Sie
»Mr. und Mrs. Ralph Dugan« geworden.
Pauls Kopf schnellte hoch. Kam da ein Auto? Nein … nur der Wind. Ganz sicher der Wind. Er las weiter in Annies Buch.
Ralph Dugan hatte im Arapahoe-County-Hospital wieder begonnen, den Schwachen, Lahmen und Blinden zu
helfen; wahrscheinlich kehrte Annie in den altehrwürdigen Beruf der Krankenschwester zurück, die den Verletzten Hilfe und Trost zuteilwerden ließ.
Jetzt fängt das Morden an, dachte er. Die einzige Frage ist, kommt Ralph gleich zu Beginn, in der Mitte oder am Schluss?
Aber er irrte sich wieder. Statt einer Todesanzeige zeigte die nächste Seite die Fotokopie einer Makleranzeige. In der linken oberen Ecke der Anzeige befand sich das Foto eines Hauses. Paul erkannte es lediglich anhand des angebauten Stalles - schließlich hatte er das Haus nie von außen gesehen.
Darunter stand in Annies ordentlicher Handschrift: Anzahlung bezahlt am 3. März 1979. Papiere überreicht am 18. März 1979.
Ein Haus für den Ruhestand? Das bezweifelte Paul. Sommerwohnsitz? Nein - diesen Luxus hätten sie sich nicht leisten können. Also …?
Nun, vielleicht war es nur ein Fantasiegespinst - aber wie wäre es damit: Vielleicht liebt sie den alten Ralph Dugan wirklich. Vielleicht ist ein Jahr verstrichen, und sie kann immer noch nichts Bedummdusseltes an ihm riechen. Etwas hat sich ganz sicher verändert; keine Todesanzeigen seit …
Er blätterte zurück, um nachzusehen.
Seit Laura Rothberg im September 1978. Sie hatte etwa zu der Zeit, als sie Ralph kennenlernte, mit dem Töten aufgehört. Aber das war damals, und die Zeit vergeht; jetzt steigt der Druck allmählich wieder an. Die depressiven Phasen kommen wieder. Sie sieht diese alten Menschen … unheilbar krank … und sie denkt, was für arme,
arme Geschöpfe sie doch sind, und vielleicht denkt sie: Es ist diese Umgebung, die mich deprimiert. Meilenlange gekachelte Flure, und der Geruch und das Quietschen von Kreppsohlen und die Geräusche von Menschen, die Schmerzen leiden. Wenn ich von hier weg könnte, würde alles wieder gut werden.
Daher waren Ralph und Annie offenbar aufs Land zurückgekehrt.
Er blätterte die Seite um und blinzelte.
Auf den unteren Teil der Seite stand gekritzelt: 23. AUG. 1980 LECK MICH AM ARSCH!
Das Papier war dick, aber an manchen Stellen war es unter der wütenden Hand gerissen, die den Kugelschreiber geführt hatte.
Es war die Spalte SCHEIDUNGEN in der Nederlander Zeitung, aber er musste sie umdrehen, um sich sicher zu sein, dass Annie und Ralph dazugehörten; sie hatte das Blatt verkehrt herum eingeklebt.
Ja, da waren sie. Ralph und Annie Dugan. Scheidungsgrund: seelische Grausamkeit.
»Geschieden nach kurzer Krankheit«, murmelte Paul und sah wieder auf, als er glaubte, ein Auto näher kommen zu hören. Der Wind, nur der Wind … dennoch sollte er in sein Zimmer zurückkehren, wo er in Sicherheit war. Nicht nur wurden die Schmerzen in seinen Beinen immer schlimmer; er war kurz davor, endgültig die Fassung zu verlieren.
Aber er beugte sich wieder über das Buch. Auf eine unheimliche Weise war es einfach zu gut, um es wegzulegen. Es war wie ein Roman, der so widerwärtig war, dass man ihn einfach zu Ende lesen musste.
Annies Ehe hatte auf eine weitaus legalere Art und Weise ihr Ende genommen, als er erwartet hatte. Man konnte durchaus sagen, dass die Scheidung tatsächlich nach kurzer Krankheit erfolgt war. Eineinhalb Jahre eheliche Wonnen waren eigentlich nicht so viel.
Sie hatten das Haus im März gekauft, und das war ein Schritt, den man eigentlich nicht unternahm, wenn man spürte, dass eine Ehe in die Brüche ging. Was war geschehen? Paul wusste es nicht. Er hätte sich eine Geschichte ausdenken können, aber das wäre eben nichts weiter als eine Geschichte gewesen. Aber als er den Zeitungsausschnitt dann noch einmal las, fiel ihm etwas auf, was einen Hinweis geben konnte: Angela Ford von John Ford. Kirsten Frawley von Stanley Frawley. Danna McLaren von Lee McLaren. Und …
Ralph Dugan von Anne Dugan.
Es gibt diesen Brauch in Amerika, richtig? Niemand redet groß darüber, aber er existiert. Männer machen bei Mondschein ihren Antrag; Frauen reichen die Scheidung ein. So ist es nicht immer , aber meistens. Was können wir also aus dieser grammatikalischen Feinheit lernen? Angela sagte: »Bleib mir bloß weg, Jack!« Kirsten sagte: »Mach einen neuen Plan, Stan.« Danna sagt: »Fick dich ins Knie, Lee!« Und was sagt Ralph, der einzige Mann, der zuerst aufgeführt wird?
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