Sieben Erzaehlungen
gewissen unsagbaren Seufzern, die aus der Motorhaube drangen, obschon der Motor abgestellt war, auf das Schlimmste schließen mußte.
Was tun? Um einen Rat zu bekommen, gedachte ich, mich an den alten Mechaniker Celada zu wenden, der außer seinen mexikanischen Erfahrungen angeblich über die Kenntnis einer Spezialmixtur aus Mineralöl verfügte, die ein wunderbares Heilmittel sein sollte. Obschon Mitternacht schon vorbei war, rief ich das Café an, wo er gewöhnlich fast jeden Abend Karten spielte. Er war da. „Celada“, sagte ich, „du bist immer mein Freund gewesen.“ „Oh, ich hoffe doch.“
„Wir waren immer gleicher Meinung.“
„Gott sei Dank.“
„Kann ich mich auf dich verlassen ...“ - „Natürlich!“ „Dann komm. Ich möchte, daß du dir den Rolls Royce ansiehst.“
„Ich komme sofort.“ Und bevor er den Hörer auflegte, glaubte ich ein leichtes Lachen zu hören.
Ich blieb, auf einer Bank sitzend, um zu warten, während aus der Tiefe des Motors ein immer häufigeres Röcheln ertönte. In Gedanken zählte ich die Schritte von Celada und berechnete die Zeit, in kurzem müßte er hier sein. Und während ich die Ohren spitzte, um zu hören, wenn der Mechaniker ankam, vernahm ich auf einmal ein Scharren von Füßen im Hofe, aber nicht die eines einzelnen Menschen. Ein fürchterlicher Verdacht stieg in mir auf. Und nun öffnete sich die Tür der Garage, und zwei schmutzige kastanienbraune Overalls erschienen, die auf mich zukamen, zwei verdächtige Visagen, zwei Totengräber, mit einem Wort: ich sah das halbverdeckte Gesicht von Celada, der sich hinter einem Türflügel verborgen hielt und von dort ausspähte.
„Ah, du schmutziges Aas, hinaus, ihr Hunde!“ Und ich suchte keuchend eine Waffe, einen Schraubenschlüssel, eine Eisenstange, einen Stock. Aber jene waren schon über mich hergefallen, und zwischen ihren kräftigen Armen wurde ich ziemlich schnell ein Gefangener.
„Du Lump“, schrien sie mit Grimassen voll Wut und Hohn, „du willst dich gegen die Kontrolleure der Stadtverwaltung auflehnen, gegen Beamte, die im öffentlichen Dienst stehen und für das Wohl der Stadt arbeiten!“ Und sie fesselten mich an die Bank, nachdem sie mir, Höhepunkt der Verspottung, das bei „Sicherstellung zum Zwecke der Aufbewahrung“ vorgeschriebene Formular in eine Tasche gesteckt hatten. Schließlich setzten sie den Rolls Royce in Bewegung, der sich mit einem Geheul entfernte, das schmerzhaft, doch von erhabener Würde war. Er schien mir Lebewohl sagen zu wollen.
Als mir nach einer halben Stunde schrecklicher Anstrengungen gelungen war, mich zu befreien, stürzte ich, ohne nur einmal die Marchesa von dem Vorgefallenen zu unterrichten, in die Nacht hinaus und rannte wie ein Verrückter zum Lazarett, jenseits der Reitbahn, in der Hoffnung, rechtzeitig anzukommen.
Aber gerade, als ich dort anlangte, verließ Celada mit den beiden Totengräbern das Gehege, er eilte an mir vorbei, wie wenn er mich noch nie gesehen hätte, und wurde vom Dunkel verschluckt.
Nicht gelang mir, ihn einzuholen, nicht gelang mir, in das Lager einzudringen, nicht gelang mir, die Einstellung des Zerstörungswerkes zu erwirken. Lange verharrte ich, ein Auge an einen Spalt der Bretterwand gepreßt, ich sah den Scheiterhaufen der unglücklichen Autos, dunkle Umrisse wanden sich zuckend in den Gluten. Wo war mein Auto? Unmöglich, in diesem Inferno etwas zu unterscheiden. Nur für einen Augenblick glaubte ich, seine teure, das wilde Brausen der Flammen übertönende Stimme wiederzuerkennen, ein Schrei höchster Not, herzzerreißend, der sofort im Nichts dahinschwand.
SCHNELLZUG
„Diesen Zug nimmst Du?“ „Ja, diesen Zug.“ Die Lokomotive wirkte erschreckend unter den rauchgeschwärzten Gewölben der Bahnhofshalle, sie sah aus wie ein wilder Stier, stampfend vor Ungeduld, vorwärts zu stürzen. „Mit diesem Zug reist Du?“ fragte man mich. Tatsächlich flößte er Furcht ein, so rasend war der Druck des Wasserdampfes, der zischend den Ventilen entwich. „Mit diesem“, antwortete ich.
„Und wohin?“ Ich nannte den Namen. Nie hatte ich ihn jemals ausgesprochen, nicht einmal im Gespräch mit Freunden, aus einer Art von Scham, den großen Namen, den größten, das märchenhaft wunderbare Ziel. Ihn hier niederzuschreiben, fehlt mir der Mut.
Nun schauten sie mich an, einer so, der andre so: zornig die einen wegen meiner Schamlosigkeit, höhnisch andere wegen meines Ehrgeizes, wieder andere mitleidig wegen meiner
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