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Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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aus.
    »Wir sind noch nicht in Sicherheit«, fiel der Mann ihm mit leiser Stimme ins Wort.
    »Na schön, aber ich glaube, es ist an der Zeit, daß wir ein paar Worte miteinander ...«
    »Nichts lieber als das.«
    Damit verfiel der Mann wieder in Schweigen. Doyle blieb keine andere Wahl, als ihm zu folgen. Sie hielten sich im Dunkeln und blieben zweimal stehen, als erneut das schrille Pfeifen erklang jedesmal aus unterschiedlicher Entfernung, so daß Doyle die unangenehme Möglichkeit in Erwägung ziehen mußte, daß ihnen mehr als ein Vermummter auf den Fersen war. Er war schon bereit, die Stille zu durchbrechen, als sie um eine Ecke bogen und auf eine wartende zweirädrige Kutsche stießen, deren Führer, ein kleiner gedrungener Mann, auf dem Bock hockte. Der Fremde gab ihm ein Zeichen, und der Kutscher wendete, so daß eine schartige Narbe sichtbar wurde, die schräg über seine rechte Gesichtshälfte verlief. Als der Mann die Tür des sich bewegenden Fahrzeugs öffnete und einstieg, nickte der Kutscher kurz, wandte sich seinen Pferden zu und ließ die Peitsche knallen. »Steigen Sie also ein, Doyle«, sagte der Mann. Doyle trat auf die Stufe, drehte sich jedoch noch einmal um, als er rechts von sich ein schwaches Pochen hörte. Eine lange, bösartige Klinge hatte die geöffnete Kutschentür durchdrungen, und ihre zitternde, rasiermesserscharfe Spitze war nur wenige Zentimeter von seinem Brustkorb entfernt. Die Kutsche fuhr an. Eine schrille, beharrliche Variante des abscheulichen Pfeifens erfüllte die Luft. Die Kutsche beschleunigte. Doyle schaute zurück: Der Vermummte stand zwanzig Meter hinter ihm, zog einen neuen, ebenso gefährlich aussehenden Dolch aus dem Gürtel und jagte mit unglaublicher Schnelligkeit hinter ihnen her. Jetzt sprang er mit einem erstaunlichen Satz auf das Trittbrett der dahinjagenden Kutsche und suchte im offenen Türrahmen Halt. Doyle wurde ins Innere des Fahrzeugs gerissen. Er zog sich in die hinterste Ecke zurück, versuchte sich daran zu erinnern, in welche Tasche er die Pistole gesteckt hatte und hörte, daß die Tür auf der anderen Seite geöffnete wurde. Er schaute auf und sah einen wehenden Rockschoß. Der Fremde war geflohen und hatte ihn mit dem gnadenlosen Verfolger allein in der Falle zurückgelassen. Wo war die Pistole?
    Als die vermummte Gestalt im Türrahmen die Balance zurückerlangt hatte und den Dolch hob, hörte Doyle, daß sich auf dem Dach ein Gewicht verlagerte. Darm sah er durch das offene Fenster, daß sich sein Freund nach unten schwang, mit seinen Füßen gegen die offene Tür trat, sie zuschlug und hochschnellend die Spitze des in ihr steckenden Dolches tief in die Brust des Angreifers trieb. Mit einem widerlich miauenden Schrei trat der Vermummte um sich und zerrte panisch an der in ihm steckenden Klinge, wobei er seine Hände übel zurichtete. Dann wurde er schlagartig steif und hing wie ein aufgespießtes Insekt an der Tür.
    Doyle rappelte sich in der schaukelnden Kutsche auf und sah sich den Vermummten näher an. Grobe Kleidung. Fast neue Nagelstiefel. Er suchte nach dem Puls, ohne Erfolg. Er wollte gerade zu einer Bemerkung darüber ansetzen, daß der Tote nicht blutete, als sein Retter durch das Fenster griff, der Leiche die graue Kapuze herunterriß und sie fortschleuderte.
    »Herr im Himmel!«
    Ein schraffiertes Muster symmetrischer Narben zog sich über das kalkweiße Gesicht. Augen und Lippen des Mannes waren auf primitive Weise mit grobem, gewachstem, blauem Zwirn zugenäht.
    Doyles Begleiter hielt sich am Dach fest und öffnete die Tür erneut. Die Leiche schwang ins Freie. Neben der dahinrasenden Kutsche schwebend, löste das durch die Schlaglöcher verursachte Rucken und Poltern bei dem Toten ein unkontrolliertes Zucken aus. Plötzlich zog Doyles Gefährte den Dolch mit einem kräftigen Ruck aus der Tür. Die Leiche fiel zu Boden und verschwand hinter ihnen.
    Der Mann drehte sich mit einer geschickten Bewegung in die Kutsche hinein, zog die Tür hinter sich zu und nahm gegenüber dem entsetzten Doyle Platz. Er holte zweimal tief Luft, und dann ...
    »Möchten Sie etwas trinken?«
    »Was hätten Sie denn?«
    »Cognac«, sagte der Mann. »Für medizinische Zwecke.« Er hielt ihm eine silberne Taschenflasche hin.
    Doyle nahm sie und trank. Es war
tatsächlich
Cognac, und ausnehmend guter noch dazu. Der Mann musterte ihn, und Doyle sah ihn im blassen, bernsteinfarbenen Licht der Kutschenleuchte zum ersten Mal in aller Deutlichkeit. Sein Gesicht war

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