Sieben Erzaehlungen
Nacht geschehen? Werden die Hyänen kommen? Werden sie es verschlingen?“
Es ist fast Abend. Ich habe einen Arbeitstag verloren. Vielleicht erwartet mich die Kündigung. Ich kann nicht mehr vor Müdigkeit. Und doch, ich bin frei, endlich frei! Ich hüpfe, eine sonderbare Leichtigkeit in den Gliedern, deute Tanzschritte an. Evviva! Ich drehe mich um, das Auto, ganz im Hintergrund, winzig, sieht aus wie ein kleiner Mistkäfer, eingeschlafen im nackten Schoß der Wüste.
Aber da unten ist doch ein Mann! Ein großer Mann, bärtig, wenn ich nicht irre, trägt er eine Mütze von militärischem Aussehen, und er macht mir Zeichen des Protestes, und er heult, heult.
Ah, nein, genug. Ich hüpfe, ich laufe, ich galoppiere auf meinen nicht mehr jungen Beinen, stampfe, fühle mich leicht wie eine Feder. Die Schreie des verdammten Wächters verlieren sich nach und nach hinter meinem Rücken.
DIE AUTOPEST
An einem Septembermorgen fuhr in der Garage Iride in der Mendozastraße - zufällig war ich anwesend - ein grauer Wagen einer exotischen Marke und von ungebräuchlicher Form vor, der ein ausländisches Nummernschild trug, das man nie zuvor gesehen hatte.
Der Besitzer der Garage, ich, mein alter Freund der Obermechaniker Celada und die anderen Arbeiter waren alle in der Werkstatt. Aber durch eine Glastür konnte man in den großen Verkaufsraum sehen.
Dem Wagen entstieg ein Herr gegen die Vierzig, groß, blond, sehr elegant, ein wenig gebeugt, der besorgt um sich schaute. Der Motor war nicht abgestellt und lief minimal. Trotzdem ging von ihm ein merkwürdiges Geräusch aus, das ich nie gehört hatte, ein trockenes Gekreische, fast wie wenn die Zylinder Steine mahlten. Sofort sah ich, wie Celada erbleichte. „Heilige Madonna“, murmelte er, „das ist die Pest. Genau wie in Mexiko. Wie gut ich mich daran erinnere.“ Dann lief er auf den Unbekannten zu, der kein Wort italienisch verstand. Aber dem Mechaniker war so sehr daran gelegen, daß jener sich entferne, daß ihm auch Zeichen genügten, um sich verständlich zu machen. Und der Fremde fuhr ab, immer mit diesem angsterregenden Motorengeräusch.
„Du gibst ja schön an“, sagte der Garagenbesitzer zum Obermechaniker, als dieser in die Werkstatt zurückkehrte. Wir alle kannten sie recht gut, nach hundertmaligem Hören, diese unwahrscheinlichen Geschichten Celadas, der in jungen Jahren in Amerika gewesen war.
Der blieb gelassen. „Ihr werdet schon sehen“, sagte er, „was für eine schlimme Sache das für uns werden wird.“
Dies war, soviel ich weiß, das erste Vorpostengefecht der Geißel, der erste Glockenschlag, der das dröhnende Geläute des Todes einleitete.
Drei Wochen immerhin vergingen, bevor ein anderes
Symptom sich meldete. Es war eine zweideutige Bekanntmachung der Stadtverwaltung: Zur Vermeidung von „Mißbrauch und Unregelmäßigkeiten“ seien besondere Abteilungen unter der Verwaltung der Verkehrs- und der Schutzpolizei gebildet worden, - so hieß es -, welche die Aufgabe hätten, die Leistungsfähigkeit der öffentlichen und privaten Kraftfahrzeuge, auch zu Hause und in den Garagen, zu kontrollieren und wenn nötig, die „Sicherstellung zum Zwecke der Aufbewahrung“ auch die unverzügliche, anzuordnen. Bei einer so unbestimmten Ausdrucksweise war es unmöglich, die eigentliche Absicht der Bekanntmachung zu erraten, und in der Öffentlichkeit blieb sie daher unbeachtet. Wer hätte argwöhnen können, daß jene „Kontrolleure“ nichts anderes als Totengräber sein würden?
Zwei weitere Tage mußten verstreichen, ehe Besorgnis entstand. Mit Blitzesschnelle verbreitete sich dann vom einen Teil der Stadt bis zum anderen das Gerücht, so unwahrscheinlich es auch war, die Autopest sei ausgebrochen.
Über die ersten Anzeichen und die Folgen des geheimnisvollen Übels erzählte man sich alles mögliche. Die Infektion äußere sich zuerst in einer hohlen Resonanz des Motors, wie wenn dieser sich erkältet habe. Dann schwöllen die Gelenke zu scheußlichen Höckrigkeiten an, ihre Oberfläche bedecke sich mit gelben und stinkenden Krusten, schließlich löse sich der ganze Motor in ein verzerrtes Knäuel von Achsen, Triebstangen und zerbrochenem Getriebe auf.
Was die Ansteckung anbelangt, so meinte man, daß sie durch die Auspuffgase bewirkt würde, die Automobilisten vermieden daher die belebten Straßen, das Stadtzentrum wurde fast menschenleer, und die Stille, so oft beschworen, hier ließ sie sich souverän und beklemmend nieder. Oh ihr
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