Sie sind Dein Schicksal
noch entkam.
Wir kamen an der Bank und dem Wasserfall vorbei, und einer der Jungs machte einen Witz, der mir das Blut ins Gesicht trieb. Sie hatten genug gesehen – oder konnten es riechen –, um zu wissen, was Chaz und ich getan hatten. Seth knurrte etwas, was das Johlen und Lachen der anderen zum Verstummen brachte, und bald schon erreichten wir eine weitere Lichtung in den Wäldern. Dort erwartete uns das vierte Mitglied von Seths kleiner Clique aus Außenseitern, ein schlaksiger Teenager mit blau leuchtender Irokesenfrisur und einem Kinnbewuchs, der wahrscheinlich ein Ziegenbart sein sollte. In seinen Händen hielt er ein Seil und Klebeband. Bei diesem Anblick sank mein Herz. Sie hatten es geplant. Hatten gewartet, bis ich allein war, um mich entführen zu können. Trotz allem, was Chaz gesagt hatte, mussten diese Kerle diejenigen gewesen sein, die unser Zeug verbrannt und zerstört hatten. Was für eine wunderbare Entwicklung.
»Halt ihre Hände nach vorne«, sagte der Kerl mit dem Iro. »Soll ich auch ihre Knöchel fesseln? Oder nur ihre Handgelenke?«
»Nö«, antwortete Seth, während er den Weg zurücksah, den wir gekommen waren. Er kratzte sich an einer geröteten Stelle am Hals, ungefähr da, wo er auch seine silberne Halskette trug; wahrscheinlich versuchte der dämliche Arsch, cool auszusehen. »Nur die Handgelenke. Sie hat Beine, also kann sie laufen.«
»Schon, aber sie könnte wegrennen.«
»Soll sie es doch versuchen.«
Die unterschwellige Belustigung in diesen Worten gefiel mir gar nicht. Obwohl ich mich gegen sie wehrte, waren die Jungs einfach zu stark. Mit dem Kerl, der mich an seine Brust gedrückt hielt, und demjenigen, der meine Handgelenke nach vorne hielt, damit der dritte sie fesseln konnte, hatte ich nicht den Hauch einer Chance zur Flucht.
Schnell und routiniert, als hätte er so etwas schon tausende Male gemacht, fesselte der Kerl, der auf uns gewartet hatte, meine Handgelenke und riss dann ein Stück Klebeband ab. Ich wand mich, um zu schreien, als der Typ, der mich festhielt, seine Hand hob, aber bevor ich mehr tun konnte als zu quietschen, war bereits das Klebeband auf meinem Mund. Der große Kerl, der mich festhielt, verlagerte seine Hand an meinen linken Arm und packte mich so fest, dass es wehtat. Ich starrte wütend in seine dumpfen braunen Augen und trat gegen sein Schienbein. Er verzog das Gesicht und schüttelte mich.
»Hör damit auf, du dämliches Flittchen!«
»Halt den Mund, Gabe!«, zischte Seth. »Wir sind immer noch zu nah. Jemand könnte dich hören. Lasst uns gehen.«
Und wieder wurde ich hinterhergeschleppt. Wann immer ich mich gegen seinen Halt stemmte, zerrte der Kerl – Gabe – mich einfach hinter sich her. Ich fühlte mich wie eine Dreijährige, die beim Verlassen des Spiel zeugladens einen Wutanfall hatte, und meine Gegen wehr war in Anbetracht seiner Stärke ungefähr genauso effektiv. Aber trotzdem tat ich alles, um unser Fortkommen zu behindern.
Schließlich gelang es mir, einen Fuß so unter eine Wurzel zu haken, dass er stolperte und anhalten musste. Mit Flüchen, die die anderen zum Lachen brachten, stoppte er und warf mich über seine Schulter. Sie war ein wenig knochig, aber sein Griff war eisern, und die Hitze, die unter seiner zerknitterten Lederjacke hervordrang, verriet mir ebenso wie der heftige Geruch nach Moschus, dass er kurz vor der Verwandlung stand. Irritiert schlug ich mit meinen gefesselten Händen auf seinen Rücken ein, als er sich wieder in Bewegung setzte. Dann zuckte ich zusammen, als einer der anderen die Hand ausstreckte, um damit über meine herabhängenden Haare zu streichen.
»Was für eine Nervensäge. Bist du dir sicher, dass er sie suchen kommen wird?«
»Ja. Ethan wird ihn noch eine oder zwei Stunden beschäftigen, wenn man bedenkt, wie viel Eisenhut ich in dieses Kräuterzeug gemischt habe, das sie ihm einflößen. Sobald die Wirkung nachlässt, sollte es nicht allzu lange dauern, bis jemand bemerkt, dass sie verschwunden ist.«
Oh, das war einfach toll! Sie machten Ethan die erste Verwandlung absichtlich schwerer, nur um Chaz abzulenken und mich einzufangen? Clever. Um einiges cleverer, als ich diesem kleinen Arschloch zugetraut hätte.
Für eine Weile gingen wir schweigend weiter, und an dem Gefälle und der Art, wie Gabe sich ab und zu drehte, um mein Gewicht auszugleichen, konnte ich ablesen, dass es einen Berg nach unten ging. Ich versuchte, das Klebeband an meinem Mund zu lösen, aber jedes Mal, wenn
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