des Apartments, das ich für einen Monat mit Sara teilen würde, dann leitete er mich zu der Treppe im hinteren Teil des Gebäudes. Er sagte nichts, während er mich in den zweiten Stock führte. Unterwegs kam uns ein gähnender Kerl entgegen, der jederzeit in einem Calvin-Klein-Werbespot hätte auftreten können. Er nickte Royce zu und warf einen neugierigen Blick auf mich, während er die Treppe nach unten ging. Sein fein geschnittenes Gesicht wirkte vertraut, aber ich konnte mich nicht erinnern, ob das Ryan oder Louis war. Auf jeden Fall war es einer der menschlichen Diener, die sich um die Bedürfnisse der Vampire im Gebäude kümmerten.
Sara würde wunderbar zu all den gut aussehenden Personen hier passen. Ich fühlte mich wie das rothaa rige Stiefkind aus der Hölle, besonders mit meinem hoffnungslosen Krauskopf, dem völligen Mangel an Kurven an den richtigen Stellen und den Narben auf Gesicht, Bauch und Arm, die ich mir bei meinen ›Abenteuern‹ im letzten Jahr eingefangen hatte.
Nicht, dass es mir wirklich Sorgen bereitete, dass ich nicht zu einer Ansammlung von Vampiren und ihren Dienern passte. Himmel.
Als wir das oberste Stockwerk erreicht hatten, bedeutete Royce mir, vor ihm den riesigen, weiten Raum mit den griechischen Statuen toter Götter zu betreten, der nur von winzigen Punktstrahlern erhellt wurde. Die Fenster waren, natürlich, alle für den Tag verrammelt, und der Raum lag im Zwielicht. Die kleinen Lampen gaben nur wenig Licht, spiegelten sich aber im polierten Parkett und vermittelten einem so das Gefühl, auf einem Teppich aus Sternen zu wandeln.
Auf einem der Sofas in der Mitte des Raums saß im Schneidersitz ein Mädchen. Neben ihr stand ein Stapel Bücher, und sie tippte wie wild auf einen Laptop ein, den sie zwischen den Beinen balancierte. Sie war ohne Aufwand gut aussehend, wie manche Mädchen es eben sind. Von ihrer glatten, sauberen Haut, die kein Make- up benötigte, bis hin zu der beiläufigen Eleganz in ihren Bewegungen, als sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht schob, war sie eine Vision von ruhiger Schönheit, die zwischen all den Statuen zu Hause wirkte. Sie warf uns einen kurzen Blick zu, senkte den Blick wieder, nur um uns danach zu fixieren, während ihre Hände auf der Tastatur erstarrten.
»Jessica, würdest du uns bitte entschuldigen? Ich muss einen Moment mit Ms. Waynest allein sprechen.«
Sie zuckte mit den Achseln und hob ihren Laptop hoch. »Sicher. Die Bücher hole ich später. Lass mich wissen, wenn du bereit bist.«
Als sie aufstand, zog er sie an sich und umfasste ihre Wangen, als beständen sie aus zerbrechlichem Porzellan. Ich muss zugeben, dass ich schockiert war, wie – wage ich es zu sagen? – zärtlich er sie küsste. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, und ich wandte den Blick ab. Ich fühlte mich zu sehr wie ein Voyeur, obwohl sie nichts allzu Unschickliches taten.
Als ihre Lippen sich voneinander lösten, lächelte sie mich fröhlich an, winkte mir zu und hüpfte fast aus dem Raum. Sie war viel zu … zu … nett, um so intim mit jemandem wie Royce zu sein. In seinen Augen stand Hunger, als sie ihr durch den Raum folgten, aber nicht die Art, die nach Blut verlangt. Er wollte etwas anderes von dem Mädchen, etwas weniger Greifbares. Die Implikationen sorgten dafür, dass mein Kopf, der jetzt schon schwirrte, in vollkommen neue Höhen der Verwirrung geriet.
»Sie wird zu gegebener Zeit John ersetzen«, merkte er an, dann blinzelte er und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf mich. Obwohl es mich nicht überraschte, dass er noch keinen Ersatz für den verräterischen Lakaien gefunden hatte, wunderte ich mich doch darüber, dass eine Frau – eine menschliche Frau – den toten Vampir ersetzen sollte. Ich war mir nicht sicher, welche Miene mein Gesicht zeigte – vielleicht Unglauben –, aber Royce schien amüsiert. Sein Lächeln wurde breiter, und er deutete auf einen Stuhl. »Bitte, setz dich.«
Sobald ich seiner Aufforderung gefolgt
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