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Titel: Sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Veranda hinunter? Großartige Idee. Vielleicht könnte er sich das Rückgrat brechen, das würde seine Gedanken dann eine Weile von den Beinen ablenken. Und wenn er dort draußen im strömenden Regen lag, würde es nicht lange dauern, bis er an Unterkühlung starb. Dann hätte die ganze Scheiße ein Ende.
    Unmöglich. Keine Chance, verdammt. Vielleicht werde ich krepieren, aber ich schwöre bei Gott, ich werde es nicht tun, bevor ich nicht die Chance gehabt habe, meinem größten Fan zu zeigen, wie sehr es mich gefreut hat, ihn kennenzulernen. Und das ist nicht nur ein Versprechen - es ist ein heiliges Gelübde.
    Die Vorstellung, es Annie heimzuzahlen, trug mehr dazu bei, seine Panik zu beseitigen, als es seine bittersten Selbstermahnungen gekonnt hatten. Ein wenig ruhiger drückte er auf den Schalter neben der Tür, welcher das Außenlicht
einschaltete, was ihm ausgezeichnet zupasskam - seit er sein Zimmer verlassen hatte, war auch der letzte Rest Tageslicht verschwunden. Annies Einfahrt war überschwemmt, ihr Hof war ein Morast aus Schlamm, Pfützen und schmelzendem Schnee. Indem er den Rollstuhl direkt links neben die Tür fuhr, konnte er zum ersten Mal die Straße sehen, die an ihrem Haus vorbeiführte, auch wenn sie wirklich nichts Besonderes war - Asphalt, zwei Fahrspuren zwischen schmelzenden Schneeufern, die glänzten wie Robbenfelle und nass von Regenwasser und Schneeschmelze waren.
    Vielleicht hat sie die Türen verriegelt, um die Roydmans draußen zu halten, aber es war gewiss nicht nötig, damit ich drinnen bleibe. Wenn ich mit diesem Rollstuhl nach draußen fahren würde, würde ich innerhalb von Sekunden bis zu den Radnaben im Schlamm stecken. Du wirst nirgendwo hingehen, Paul. Heute nicht und wahrscheinlich auch nicht in den nächsten Wochen - die Baseballsaison wird schon einen Monat lang laufen, bevor der Boden draußen so fest ist, dass du mit diesem Rollstuhl die Straße erreichen kannst. Es sei denn, du möchtest durch ein Fenster brechen und kriechen.
    Nein - das wollte er nicht tun. Er konnte sich nur zu leicht vorstellen, wie seine zerschmetterten Beine sich anfühlen würden, nachdem er zehn oder fünfzehn Minuten wie eine sterbende Kaulquappe durch kalte Pfützen und schmelzenden Schnee gekrochen war. Und selbst wenn er bis zur Straße käme, welche Chancen hätte er, ein vorbeifahrendes Auto anzuhalten? Die einzigen, die er jemals hier draußen gesehen hatte, waren außer Old Bessie der Bel Air von El Rancho Grande und das Auto, das hier vorbeigefahren
war und ihm solche Angst eingejagt hatte, als er sein »Gästezimmer« zum ersten Mal verlassen hatte.
    Er schaltete das Außenlicht aus und rollte zur anderen Tür, derjenigen zwischen Kühlschrank und Vorratskammer. Auch sie hatte drei Schlösser, und diese Tür führte nicht einmal nach draußen - jedenfalls nicht direkt. Daneben war ein weiterer Lichtschalter. Paul drückte darauf und sah einen ordentlichen Schuppenanbau, der an der Luvseite des Hauses verlief. An einem Ende erblickte er einen Hackklotz und eine Axt, die darin steckte. Am anderen befand sich ein Arbeitstisch, darüber Werkzeuge in Halterungen. Links davon sah er eine weitere Tür. Die Glühbirne draußen war nicht besonders hell, aber ihr Licht reichte aus, ihm zu zeigen, dass auch sie mit einem Riegel und zwei Kreig-Schlössern versehen war.
    Die Roydmans … alle … alle haben es auf mich abgesehen …
    »Ich weiß nicht, wie es bei denen aussieht«, sagte er in die leere Küche, » ich habe es ganz sicher auf dich abgesehen …«
    Er hakte die Türen ab und rollte in die Vorratskammer. Bevor er sich den Lebensmitteln auf den Regalen zuwandte, sah er die Streichhölzer. Er erblickte zwei Kartons mit Streichholzbriefchen und mindestens zwei Dutzend Schachteln Diamond Blue Tips, die ordentlich aufgestapelt waren.
    Einen Augenblick dachte er darüber nach, das Haus einfach in Brand zu stecken, tat den Einfall aber als seinen bislang lächerlichsten ab, und dann sah er etwas, was ihn doch noch einmal darüber nachdenken ließ. Hier drinnen war noch eine Tür, und die hatte keine Schlösser.

    Er öffnete sie und sah eine steile, wacklige Treppe, die schlingernd und stürzend in den Keller hinunterführte. Ein übler Geruch nach Feuchtigkeit und faulendem Gemüse schlug ihm aus der Dunkelheit entgegen. Er hörte leise, fiepende Geräusche und erinnerte sich, wie sie sagte: Wenn es regnet, kommen sie in den Keller. Ich stelle Fallen auf. Das muss ich.
    Er schlug hastig die

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