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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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sie zur Oberin ihres Konvents ernannt werden sollte. Sie wirkte sehr ruhig und zufrieden und erklärte mir, daß sie überaus glücklich sei. Und auch bei diesem Anlaß fragte sie mich nicht, was mit ihr während der Periode geschehen sei, von der sie jede Erinnerung verloren habe. Sie sagte mir nur, sie wüßte, daß irgend etwas geschehen sei, doch da sie jeder Neugier gegenüber irdischen Dingen abgeschworen habe, wolle sie darüber gar nichts wissen. Wieder war ich über ihre Antwort sehr glücklich, denn wie hätte ich die wahren Begebenheiten schildern sollen und erwarten können, daß jemand mir Glauben schenkte, selbst eine vertrauensvolle, arglose Nonne?
    Doch zurück zu den aktuellen Geschehnissen. Nachdem wir ein paar Tage in Strathmuir Rast gemacht hatten und glaubten, daß Inez' Verstand wieder einigermaßen urteilsfähig war, teilte ich ihr mit, daß ich nach Natal zurückreisen müsse, und fragte sie, was sie zu tun gedenke. Ohne einen Moment zu zögern erklärte sie mir, daß sie mit mir reisen wolle, da jetzt, wo ihr Vater tot sei, sie nichts mehr an Strathmuir binde, wo sie keine Freunde habe und auch nicht den Trost ihrer Religion finden könne.
    Dann zeigte sie mir ein geheimes Versteck in einer Art Keller unter dem Boden des Wohnzimmers, in welchem ihr Vater seine Alkoholvorräte aufzubewahren pflegte. Das Versteck war ein Hohlraum hinter einigen losen Mauersteinen, in dem wir eine große Summe in Goldstücken fanden, die, wie Robertson seiner Tochter mehrmals gesagt hatte, ihr gehören würden, falls ihm etwas zustoßen sollte. Bei dem Gold lagen sein Testament, ein Packen Wertpapiere, ein paar Jugenderinnerungen, einige Liebesbriefe, sowie ein Gebetbuch, das seine Mutter ihm geschenkt hatte.
    Diese Wertsachen, von deren Vorhandensein außer Inez niemand wußte, nahmen wir heraus und trafen dann Vorbereitungen zu unserer Abreise. Diese waren sehr einfach: Was wir an wertvollen Sachen mitnehmen konnten, luden wir auf den Wagen und trieben auch die besten Rinder der Herde mit uns. Die Farm, das Warenlager und die anderen Rinder wurden der Obhut Thomasos übergeben, mit der Maßgabe, daß er die Hälfte der erwirtschafteten Profite für sich behalten könne und Inez' Anteil zweimal pro Jahr an eine Bank an der Küste überweisen sollte, bei der ihr Vater ein Konto besaß. Ob er das jemals getan hat oder nicht, vermag ich nicht zu sagen, doch da sie auf keinen Fall in Strathmuir bleiben wollte, schien mir das die beste Lösung zu sein, weil es keine Käufer für eine Farm in jenem abgelegenen Gebiet gab.
    Als wir eines schönen Morgens von dort aufbrachen, fragte ich Inez, ob es ihr schwerfiele, Strathmuir zu verlassen.
    »Nicht im geringsten«, antwortete sie sehr nachdrücklich. »Mein Leben hier ist eine einzige Hölle gewesen, und ich will diesen Ort nie wiedersehen.«
     
    Als wir die Nordgrenze des Zululandes erreichten, ereignete es sich, daß Zikalis Große Medizin, wie Hans sie nannte, ihre wirklich große Rolle spielte, denn ohne sie wären wir sicher getötet worden, jeder einzelne von uns.
    Ich habe nicht vor, diese Geschichte in allen Einzelheiten zu erzählen; dazu ist sie zu lang und zu kompliziert. Lassen wir es also damit genug sein, daß sie mit dem Komplott Umslopogaas' gegen Cetywayo zusammenhing, das von seiner Frau Monazi und ihrem Geliebten Lousta verraten worden war, die ich beide an früherer Stelle dieser Aufzeichnung bereits erwähnte. Die Folge davon war, daß an allen Grenzen Ausschau nach ihm gehalten wurde, weil man erwartete, daß er früher oder später ins Zululand zurückkehren würde; und es war auch bekannt, daß er in meiner Begleitung reiste.
    So kam es, daß meine Annäherung an die Grenze von Spionen berichtet wurde, und wir dort von einem Impi unter dem Kommando eines Mitglieds des königlichen Hauses erwartet und umzingelt wurden. Vor dem Angriff schickte der Führer dieses Impi jedoch Boten zu mir und ließ mir ausrichten, daß der König mit mir keinerlei Streitigkeiten habe, obwohl ich mich in zweifelhafter Gesellschaft befände, und wenn ich ihm Umslopogaas, Häuptling des Volkes der Axt, auslieferte, könnte ich ungehindert weiterreisen, wohin ich wollte, und alle meine Habe mit mir nehmen. Anderenfalls würden wir angegriffen und ausnahmslos getötet werden, da es nicht wünschenswert sei, Menschen am Leben zu lassen, die berichten könnten, wie Umslopogaas gestorben sei. Nachdem die Boten ihr Ultimatum übermittelt und sich geweigert hatten, über

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