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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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ein Argument, das mich überhaupt nicht überzeugen konnte.
    Es war an einem Abend gegen Sonnenuntergang, als ich allein das Lager verließ. Ich blickte umher, nach Norden, Süden, Westen und Osten. Überall sah ich die gleichen buschbestandenen Täler und die gleichen kahlen Höhenzüge, Meile um Meile. Ich rief mir die Karte ins Gedächtnis zurück, die der alte Zikali in die Asche gezeichnet hatte, und erinnerte mich, daß jenseits von Tälern und Höhenzügen ein großes Sumpfgebiet liegen sollte, und jenseits dieses Sumpfgebietes ein Berg. Also schienen wir auf dem richtigen Weg zur Wohnstätte der Weißen Königin zu sein, falls diese existieren sollte, oder zumindest durch ein Land zogen, das dem ähnlich war, das er aufgezeichnet oder sich in seiner Phantasie vorgestellt hatte.
    Doch zerbrach ich mir zu diesem Zeitpunkt nicht den Kopf über Weiße Königinnen, sondern dachte allein an die arme Inez. Daß sie lebte, oder zumindest noch vor wenigen Tagen gelebt hatte, wußten wir von den Kleiderfetzen, die wir entdeckt hatten. Aber wo war sie jetzt? Die Spur war auf dem felsigen Boden völlig verlorengegangen, und falls etwas von ihr zurückgeblieben sein sollte, hatte ein heftiger Regenguß sie fortgewaschen. Selbst Hans mußte sich geschlagen geben.
    Ich starrte hilflos umher, und während ich das tat, fiel ein Strahl der untergehenden Sonne auf einen weißen Fleck an der Kuppe eines der entfernten Höhenzüge. Ich vermutete, daß dort Kalkstein zutage trat, was sich auch als richtig erwies, und daß dieser weiße Fleck ein wichtiger Orientierungspunkt für alle sein mochte, die durch dieses gewaltige Meer von buschbestandenen Tälern reisten. Außerdem schien irgendein Instinkt mich zu drängen, dorthin zu gehen, obwohl ich fast entschlossen gewesen war, mehr ostwärts weiterzuziehen. Es war beinahe, als ob eine Stimme mir zuriefe, diese Richtung zu wählen und keine andere. Zweifellos war das eine Auswirkung der körperlichen Erschöpfung und psychischer Überbelastung. Und trotzdem, ich hörte sie, sehr real und fast greifbar, und wagte nicht, mich ihr zu widersetzen.
    Also nahmen wir am kommenden Morgen einen nach Nordwesten führenden Kurs, auf diesen weißen Fleck zu, und unterbrachen zum ersten Mal unsere bisher in gerader Richtung verlaufende Route. Captain Robertson, dessen Stimmung durch die lange, drückende Ungewißheit nicht gerade verbessert worden war, fragte mich recht scharf, warum ich unseren Kurs ändere.
    »Hören Sie, Captain, wenn wir auf See wären und Sie eine solche Entscheidung träfen, würde ich sie niemals in Frage stellen, und wenn ich es doch täte, sicher keine Antwort erwarten. Auf Ihren eigenen Wunsch hin habe ich das Kommando hier übernommen, und ich denke, daß die Umstände entsprechend sind.«
    »Ja«, antwortete er. »Ich denke, daß Sie Ihre Karte gut studiert haben, falls es irgendeine Karte von diesem gottverlassenen Land geben sollte, und auf jeden Fall hat Disziplin den Vorrang. Also geben Sie Volldampf voraus und kümmern Sie sich nicht um mich!«
    Die anderen akzeptierten meine Entscheidung ohne jeden Kommentar; die meisten von ihnen fühlten sich so elend, daß es ihnen völlig egal war, in welche Richtung wir weiterzogen, und außerdem vertrauten sie meinen Entscheidungen.
    »Sicher hat der Baas seine guten Gründe dafür«, meinte Hans zweifelnd, »obwohl die Fährte, die wir zuletzt sahen, auf den Sonnenaufgang zuführte, und da das Land hier überall gleich aussieht, ich keinen Grund dafür sehe, daß die Menschenfresser in eine andere Richtung gegangen sein sollten.«
    »Ja«, sagte ich, »ich sehe auch keinen Grund dafür.«
    Hans betrachtete mich mit seinen wässerigen Augen, als ob er auf eine Erklärung warte, doch ich blickte ihn nur überlegen an und schwieg.
    »Der Baas hat sicher seine Gründe dafür«, fuhr Hans fort, »uns auf die Seite des großen Höhenzuges zu führen, die ich für die falsche halte, um dort nach den Spuren der Menschenfresser zu suchen, Gründe, die so tief in seinem Kopf vergraben sind, daß der arme Hans sie nicht finden kann. Aber der Baas trägt die Große Medizin, und vielleicht liegt der Grund dafür in ihr. Diese Burschen von Strathmuir sagen, daß sie nicht mehr können und lieber sterben wollen. Umslopogaas ist gerade mit seiner Axt zu ihnen gegangen und hat ihnen gesagt, daß er gerne dabei helfen würde, ihnen diesen Wunsch zu erfüllen. Sieh doch, Baas, wie eilig sie es jetzt haben, da sie doch lieber weiterleben

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