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Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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Mannschaft: Medium, Vermittler, Mädchen beziehungsweise Junge für alles; Zofe mit Kind, für die emotionale Glaubwürdigkeit; ein stämmiger Ehemann, der die Muskeln beisteuerte, und jene, die man zwar nicht sah, die aber bereitstanden. Lady Nicholson war eindeutig ihr Opfer. Zwar kein völlig ahnungsloses - denn sie hatte sich zur Vorsicht an völlig ahnungsloses - denn sie hatte sich zur Vorsicht an Doyle gewandt -, doch eines, dessen Qual zwingend ausreichte, um alle Ängste zu überwiegen. Nun mußte sich erst zeigen, wie die anderen auf sein unerwartetes Hiersein reagierten - doch bis jetzt war
unerwartet
wohl kaum der passende Begriff.
    »Wir alle sind Geschöpfe des Lichts und des Geistes, sowohl auf dieser Seite als auch auf eurer physischen Ebene. Leben ist Leben, Leben ist eins, die ganze Schöpfung ist Leben. Wir ehren das Leben und das Licht in euch, wie ihr dasselbe in uns ehrt. Auf dieser Seite sind wir alle eins, und wir wünschen euch auf eurer Seite Harmonie, Segen und immerwährenden Frieden«, stieß das Medium atemlos hervor, aber es klang wie eine standardisierte, eingeübte Präambel. Dann wandte sie sich dem Finsteren zu und nickte freundlich: Sein Zeichen, die Vorbereitungen in Angriff zu nehmen.
    »Der Geist heißt Sie willkommen«, sagte er an Lady Nicholson gewandt. »Er ist sich Ihrer mißlichen Lage bewußt und möchte Ihnen auf jede ihm mögliche Weise helfen. Sie können ihn direkt ansprechen.«
    Lady Nicholson rang plötzlich mit einer tiefgründigen Unsicherheit. Sie antwortete nicht - als könne die erste Frage das Eingeständnis sein, daß alle Überzeugungen, die sie in ihrem Leben gesammelt und erfahren hatte, falsch gewesen seien.
    »Wir können auch gehen«, bot ihr Bruder an und beugte sich vor. »Wenn du willst, gehen wir.«
    »Beginne mit deinem Sohn«, sagte das Medium.
    Sie blickte überrascht auf und heftete ihren Blick fest auf das Medium.
    »Du bist gekommen, um dich nach deinem Sohn zu erkundigen.«
    Ihre Augen schimmerten feucht. »O mein Gott...«
    »Was möchtest du den Geist fragen?« Das Medium setzte ein Lächern auf, doch es wirkte gekünstelt.
    »Woher wissen Sie davon?« Tränen liefen über ihre Wangen. »Ist dein Sohn hinübergegangen?« Das Lächeln blieb.
    Sie schüttelte verständnislos den Kopf.
    »Hat es einen Todesfall gegeben?« fragte der Finstere.
    »Ich bin mir nicht sicher. Das heißt, wir wissen es nicht...« Sie gab erneut auf.
    »Es geht darum«, warf ihr Bruder ein, »daß er verschwunden ist. Seit vier Tagen. Und er ist erst drei Jahre alt.«
    »Sein Name ist William«, sagte das Medium, ohne zu zögern. Wahrscheinlich war es die Aufgabe des Finsteren gewesen, dies herauszufinden.
    »Willie.« Lady Nicholsons Stimme war voller Emotion; sie hatte angebissen.
    Doyle schaute sich verstohlen im Zimmer um. Er musterte die Decke und die Gobelins, suchte nach Drähten und Projektionsapparaten, die von oben herabhingen. Doch er entdeckte nichts.
    »Bei der Polizei sind wir nämlich schon gewesen. Es hat nichts genützt...«
    »Wir wissen nicht, ob er tot ist oder noch lebt!« Lady Nicholsons aufgestauter Kummer explodierte. »Um Himmels willen, wenn Sie soviel wissen, dann wissen Sie auch, warum ich hier bin.« Ihr Blick suchte für einen kurzen Moment den von Doyle, und sie spürte sein Mitgefühl. »Bitte, bitte, sagen Sie es mir. Sonst werde ich noch verrückt.«
    Das Lächeln des Mediums flaute ab. Sie nickte ernst. »Einen Moment«, sagte sie. Sie schloß die Augen, ihr Kopf kippte wieder nach hinten. Der Kreis der Hände blieb ungebrochen. Die nun folgende Stille war dicht und drängend.
    Die schwangere Frau stieß ein Keuchen aus. Sie blickte auf eine Stelle, etwa einen Meter achtzig über dem Tisch, an der sich nun ein perfekter Kreis aus weißem Dunst materialisierte, der sich wie ein Globus auf einem zentralen Angelpunkt drehte. Aus seinem Innersten spritzten sich ausdehnende, flockige Verlängerungen hervor und zerlegten ihn nach und nach in eine flache, viereckige Ebene. Indem sie ihre Dichte veränderten, breiteten sich Einzelstücke aus und nahmen zielbewußt die Dimensionen einer willkürlichen Topographie an - Vorgebirge, Spalten, Halbinseln, alles innerhalb der unsichtbaren Begrenzungen, die so starr waren wie ein vergoldeter Rahmen.
    Eine Landkarte? Die Verschiebungen verlangsamten sich, Bezugspunkte kristallisierten sich heraus, bis mit einem Ansturm an Verdichtung die wahre Natur des Abbildes sichtbar wurde: Ein Werk aus Schatten

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