Sieben Erzaehlungen
mein kleines nützliches Auto. Jetzt sieht es fast graziös aus, hat einen lächelnden Ausdruck, freut sich offensichtlich darüber, daß auch ihm ein Platz auf der Welt beschieden ist. Kein Zweifel, welch außergewöhnliche Fügung: gerade gegenüber dem Haus, in dem ich arbeite, mitten im Zentrum der Stadt! Man soll nie im Leben verzweifeln.
Es vergehen ein paar Stunden, und ich meine, ein den ununterbrochenen Lärm der Fahrzeuge übertönendes aufgeregtes Geschrei zu vernehmen. Mit düsterer Vorahnung trete ich ans Fenster. Oh, ich wußte es doch, ein Verrat mußte sich unten vollziehen, allzu leicht war es gegangen. Tatsächlich hatte ich nicht bemerkt, daß dort, wo ich mein Auto abgestellt hatte, in die Hauswand eine Falltür eingelassen war. Diese hatte man jetzt geöffnet und ein großer Lastwagen will herausfahren. Drei Männer in Arbeitskitteln sind, gutturale Verwünschungen ausstoßend, dabei, mein Auto ruckweise anzuheben und zu schieben. Mit der bloßen Kraft der Arme entwurzeln sie es aus dem bequemen Loch, so leicht ist es, und stoßen es weiter vor, so daß der Lastwagen ausfahren kann. Dann entfernen sie sich.
Mein Auto bleibt daher verlassen quer über der Straße stehen, so daß der Verkehr blockiert ist. Schon hat sich eine Wagenschlange gebildet, und zwei Polizisten sind herbeigeeilt, ich sehe, wie sie in ihren Notizbüchern schreiben. Ich stürze nach unten, beseitige das Auto, ich weiß nicht wie, es gelingt mir, das Mißverständnis den beiden Schutzleuten zu erklären und einer Strafe zu entgehen. Aber dort bleiben kann ich nicht. Von neuem also bin ich eingesaugt vom Strudel, der sich dreht und dreht und nicht stillstehen kann, weil kein Platz zum Stillstehen da ist.
Ist das ein Leben? Weiter also in Richtung auf die Peripherie, wo der Kampf weniger wild, gnädiger der Raum ist. Da unten gibt es beinah verlassene Straßen und Alleen, so wie die Wege der Innenstadt in vergangenen Zeiten waren, wenn wahr ist, was die Alten erzählen. Aber es sind weit entfernte und ärmliche Posten. Wem nützt das Auto, wenn man es in dieser Verbannung lassen muß? Und dann, was soll am Abend geschehen? Heute Abend kommt das Dunkel, und auch die Automobile werden müde wie wir sein und das Bedürfnis nach einer häuslichen Unterkunft verspüren.
Aber die Autogaragen sind überfüllt. Die Besitzer, bis vor einigen Jahren bescheidene und freundliche Menschen, die wir als unseresgleichen ansehen konnten, sind mächtige Persönlichkeiten geworden, in deren Nähe man nicht gelangt. Es ist schon viel, wenn man mit ihren Buchhaltern, oder Sekretären oder anderen Henkersknechten sprechen kann, aber auch die sind nicht mehr die diensteifrigen jungen Männer von früher. Sie lächeln nicht mehr, hören mit Würde unsere jämmerlichen Bittgesuche an. „Aber wissen Sie nicht“, antworten sie, „daß wir schon etwa zwanzig Vormerkungen haben? Vor Ihnen zum Beispiel den Ingenieur Zolito, den Präsidenten der F. L. A. M. den Professor Syphoneta, den Grafen El Motero, die Baronesse Spicchi.“ Alles große Namen, von Millionären und Potentaten, berühmten Chirurgen, Großgrundbesitzern, Opernsägern, zitiert, um mich einzuschüchtern. Außerdem, auch wenn sie es mir nicht sagen, alte und abgenutzte Wagen wie der meine sind nicht willkommene Gäste: Das Prestige des „Hauses“ leidet unter ihnen. Habt ihr noch nie die angeekelten Grimassen der Portiers bemerkt, wenn ein heruntergekommenes Subjekt in einem Grand Hotel erscheint?
Immer weiter also, durch die Vorstädte, durch Feld und Heide, noch weiter, mit Wut trete ich den Gashebel ganz nach unten. Die Räume werden immer ausgedehnter und feierlicher. Jetzt das Brachland, nun der Rand der Savanne, dann die Wüste, wo die Straße sich in der unendlichen Einförmigkeit des Sandes verliert.
Halt schließlich. Ich schaue umher, kein Mensch ist zu sehen, kein Haus, nirgendwo ein Zeichen des Lebens. Allein, endlich. Nur das Schweigen.
Ich stelle den Motor ab, steige aus, schließe die Wagentür. „Leb wohl“, sage ich, „du bist ein braves kleines Auto gewesen, das ist wahr, im Grunde hab ich dich gern. Verzeih mir, wenn ich dich hier verlasse, aber wenn ich dich in einer bewohnten Straße ließe, würde man mich früher oder später mit einem Stoß von Strafmandaten aufsuchen. Und du bist alt, bist häßlich, entschuldige meine Offenheit, niemand würde dich haben wollen.“
Es antwortet nicht. Ich mache mich zu Fuß auf den Weg und denke: „Was wird diese
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