Sie sind Dein Schicksal
senkte sich krampfhaft, während ich schluchzend um Luft rang.
»Besser?«, fragte er und stoppte seine beruhigenden Bewegungen.
»Ich glaube schon«, flüsterte ich mit rauer Stimme. Obwohl ich geweint hatte, bis ich keine Tränen mehr übrig hatte, war ich noch nicht vollkommen leer. Ich war noch genug bei mir, um mich zu fragen, was er jetzt wohl von mir hielt und was zum Teufel mich dazu gebracht hatte, mich so an ihm festzuklammern. »Danke.«
Er löste seine Umarmung und legte einen Finger unter mein Kinn, um meinen Kopf anzuheben. Zuerst sagte er gar nichts. Stattdessen ließ er seinen Daumen sanft unter meinen Augen entlang gleiten, um die Feuchtigkeit wegzuwischen, die sich dort gesammelt hatte. Sein Lächeln, gewöhnlich schurkenhaft und mit dem Versprechen auf Dunkelheit und Doppelzüngigkeit darin, war überraschend freundlich. »Wofür hat man Freunde?«
Mir entkam ein kurzes Lachen, dann wischte ich mir selbst über die Augen. Unglaublich. Ich hatte gerade in Alec Royce’ Armen geweint. Der Alec Royce. Einer der ältesten Vampire der Vereinigten Staaten. Derselbe Kerl, der versucht hatte, mich umzubringen. Selbst wenn er den Versuch nicht unbedingt aus eigenem Antrieb gestartet hatte, war es doch eine verdammt seltsame Entwicklung unserer Bekanntschaft. Wer hätte gedacht, dass das Monster auch ein Herz hatte?
»Warum gehst du nicht und machst dich ein wenig frisch? Du findest das Bad hinter meinem Schlafzimmer.«
Ich nickte schwach, dann, als ich aufgestanden war, half er mir, mein Gleichgewicht zu finden. Er ließ mich allein, damit ich mich wieder ein wenig zusammenreißen konnte, und ich schloss die Tür hinter mir.
Es dauerte ein wenig, mir das Gesicht zu waschen und meinen angeschlagenen Stolz wieder zu sammeln, bis er zumindest ansatzweise wieder das darstellte, was er vor meinem Zusammenbruch gewesen war. Ein paar Minuten später, nachdem ich mir die Anzeichen des Heulkrampfes vom Gesicht gewaschen hatte, trat ich aus dem Bad und entdeckte den Vampir auf dem Futon in seinem Schlafzimmer, wo er auf einen Laptop eintippte. Er sah auf, und die ehrliche Sorge in seinen Augen rührte mein Herz.
»Besser?«
»Viel besser«, antwortete ich. Meine Augen waren immer noch rot, aber das würde mit der Zeit vergehen. »Danke, Royce. Es tut mir leid, dass …«
»Nicht«, mahnte er und wedelte mit einer Hand in meine Richtung. »Du standest in letzter Zeit unter unglaublichem Druck. Entschuldige dich nicht dafür.«
»Okay«, flüsterte ich geknickt.
»Ich muss noch ein paar Dinge erledigen, aber ich werde mich heute Abend mit dir unterhalten, bevor ich ins Büro fahre. Warum gehst du für den Moment nicht einfach nach unten und machst es dir gemütlich? Versuch, dich auszuruhen. Ich werde später jemanden vorbeischicken, der dir erklärt, wie wir die Dinge hier regeln.«
Ich nickte und ging zur Tür. Er hielt mich auf, bevor ich allzu weit gekommen war.
»Shiarra?«
»Ja?«
»Gib dir nicht selbst die Schuld an der ganzen Sache. Egal, wie es sich entwickelt, du wirst mir immer willkommen sein.«
Ich musste hier raus, bevor ich wieder anfing zu heulen. Ich nickte und eilte davon, durchquerte den riesigen Raum mit den Statuen und lief die Treppe nach unten. Im Erdgeschoss spähte Wes den Flur entlang. Als er mich entdeckte, zuckte er mit den Achseln und nahm seinen Posten wieder ein.
Ich betrat das Apartment, das ich mir für den nächsten Monat oder so mit Sara teilen würde, und ließ den Blick schweifen. Sauber, voll eingerichtet und geschmackvoll – wenn auch minimalistisch – dekoriert. Ein Bücherregal mit ein paar deutschen Büchern und im Raum verteilte Bilder sorgten für ein wenig Gastlichkeit in dem sonst sehr schlichten Raum.
Die Hunde begrüßten mich nicht an der Tür, wie ich es erwartet hatte; stattdessen kauerten sie zitternd am anderen Ende des Raumes und drängten sich zusammen, als befürchteten sie, jeden Moment von Monstern gefressen zu werden. Wenn man darüber nachdachte, lagen sie wahrscheinlich gar nicht so falsch, wären Sara und ich nicht Gäste in diesem von Vampiren verseuchten Rückzugsort gewesen.
Sara spähte mit fahlem Gesicht aus dem Flur des Apartments. Als sie mich sah, seufzte sie erleichtert auf und drückte sich eine Hand an die Brust. »Jesus, du hättest mir fast einen Herzinfarkt verpasst. Ist alles okay?«
»Schon. Ich musste ein paar Dinge klären, aber es sieht so aus, als käme alles in Ordnung.«
Ihre blauen Augen musterten forschend mein
Weitere Kostenlose Bücher