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Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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anzuhören. »Es ist möglich«, beharrte Sacker.
    Doyle empfand einen Ruck der Delokalisation. Ihm war, als träume er. Sein Bewußtsein kämpfte darum, über der Flutwelle des Entsetzens und der Bestürzung zu bleiben. Tatsache war: Er hatte sich nicht nur den Titel seines Buches, sondern auch die Motive der Bösewichte aus den indifferenten Werken der Madame Blavatsky ausgeliehen. Wer hätte denn annehmen können, daß sein geringfügiger Diebstahl sich so abscheulich rächen würde?
    »Aber wenn ihnen mein Buch in die Hände gefallen ist...«
    »Versetzen Sie sich in ihre Lage: Welchen Lebenszweck haben diese kranken Ungeheuer ohne die - ob nun real oder eingebildet - sie bedrohende Existenz schrecklicher Gegner, die überhaupt nur dazu dienen, ihre wahnsinnige Selbsterhöhung noch zu steigern?«
    »Man glaubt, ich wäre ihnen irgendwie auf die Schliche gekommen ...«
    »Wenn sie vorgehabt hätten, Sie einfach umzubringen, hätten sie sich den ganzen Ärger gar nicht erst aufgehalst - was mich zu der Annahme bringt, daß man Sie lebend haben will. Falls dies Sie beruhigt.«
    »Aber man muß doch ... Ich meine, sie können doch nicht glauben ... In Gottes Namen, es handelt sich doch nur um ein Buch!«
    »Ja. Bedauerlicherweise.«
    Doyle starrte Sacker an. »Und was hat all das mit Ihnen zu tun?«
    »Ach, ich bin dieser Brut schon länger auf der Spur als Sie.«
    »Aber ich bin ihnen doch nie auf der Spur gewesen! Ich habe bis zu diesem Augenblick nicht einmal gewußt, daß sie überhaupt existieren.«
    »Nun ja, aber das würde ich ihnen nicht unbedingt auf die Nase binden. Sie etwa?« Doyle war sprachlos.
    »Glücklicherweise hat meine Beschattung heute abend etwas erbracht. Aber leider bin ich nun auch so etwas wie ein Gezeichneter.«
    Sacker klopfte gegen das Dach. Die Kutsche hielt. »Seien Sie versichert: Heute abend haben wir ihnen einen echten Knüppel zwischen die Beine geworfen. Halten Sie die Ohren steif und vergeuden Sie keine Zeit. Ich würde mir auch nicht die Mühe machen, mit dieser Geschichte zur Polizei zu gehen, weil man sie dort für
verrückt
halten würde. Oder jemand in einer hohen Position könnte davon erfahren und Ihnen dann möglicherweise noch mehr schaden.«
    »Mehr schaden als Mord?«
    Sackers Lächeln erlosch. »Es gibt Schlimmeres«, sagte er. Dann öffnete er die Tür. »Viel Glück, Doyle. Wir bleiben in Verbindung.«
    Er streckte die Hand aus. Doyle schüttelte sie. Er kam erst wieder zu sich, als er auf der Straße vor dem Eingang seines Hauses stand. Er sah, daß der narbige Kutscher an seinen Hut tippte, wendete und die Peitsche schwang. Die Kutsche tauchte eilig in die Nacht hinein.
    Doyle öffnete die Hand, die er Sacker zum Abschied gereicht hatte. In ihr lag ein kleines, vorzüglich gearbeitetes silbernes Abzeichen in Form eines menschlichen Auges.

Leboux
    DOYLES VERSTAND GLICH einem wirbelnden Mahlstrom. Er schaute auf seine Uhr: 9.25 Uhr. Der Karren eines Metallwarenhändlers ratterte vorbei. Er fröstelte in nostalgischem Sehnen, während die nüchterne Welt, in der er bis auf die letzten zwei Stunden sein gesamtes Leben verbracht hatte, sich wie erlöschender Sonnenschein von ihm zurückzog. In einer Zeit, die man zum Brotbacken braucht, hatte er gesehen, wie sein Leben, wenn nicht gar die gesamte Vorstellung, die er vom Universum hatte, auf den Kopf gestellt worden war.
    In der Stille, die der vorbeifahrende Karren zurückließ, trieben Gestalten und Gesichter aus dem Dunkel; sämtliche Schatten schienen vor verborgenen, scheußlichen Gefahren zu pulsieren. Doyle beeilte sich, die relative Sicherheit seiner Türschwelle zu erreichen.
    Aus einem Fenster hoch oben schaute ein Gesicht auf ihn hinab. Es war seine Nachbarin, die Russin Petrovitch. Moment mal war da hinter ihr nicht noch ein zweiter Kopf gewesen? Er sah noch einmal hoch: Die beiden Gesichter waren verschwunden, die Vorhänge schwangen lautlos hin und her.
    Strömte die Treppe, sonst stets ein Vorbote der erfreulichen Aussicht auf sein Heim und die dazugehörige Behaglichkeit, plötzlich eine Aura bösartiger Bedrohung aus? Doyle, ganz und gar nicht mehr sicher, ob er seinen Sinnen noch trauen konnte, nahm den Revolver in die Hand, vertraute darauf, daß die gefüllte Trommel mit allem fertig wurde, was ihn erwartete, und erstieg langsam die einundzwanzig Stufen. Die Tür zu seiner Wohnung kam in sein Blickfeld. Sie stand offen.
    Dort, wo einmal der Türknauf gewesen war, war das Holz zersplittert. Die

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