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Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends

Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends

Titel: Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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diesem Maß«, stimmte Goten ihr zu. »Beinah alle, aber –«.
    »Aber du bist natürlich anders«, fuhr sie ihm frech ins Wort.
    »Ja.«
    »Und wie darf ich das verstehen?«
    »Ich diene nicht der Kirche. Ich diene der Kraft des Guten. Das ist der große Unterschied. Nicht der Papst gibt mir Befehle, sondern mein eigenes Gewissen, mein Verständnis von Gut und Böse.«
    »Aber du bist ein Hexenjäger der Kirche!«
    »Nur nach außen hin.«
    »Aber das –«.
    »Was?« Er lächelte im Schatten seiner Kapuze. »Willst du mir erzählen, dass dich das erschreckt? Ach, Dea … Wäre ich wirklich der, für den du mich hältst, hätte ich dann nicht als Erstes deine Amme verurteilen müssen? Ich weiß, dass sie nichts vom Christentum hält. Sie huldigt den alten Göttern des Waldes und des Wassers. In den Augen mancher ist sie deshalb eine Hexe. Dennoch würde ich ihr niemals ein Haar krümmen.« Er schwieg einen Moment, dann fügte er hinzu: »Stattdessen habe ich den fetten Händler bestraft.«
    »Aber du bestrafst, weil du es für richtig hältst!«, entfuhr es Dea aufgeregt. »Für wen hältst du dich? Für Gott?«
    »Nicht Gott, Dea. Es gibt keinen Gott. Nur Menschen, die in seinem Sinne handeln.«
    Sie starrte ihn fassungslos an. »Du bist Priester! Wie kannst du da sagen, dass es keinen Gott gibt?«
    »Weil ich schon lange den Glauben an ihn verloren habe.« Seine Lippen verzogen sich im Schatten zu einem schmalen Lächeln. »Ich hab dich gewarnt: Ich mag es, wenn jemand ausspricht, was er denkt.«
    »Trotzdem – wie kannst du allein entscheiden, wer gut ist und wer böse?«
    »War denn Ottwald für dich kein Schurke? Er wollte zusehen, wie ihr alle draußen vor der Kirche zu Grunde geht, während er drinnen in Sicherheit sitzt!«
    »Niemand wäre zu Grunde gegangen«, entgegnete sie leise. »Unser Priester sagt, die Welt wird nicht untergehen.«
    »Natürlich wird sie das nicht. Aber Ottwald war davon überzeugt. Darum geht es. Er wollte euch sterben lassen. Und du behauptest, er sei kein böser Mensch gewesen?«
    »Auf jeden Fall darf sich keiner das Recht herausnehmen, ihn deshalb bei lebendigem Leibe zu verbrennen.«
    »Er hätte nicht gezögert, euren Priester zu töten, wenn der Alte es darauf angelegt hätte.«
    Dea ballte die Fäuste. Allmählich gingen ihr die Argumente aus. Sie wusste, dass Goten im Unrecht war. Aber wie sollte sie ihm das klarmachen? Und, viel wichtiger: Was würde das schon ändern? Gar nichts.
    »Gut«, sagte sie mit einem Seufzen. »Lassen wir das.«
    Goten lachte. »Wir werden noch genug Zeit haben, über diese Dinge zu sprechen. Ich merke schon, wie sehr es mir gefällt, dich bei mir zu haben.«
    Dea sah ihn zweifelnd an. »Wirklich?«
    Der Hexenjäger nickte. »Wirklich.«
    Eine solche Woge von Freude fuhr durch ihren Körper, dass sie Mühe hatte, ihre Gefühle zu verbergen. Aber sie wollte nicht, dass Goten bemerkte, was in ihr vorging – schließlich musste sich erst erweisen, ob sie tatsächlich Freunde werden würden.
    Freunde, dachte sie verwirrt – und das mit einem Mann, der ohne eine Regung einen Menschen getötet hatte. Liebe Güte, wie war sie nur in solch eine verzwickte Lage geschlittert?
    »Was ist nun?«, fragte er bald darauf. »Willst du meine Schülerin sein? Meine Gehilfin?«
    Sie tat, als überlege sie, aber in Wahrheit stand ihre Entscheidung längst fest.
    »Ja.« Sie schloss die Augen, um dann, als sie die Lider wieder öffnete, eine Welt vor sich zu sehen, die nicht mehr die ihre war. Gewiss, der Wald war derselbe, ebenso der Schnee. Und doch war irgendwie alles anders. Sie konnte es fühlen.
    Sie war jetzt ein Teil von Gotens Welt. Der Welt eines Hexenjägers.
    Und plötzlich war ihr schrecklich kalt.

Das Arkanum
    Zur gleichen Zeit an einem anderen Ort, viele Tagesritte von Giebelstein entfernt, fragte sich der böseste Mann der Welt, wie es wohl kam, dass er, ausgerechnet er, eine Laus in seinem Bart entdecken musste.
    Abakus – seines Zeichens Hexenmeister und Magister der schwarzen Magie – stieß einen Fluch aus, der irgendwo in einem fernen Land wie von Geisterhand den Turm eines Tempels zum Einsturz brachte. Er selbst wusste freilich nichts davon, und hätte er es gewusst … nun, er hätte wohl herzhaft darüber gelacht. Und mehr noch über die Menschen, die lebendig unter den Trümmern des Turmes begraben wurden.
    Aber da Abakus noch nicht herausgefunden hatte, wie mächtig er und seine Magie tatsächlich waren, passierten ihm manchmal solche

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