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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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lieh, hat mir zur Auflage gemacht, daß ich sie Tag und Nacht tragen müsse, sie nur in einem Notfall ablegen dürfe, um andere zu retten, bis ich sie wieder in seine Hände zurücklegen würde, und er versicherte mir, daß das Glück mich verlassen würde, falls ich mich von ihr trennte. Ich habe es anfangs nicht geglaubt und wollte mich von ihr befreien, woraufhin ich vom Tod bedroht wurde, der in Gestalt einer Schlange kam, so eine Schlange, wie ich sie um Euch geschlungen sehe, die zweifellos auch Gift in ihren Fängen hat, wenn auch eins von einer anderen Art, o Ayesha.«
    »Tretet näher und laßt es mich ansehen! Habt keine Angst!«
    Also erhob ich mich von dem Stuhl und kniete vor ihr nieder, in der Hoffnung, daß niemand mich in dieser lächerlichen Pose sah, die sogar Menschen, die völlig frei von Mißtrauen waren, mißdeuten mochten. Ich gebe jedoch zu, daß sie ihre Vorteile hatte, weil ich nun durch den Schleier ihre wunderbaren Augen besser sah als zuvor, und auch etwas von der reinen Linie ihres klassischen Gesichts, und auch der wunderbare Duft ihres Haares war deutlicher zu riechen.
    Sie nahm den Talisman in die Hand und betrachtete ihn sehr genau.
    »Ich habe von diesem Talisman gehört«, sagte sie, »und es trifft zu, daß er Macht besitzt, denn ich fühle sie durch meine Venen strömen, und ich spüre auch, daß er ein Verteidigungsschild für den ist, der ihn trägt. Ja, und jetzt verstehe ich, was mich eben ein wenig irritierte, nämlich, wie es Euch gelungen ist, mich dazu zu bringen, meinen Schleier zu lüften – doch wollen wir dieses Thema lassen. Die Weisheit war nicht die Eure, sondern die eines anderen, das ist alles. Ja, die Weisheit eines Mannes, dessen Jahre ihn jenseits der Lichtspeere getragen haben, die aus den Augen einer Frau strömen, jenen ruinösen Speeren, die Männer ins Verderben und ins Nichts stürzen. Sagt mir, Allan, ist dies das Abbild dessen, der es Euch gegeben hat?«
    »Ja, Ayesha, es ist sein Ebenbild, von ihm selbst geschnitzt, wie ich vermute, obwohl er behauptet, daß es uralt ist und andere sagen, daß man es im Land seit Jahrhunderten kennt.«
    »Vielleicht stimmt beides«, antwortete sie trocken, »da einige unserer Gilde sehr lange leben. Doch nennt mir jetzt den Namen dieses Zauberers. Nein, wartet, denn ich möchte den Beweis dafür haben, daß Ihr in der Tat sein Botschafter seid, mit dem ich über die Toten sprechen kann, und über andere Dinge, Allan. Ihr könnt Arabisch lesen, nicht wahr?«
    »Ein wenig«, antwortete ich.
    Sie nahm von einem Hocker, der neben ihr stand, einen Bogen Papier, oder vielmehr einen Papyrus, und eine Feder, legte den Papyrus auf ihr Knie und schrieb etwas darauf, bevor sie ihn mir zusammengefaltet gab.
    »Jetzt nennt mir die Namen«, sagte sie, »und dann laßt uns sehen, ob sie mit denen übereinstimmen, die ich aufgeschrieben habe, denn wenn dem so ist, seid Ihr ein ehrlicher Mann, und nicht nur ein Wanderer oder ein Spion.«
    »Die Namen dieses Medizinmannes sind: Zikali, Öffner von Straßen, und ›Das-Ding-das-niemals-hätte-geboren-sein-sollen‹«, antwortete ich.
    »Lest, was ich geschrieben habe, Allan!« sagte sie.
    Ich faltete den Papyrus auseinander und las arabische Worte, die lauteten: ›Waffen, Spalter von Felsen, Einer, den Hunde anbellen, und vor dem Kinder weinen‹.
    »Die letzten beiden waren recht nahe«, sagte sie, »doch der erste war falsch.«
    »Nein, Ayesha, da Zikali in der Sprache dieses Mannes ›Waffen‹ bedeutet« – worauf sie in die Hände klatschte wie ein Kind –, »ist er ohne Zweifel ein großer Medizinmann, einer, der Dinge sieht und weiß, die andere nicht sehen, doch aus welchem Grund diese Figur, die nach seinem Ebenbild geschnitzt wurde, Macht besitzt, wie Ihr es eben behauptetet, verstehe ich nicht.«
    »Weil sein Geist in ihm steckt, Allan. Habt Ihr nie von den Ägyptern gehört, einem sehr weisen Volk, das, wie ich mich erinnere, verkündete, daß jeder Mensch sein Ka oder Double habe, ein zweites Ich, welches in einer Statue leben und ausgesandt werden kann?«
    Ich antwortete, daß ich davon gehört hätte.
    »Gut. Das Ka dieses Zikali steckt in diesem grauenhaften Bildnis von ihm, was vielleicht der Grund dafür ist, daß Ihr unbeschadet durch so viele Gefahren gehen konntet, und warum ich in der vergangenen Nacht so viel von ihm träumte. Sagt mir nun, was Zikali von mir will, deren Macht er so gut kennt.«
    »Ein Orakel, die Auflösung eines Rätsels, o Ayesha.«
    »Dann

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