Sie sind Dein Schicksal
ich allein war. Dann stand ich auf und sammelte meine schlammigen Kleider ein, um alles, inklusive mir, in dem knietiefen Wasser abzuspülen.
Ich weiß nicht, wie die Frösche und Fische die Kälte ertragen können. Ich hatte eine so fürchterliche Gänsehaut, dass ich mir nicht ganz sicher sein konnte, ob ich wirklich allen Schlamm abgewaschen hatte, als ich mit der Hand umständlich über meinen Rücken fuhr. Dafür war der Schilfkolben sehr gut geeignet, den ich vorhin aufgehoben hatte. Sekunden später schrie ich auf und rannte aus dem Wasser, weil ein Blutegel sich an meinem Knöchel festgesaugt hatte. Keuchend und fluchend stand ich am Ufer und riss das kleine Monster von meiner Haut.
Meine nasse Kleidung wieder anzuziehen war fast genauso schlimm wie das Abspülen im Wasser. Ich zitterte für eine Weile auf der Steinbank, aber sie war kalt, also stand ich auf und wanderte hin und her. Meine Schuhe und Socken waren trocken. Man musste ja schon für Kleinigkeiten dankbar sein. Ich setzte mich noch einmal kurz auf die Bank, um sie anzuziehen, dann stampfte ich in Richtung der Hütten zurück. Ich brauchte eine heiße Dusche, Kaffee und trockene Kleidung. Vielleicht konnte ich auch ein Feuer im Kamin machen. Chaz machte sich vielleicht Sorgen wegen der Gefahr, aber meine Gedanken kreisten eher darum, endlich wieder warm zu werden und mein Bein mit einem Pflaster zu versorgen.
Als ich den Weg entlangstapfte und dabei vorsichtig den Gifteichen auswich, die ich auf dem Hinweg bemerkt hatte, schien etwas anders zu sein. Es kostete mich ein paar Minuten, genau zu sagen, was los war.
Der Wald war wieder unnatürlich still. Ängstlich beschleunigte ich meine Schritte.
Mein Herz rutschte mir fast in die Hose, als ich hörte, wie hinter mir etwas raschelte. Dort war jemand.
Ich rannte los. Das Rascheln hinter mir verwandelte sich in das dumpfe Brechen nasser Zweige, und das Geräusch von schnellen Schritten näherte sich mir von hinten.
Ich sah mich nicht um.
Keuchend raste ich den Weg entlang und betete, dass wer auch immer es war das Interesse verlieren und einen anderen Weg einschlagen würde. Für eine kurze Sekunde klammerte ich mich an die Hoffnung, dass es nur dieser dämliche Reporter war, der mir folgte. Und wenn nicht er, dann vielleicht jemand, der für einen Nachmittags-Dauerlauf aufgebrochen war und gar nicht hinter mir her war. Dumm, ich weiß, aber ein Mädchen wird doch mal träumen dürfen. Ich versuchte anhand der gleichmäßigen Geräusche einzuschätzen, wie nah mein Verfolger schon war. Bei all den Kurven und Biegungen im Weg, ganz zu schweigen von den Ästen, denen ich ständig ausweichen musste, wollte ich es nicht wagen, mich umzusehen.
Ein schwerer Arm fiel auf meine Schulter, und eine Hand packte meinen Oberarm und riss mich aus dem Gleichgewicht. Ich erhaschte einen kurzen Blick auf Leder und Licht auf silbernen Ohrsteckern, bevor ich auf die Knie fiel. Meine Haare schwangen nach vorne und nahmen mir für einen Moment die Sicht.
»Gib keinen verdammten Ton von dir«, erklang ein harsches Flüstern, während zugleich jemand seine Hand auf meinen Mund presste und mich auf die Beine zog.
Ich wand mich in dem Versuch, mich zu befreien. Mein linker Arm fühlte sich an, als wäre er aus dem Gelenk gerissen worden, und den rechten drückte mir mein Entführer, wer auch immer es war, fest an den Körper. Ich knurrte hinter der Hand und kniff die Augen zu, als ich zwischen den Bäumen einen von Seths idiotischen Freunden entdeckte, der dem Kerl zuwinkte, der mich festhielt.
Eins musste man dem Jungen lassen, der mich gepackt hatte: Er mochte ja dumm sein, aber er war schnell und stark. Selbst ohne seine Werwolfstärke hatte er den Körperbau eines Kerls, der zu viel Zeit im Fitnessstudio verbrachte. Muskeln drängten gegen den Stoff seines T-Shirts und seiner engen Jeans. Ich konnte nichts gegen seinen Griff ausrichten, und bald schon bewegten wir uns schneller und geräuschloser durchs Unterholz, als ich es für möglich gehalten hätte. Seth trat irgendwo links von uns aus dem Schatten und übernahm die Führung. Die anderen zwei Idioten folgten ihm und zogen mich hinter sich her, trotz all meiner Versuche, mich gegen sie zu wehren.
Schnell waren wir von dichtem Unterholz und tief hängenden Ästen umgeben. Einige der Nadelbäume kratzten mich, da der Kerl, der mich hinter sich her zerrte, sich keine Mühe machte, irgendeinem Weg zu folgen. Er war nur darauf bedacht, dass ich weder schrie
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