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Sie sind Dein Schicksal

Sie sind Dein Schicksal

Titel: Sie sind Dein Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess Haines
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ich die Hände hob, schüttelte er mich, bis ich wieder aufhörte. Die Vögel in den Bäumen verstummten, als wir vorüberkamen, und kleine, nicht sichtbare Tiere huschten ins Unterholz davon. Manchmal drehten die vier ihre Köpfe, um mit den Augen etwas zu verfolgen, was ich nicht sehen konnte, oder nach etwas zu wittern, was für meine schwachen, menschlichen Sinne nicht wahrnehmbar war, aber über wiegend folgten wir etwas, was ein alter, fast schon zugewachsener Wildwechsel zu sein schien.
    Es fühlte sich an, als würden wir Stunden wandern, aber als wir schließlich an einem von Wind und Wetter zerfressenen Granitabhang anhielten, der von Efeu überwachsen war, stand die Sonne noch relativ hoch. Flechten überzogen den Fels und bedeckten die Stämme der umstehenden Bäume. Schroffe Findlinge lagen auf dem Boden verteilt und erhoben sich aus der Erde, wo immer Zeit und Wasser sie von der Klippe gelöst hatten. Hier und da waren tiefe Pfützen verteilt, über deren unbewegliche Oberfläche Insekten hinwegsumm ten. Es war ein düsterer, unheimlicher Ort, eine Stelle, die niemand mit gesundem Menschenverstand je als Lagerplatz ausgewählt hätte.
    Gabe setzte mich nicht allzu sanft ab, und ich landete mit dem Hinterteil im Schlamm. Ich zitterte, als kaltes, dreckiges Wasser sofort durch meine sowieso schon feuchten Jeans drang, und starrte die Jungs böse an, die über mich lachten. Ich beäugte ihre Verwandlungsklamotten – überwiegend billige Kunstlederjacken und enge Jogginghosen, in denen sie eher aussahen wie die Teenager, die sie eben waren, als wie die Bösewichte, die sie darstellen wollten –, und es fiel mir schwer, sie als Bedrohung zu sehen und nicht nur als Ärgernis.
    Dann lehnte Seth sich vor und packte meinen Arm, um mich über den glatten Boden zu ziehen, bis ich mit dem Rücken an einem Felsen saß. Seine Stärke und die rohe Behandlung erinnerten mich daran, dass ich es hier nicht mit Schwächlingen zu tun hatte. Obwohl sie in der übernatürlichen Hierarchie ganz unten standen, stellten sie für mich ohne meine Waffen oder Chaz, der mich beschützen konnte, eine schreckliche Gefahr dar.
    Doch das bedeutete nicht, dass ich mich einfach zurücklehnen und alles einstecken würde, was sie mir servieren wollten. Ich benutzte den Felsen, um mich auf die Beine zu kämpfen. Seth trat zurück und beobachtete mich, ohne sich die Mühe zu machen, mir entweder zu helfen oder mich unten zu halten. Ich packte das Klebeband, riss es mit einer scharfen Bewegung vom Mund und verzog dabei das Gesicht. »Was zur Hölle glaubt ihr Irren, was ihr da tut? Was wollt ihr, verdammt noch mal?«
    Gabe grinste mich anzüglich an. »Was glaubst du denn, was wir wollen?«
    »Halt die Fresse, Arschloch«, sagte Irokesenschnitt und schubste Gabe fest genug, dass er stolperte. »Ich werde heute nicht sterben. Mir ist egal, was der Plan sagt. Wenn du sie anfasst, wird er uns alle umbringen.«
    Bevor ich etwas sagen konnte, wurden die beiden von einem Holzstück getroffen, das breiter war als mein Oberkörper, und fielen nach hinten um.
    »Ihr kämpft nicht gegen ihn, sondern ich. Und ich werde gewinnen«, knurrte Seth. Die Muskeln unter seiner Haut bewegten sich auf Übelkeit erregende Art und Weise. »Das ist mein Kampf, nicht eurer.«
    Die zwei hielten die Augen gesenkt und nickten in ihrer Hast, ihm zuzustimmen, wie Marionetten. Seths Wut ließ langsam wieder nach. Eine Bewegung seiner Muskeln, die von Geräuschen begleitet wurde, als würden sich seine Knochen wieder in die Gelenke einfügen, sorgte dafür, dass sich mein Magen hob. Als er mich ansah, lag in seinen Augen ein unterschwelliges gelbes Glühen, das erschreckend vertraut war. Himmel, er war kurz davor, sich zu verwandeln. Irgendetwas an dieser Sache hatte ihn genug aufgeregt, um ihn an seine Belastungsgrenze zu bringen. Sollte er über die Grenze getrieben werden, gab es keinerlei Garantie, dass er seinen Jagd- und Tötungsinstinkt unter Kontrolle halten konnte.
    Nach einer schier unendlichen Weile wandte Seth den Blick ab und durchsuchte seine Taschen, bis er ein zerdrücktes Päckchen Zigaretten hervorzog. Er bot sie niemandem an, sondern zündete nur sich selbst eine an und nahm einen tiefen Zug. Nach ein paar Zügen hatten die anderen sich vorsichtig aufgerappelt und sich Sitzplätze auf nahe gelegenen Felsen oder Baumstümpfen gesucht. Seth ließ sich auf einem unebenen Stück von Flechten überzogenem Granit nieder. Seine Aufmerksamkeit konzentrierte

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