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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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dein Los gelegentlich mit anderen Küssen als den ihren erleichtertest.«
    »Niemals!« schrie ich wütend. »Niemals! Das ist nicht wahr!«
    »Dann bitte ich um Verzeihung, Allan, die dich nur nach anderen beurteilt hat, die Männer waren, wie Männer nun einmal sind, und denen man deshalb keinen Vorwurf daraus machen kann, daß sie sich von Zeit zu Zeit Frauen zuwenden, die leider auch so sind, wie sie sind. So jedenfalls war es, als ich die Welt kannte, doch vielleicht ist seitdem auch der kostbarste Wein zu Wasser geworden, womit ich sagen will, daß er besser geworden ist. Zumindest war dies dein Gedanke, daß diese Frauen, die für eine Stunde dein waren, in alle Ewigkeit an nichts anderes denken könnten, als an deine Vollkommenheit, und nichts anderes erhoffen würden, als dich wieder an ihrer Seite zu sehen, oder zumindest den Teil von dir, den du für jede von ihnen durch die Ewigkeit zu geben bereit warst. Denn du hast vergessen, daß es andere geben mag, die noch besser sind als du und mehr geeignet, die Liebe einer Frau halten zu können, die, wie wir auf Erden wissen, ständig wechselhaft ist und vielleicht so bleiben muß, damit immer neue Lichter aufglänzen und neue Verlockungen winken. Verstehst du mich, Allan?«
    »Ich glaube«, antwortete ich stöhnend, »ich verstehe, was Ihr mir sagen wollt. Daß irdische Eindrücke sich bald erschöpfen, und daß Menschen, die in andere Sphären gegangen sind, dort neue Verbindungen knüpfen und die alten vergessen können.«
    »Ja, Allan, genau wie die, die auf dieser Erde verbleiben, wenn die anderen fortgegangen sind. Nehmen Frauen und Männer noch immer neue Gatten, wie sie es zu früheren Zeiten taten, Allan?«
    »Natürlich – das ist gesetzlich erlaubt.«
    »Wie viele andere Dinge, oder vielleicht die gleichen, mag es auch anderenorts erlaubt sein, denn wenn es so viele Möglichkeiten des Wechsels gibt, warum sollte man immer nur in dem einen Haus bleiben, ganz egal, wie eng die neuen Räume sein mögen, und wie bescheiden die Aussicht?«
    Da ich nun verstand, daß ich die ›engen Räume‹ und die ›bescheidene Aussicht‹ symbolisierte, hätte ich eigentlich wütend werden sollen, wenn nicht ein gewisser Humor mir zu Hilfe gekommen wäre, der mich daran erinnerte, daß Ayeshas Satire einen tiefen Wahrheitsgehalt aufwies. Warum, um alles in der Welt, oder vielmehr jenseits der Welt, sollte irgend jemand sich wünschen, unabdingbar und für immer an eine Persönlichkeit wie die meine gefesselt zu sein, besonders wenn solche überlegene Qualität um sie herum in Hülle und Fülle vorhanden war? Jetzt, da ich daran zu denken begann, erkannte ich meine Erwartung als absurd und überzogen, vor allem inmitten von Tausenden neuer und lebendiger Interessen. Ich hatte lediglich eine weitere Enttäuschung erlebt, das war alles.
    »Verstehst du, Allan«, fuhr Ayesha fort, die offensichtlich entschlossen war, daß ich diesen Kelch bis auf den letzten Tropfen leeren sollte, »daß diese Sonnenmenschen, oder Bewohner jenes fernen Planeten, auf dem du nach deiner Erzählung gewesen bist, dich nicht sahen und keinen Gedanken auf dich verschwendeten? Es könnte deshalb sein, daß du zu der Zeit nicht in ihren Gedanken warst, während sie zu anderen Zeiten vielleicht ständig von dir träumten. Oder vielleicht träumen sie auch nie von dir und haben dich völlig vergessen, so wie ein entwöhnter Welpe seine Mutter vergißt.«
    »Zumindest war jemand da, der sich an mich zu erinnern schien«, rief ich, denn ihr giftiger Hohn nahm mir die Worte. »Eine Frau – und ein Hund!«
    »Ja, die Wilde, die, da sie ein Naturkind war, eine Sünderin, durch ihre eigene Tat davongegangen ist.« (Woher Ayesha das wußte, kann ich nicht sagen, da ich ihr nie darüber berichtet hatte.) »Die deshalb noch keine Vollendung erreicht hat und sich erinnert, wessen Kuß sich zuletzt auf ihre Lippen drückte. Aber gewiß, Allan, ist es nicht dein Wunsch, von den liebevollen, ordentlichen Umarmungen weißer Frauen in die tumultösen Leidenschaften einer wie dieser zu fallen. Aber lassen wir das, denn wer weiß, was Männer aus Eifersucht oder Enttäuschung tun oder nicht tun werden? Und der Hund hat sich ebenfalls an dich erinnert und ist zu dir gekommen, da Hunde treuer und ergebener sind als Menschen. Nun also hast du deine Lehre erteilt bekommen, nämlich, daß du bescheidener werden und dir nie wieder einbilden solltest, du könntest alle Herzen von Frauen auf ewig halten, nur weil sie

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