Sie und Allan
heimkehrenden Landsleute zu stoßen, die außer Landes gezogen waren, um eine weiße Königin zu finden. Deshalb habe sie ihm befohlen, uns mit einigen Soldaten zu Hilfe zu kommen. Ich fragte ihn, warum sie ständig einen Schleier trüge, und er antwortete, wegen ihrer Schönheit, deren Anblick selbst wilde Männer so verrückt machte, daß sie sich in vergangenen Tagen gezwungen gesehen hatte, einige von ihnen zu töten.
Das war alles, was er über sie zu wissen schien, außer daß sie gütig gegenüber jenen war, die ihr gut dienten, wie er es tat, und sie vor Übeln jeder Art beschützte.
Dann fragte ich ihn nach Rezu. Er antwortete, daß er ein schrecklicher Mensch sei, unsterblich, wie es von Sie-die-befiehlt behauptet wurde, daß er ihn aber noch nie gesehen habe und ihn auch nie sehen wolle. Seine Gefolgsleute, die Kannibalen waren und buchstäblich alle Menschen im Lande aufgefressen hätten, die sie fangen konnten, wollten sich jetzt Lulala unterwerfen, damit sie dieses Volk ebenfalls auffressen konnten. Einander aßen sie nicht, wie kein Hund einen anderen frißt, und deshalb waren sie jetzt hungrig, obwohl sie mehr als genügend Korn und Rinder besaßen. Was die bevorstehende Schlacht betraf, so wüßte er nichts über sie oder ihren Verlauf, außer daß Sie-die-befiehlt gesagt hätte, daß sie unter meinem Kommando gut ausgehen würde. Sie war des Sieges so sicher, daß sie es nicht für nötig hielt, die Armee zu begleiten, da sie Schlachtenlärm und Blutvergießen haßte.
Mir kam der Gedanke, daß sie vielleicht Angst hatte, gefangengenommen und gegessen zu werden, doch behielt ich diese Überlegung für mich.
In diesem Augenblick erreichten wir unser Haus, wo Billali sich von mir verabschiedete und sagte, er müsse jetzt ruhen, würde jedoch bei Tagesanbruch mit den Sänften zurück sein und hoffe, uns bereit zum Aufbruch vorzufinden. Dann ging er fort. Umslopogaas und Hans gingen ebenfalls schlafen, und ich blieb allein zurück, der ich, da ich am Nachmittag geruht hatte, überhaupt nicht müde war. Und da die Nacht so herrlich war, beschloß ich, einen kleinen Mitternachtsspaziergang zu machen, wie es die Amahagger taten. Nun da ich als Generalissimus ihrer Armee anerkannt war, hatte ich zwar keine Befürchtungen, angegriffen zu werden, trug aber sicherheitshalber einen Revolver in meiner Tasche. Also ging ich los, schlenderte langsam den Weg hinab, der eine der Hauptstraßen dieser uralten Stadt gewesen zu sein schien, die irgendwie an das ausgegrabene Pompeji erinnerte, nur in einem unvergleichlich größeren Maßstab.
Während des Schlenderns fielen mir die seltsamen Umstände ein, in denen ich mich befand. Sie reizten mich dazu, mir einzubilden, daß ich unter Halluzinationen litte und vielleicht während der ganzen Zeit in Fieberdelirien im Bett lag. Diese wunderbare Frau, zum Beispiel – selbst, wenn ich ihre Geschichte von ihrem auf so wunderbare Weise verlängerten Leben als Märchen zurückwiese, was ich auch tat –, was sollte ich von ihr halten? Ich wußte es nicht, außer daß sie, so wundersam sie auch sein mochte, mehr Macht zu haben behauptete, als sie wirklich besaß. Das war mir von dem Ton ihres Gesprächs mit den Häuptlingen klar geworden, und aus der Tatsache, daß sie das Kommando über ihren Stamm auf meine Schultern abgewälzt hatte. Denn wenn sie so mächtig war, warum hatte sie dann nicht ihre himmlischen oder höllischen Kräfte gegen den Feind eingesetzt? Wieder wußte ich keine Antwort, doch eine Tatsache stand fest: sie war unvergleichlich schön – und auch ungewöhnlich klug.
Doch was für eine Aufgabe war es, die sie mir aufgeladen hatte, einen Mob von Wilden, die wahrscheinlich völlig disziplinlos waren, deren kämpferische Qualitäten ich nicht kannte, und die zu organisieren mir keine Gelegenheit blieb, in die Schlacht gegen einen Feind zu führen, dessen Stärke nicht bekannt war. Es schien mir heller Wahnsinn zu sein, und ich konnte nur hoffen, daß das Glück oder die Vorbestimmung mich irgendwie heil hindurchbringen würden. Um die Wahrheit zu sagen, war ich so gut wie überzeugt, daß es so kommen würde, denn ich war inzwischen fast so abergläubisch geworden, was die Große Medizin betraf, wie Hans. Zumindest war die Wirkung, die sie auf diese Häuptlinge gehabt hatte, äußerst seltsam, oder wäre es zumindest gewesen, wenn mir nicht sofort die Erklärung dafür eingefallen wäre. Am Abend unseres ersten Treffens hatte ich Ayesha diesen Talisman
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