Sie sind Dein Schicksal
bezahlt und interessanter als die Aufträge von Versicherungen.
Dass ich alle Hinweise übersehen hatte – wieder mal –, war ein Schlag unter die Gürtellinie. Es traf mich in meinem Innersten und erschütterte, für wen und was ich mich hielt – eine herausragende Ermittlerin mit genug Erfahrung und Know-how, um mühelos die ersten Anzeichen von Betrug zu erkennen. Offensichtlich hatte ich mich in diesem Punkt getäuscht. Vielleicht gab es ja noch andere Punkte, in denen ich mich geirrt hatte. Die Situation untergrub, wer und was ich war – und das konnte ich ihm niemals vergeben.
»Es gibt kein ›wir‹ mehr, Chaz. Diese Brücke hast du hinter dir abgebrochen und dir jede andere Chance bei mir ebenfalls verscherzt, als du dich entschie den hast, mich anzulügen und Dinge vor mir geheim zu halten.«
Er warf mir einen stirnrunzelnden Blick zu und schien eher verwirrt als wütend. »Sag das nicht. Ich mag ja nicht mit dir darüber gesprochen haben, aber ich habe nie gelogen. Du hast mir vergeben, dass ich dir nicht sofort gesagt habe, was ich bin. Wieso ist das jetzt so anders? Es ist nur ein anderer Aspekt desselben Monsters.«
»Nein, ist es nicht«, erklärte ich und bemühte mich, meine Stimme ruhig zu halten. »Nicht im Geringsten. Es ist wahr: Bevor ich wusste, was du bist, habe ich ziemlich üble Dinge über Others gesagt. Aber als ich mich von dir getrennt habe, habe ich es getan, weil ich sauer auf dich war, weil du Dinge vor mir geheim gehalten hast und manipulativ warst. Wenn du dich so benimmst, bist du keinen Deut besser als Royce.«
Das brachte ihn zum Schweigen. Die Falten, die in seinem Gesicht erschienen, besonders die Krähenfüße um seine Augen, verrieten mir, wie tief ich ihn mit dieser letzten Bemerkung verletzt hatte. Er hasste Royce von Herzen. Und weil ich das wusste, würde ich es bis zum Letzten ausnutzen. Vielleicht war das gemein, vielleicht war es auch unfair, und vielleicht machte es mich sogar zu einem Miststück – aber im Moment kümmerte mich das nicht im Geringsten. Ich wollte jedes Wissen einsetzen, das ihn verletzen konnte, und ich würde es gern tun. Ob es nun kleinlich war oder nicht, an diesem Punkt war ich bereit, alles zu tun, um ihn ähnlich tief zu verletzen, wie er und sein Rudel mich verletzt hatten.
»Royce«, zischte ich und lehnte mich zu ihm, um ihm ins Ohr zu flüstern, »hat mich niemals so respektlos behandelt wie du. Hat mich nie so verletzt, wie du es getan hast. Wie fühlt es sich an, schlechter zu sein als ein Blutegel?«
Zum ersten Mal fühlte ich in Chaz’ Gegenwart Angst, als er die rechte Hand vom Lenkrad hob und sie so fest zur Faust ballte, dass seine Knöchel knackten. Bis jetzt hatte er mich noch nie bedroht. Ich kannte seine Stärke, also war es eine erschreckende Geste, die mich dazu brachte, mich an die Tür zu drücken.
»Wage es nicht …«
Seine Faust sauste nach unten und zerbrach das Armaturenbrett. Ich zuckte zusammen und starrte mit großen Augen auf die Delle, die er im Plastik hinterlassen hatte.
»Wage es niemals wieder, mich mit diesem Blutsauger zu vergleichen. Wir sind uns nicht im Geringsten ähnlich.«
Nur meine Angst vor seiner Reaktion hielt mich davon ab, etwas zu erwidern. Er kochte ein paar Minuten schweigend vor sich hin, dann löste sich die Spannung aus seinen Schultern, und er sprach weiter, wenn auch mit scharfer Stimme.
»Ich habe dich nie zu etwas gezwungen, was du nicht tun wolltest. Habe dich nicht geändert, habe dich nicht verletzt. Rede nicht über mich, als wäre ich eines dieser … dieser Monster.«
»Machst du Witze?«, explodierte ich, weil ich mich einfach nicht bezähmen konnte, egal, welche Konsequenzen es vielleicht haben würde. Zumindest hielt mein Selbsterhaltungstrieb mich davon ab, ihm von den Kratzern zu erzählen, die Dillon mir beigebracht hatte. Selbst in meiner momentanen Wut wusste ich, dass die Dinge um einiges schlimmer stehen würden, wenn er herausfand, dass ich eventuell von einem seiner Rudelmitglieder mit Lykanthropie infiziert worden war. »Was glaubst du, bitte, was es in mir ausgelöst hat, zu sehen, wie du und Kimberly es treiben wie die Karnickel, Chaz? Überschäumende Freude? Natürlich hast du mich verletzt, du selbstsüchtiges Arschloch!«
Immerhin besaß er den Anstand, rot zu werden. Teile des Plastiks am Lenkrad lösten sich in Fetzen, als ihn die Erregung überwältigte und ihm Klauen wuchsen.
»Sie bedeutet mir gar nichts. Sie ist nur ein Ventil. Du bist
Weitere Kostenlose Bücher