Sieben Tage: Thriller (German Edition)
das Opfer könne etwas in der Hand gehalten haben.
»Hmm«, brummte Pagel, setzte die Lesebrille auf und blätterte die Akte durch. »Das bezweifle ich. Zum einen wegen der Auffälligkeiten in diesem Fall – keine Verteidigungswunden oder Hämatome«, murmelte er in Gedanken. »Es war eine Art Überraschungsangriff. Von vorne. Aber es gab eine kleine Anomalie … Ah, hier haben wir’s …« Er blickte Griessel an. »Die Obduktion bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass ihr etwas aus der Hand genommen wurde. Dafür ist mir etwas anderes aufgefallen: Sie hat keinen Slip getragen. Was an sich nichts zu bedeuten hat, denn es war ein warmer Sommerabend mit Temperaturen weit über zwanzig Grad. Ich habe gehört, dass Frauen Unterwäsche bei Hitze oft als störend empfinden. Siewar allein zu Hause, vielleicht ist sie nur rasch aus der Unterhose geschlüpft, fand es aber zu umständlich, den BH auch auszuziehen. Aber nach euren neuen Erkenntnissen stellt sich noch eine andere Frage: Hat der Täter möglicherweise den Slip abgestreift, post mortem? Oder aufgeschnitten? Das ist nicht ungewöhnlich, wie du weißt.«
»Ja, vielleicht als Andenken«, sagte Griessel widerstrebend, denn diese Theorie führte zu einem Wust neuer Möglichkeiten. Serienmörder beispielsweise sammelten gerne Gegenstände ihrer Opfer.
»Genau, Nikita, als Andenken. Und um das Höschen auszuziehen, musste er die Waffe ablegen.«
Um halb drei war er mit den beiden Freundinnen von Hanneke Sloet verabredet und wollte nicht zu spät kommen, deshalb rief er auf dem Weg in die Stadt im Präsidium an und ließ sich mit Kaptein Philip van Wyk im Kriminal-Informationszentrum verbinden. Er musste die Möglichkeit, dass es sich um einen Serienmörder handeln könnte, bei der Datenbanksuche mit einbeziehen, auch wenn die Beweislage dünn war. Denn der saubere Tatort und der Mord mit einem einzigen Stich wiesen auf einen überlegt handelnden, erfahrenen Täter hin. Doch soweit er wusste, wurde augenblicklich am Kap nicht nach einem Mörder mit diesem Modus operandi gefahndet.
Endlich meldete sich van Wyk. Griessel hörte, dass beim Kriminal-Informationszentrum hektischer Betrieb herrschte, und erklärte rasch den Grund seines Anrufs.
»Wir müssen in Pretoria nachfragen und dann eine landesweite Fahndung einleiten«, sagte van Wyk. In Pretoria befand sich die Zentrale für angewandte Kriminalpsychologie. »Ich glaube nicht, dass es in unserem Umkreis ähnliche Fälle gibt. Es kann eine Weile dauern, aber ich bringe die Sache schon mal ins Rollen. Übrigens sind die Kollegen, die die Grafiken anfertigen, auf etwas gestoßen.«
»Ja?«
»Ich übergebe dich mal an Fanie Fick.«
»Einen Augenblick, Philip …
»Ja?«
»Habt ihr Sloets Kontoverbindungen?«
»Ja.«
»Könnt ihr nachsehen, wo sie versichert war?«
»Lebens- oder Sachversicherungen?«
»Sachversicherungen.«
»Kleinigkeit, wird erledigt.«
»Ich möchte insbesondere wissen, ob sie irgendetwas Wertvolles versichert hatte, Schmuck oder was weiß ich. Irgendetwas Kleines, was aber Geld bringen würde.«
»Wir überprüfen das.«
»Habt ihr etwas über den Kia herausgefunden?«
»Ja, es gibt ein paar verdächtige Fahrzeuge. Die Kollegen vom CATS ermitteln.«
»Danke, Philip, jetzt gib mir mal Fanie.«
»Hier ist er.«
»Bennie?«, fragte Fanie Fick kurz darauf leise und schüchtern, wie es ihm seit seiner Blamage im Fall Steyn eigen war.
»Ihr habt etwas gefunden?«
»Vielleicht. Weißt du von der SMS, die Sloet am Abend ihres Todes um 21.52 Uhr versendet hat?«
Griessel musste kurz nachdenken. »Ja … an Henry van Eeden, stimmt’s?«
»Stimmt. Wir haben van Eedens Nummer mit allen anderen in die Grafik aufgenommen und festgestellt, dass er an demselben Abend zwei Mal bei Sloet angerufen hat, erst um 22.48 Uhr, dann um 23.01 Uhr. Sie hat nicht geantwortet, aber wie ich sehe, hat der Rechtsmediziner den Todeszeitpunkt auf 22.00 Uhr geschätzt mit zwei Stunden Spielraum davor oder danach. Sie kann also bereits tot gewesen sein.«
»Van Eeden hat sie angerufen?«
»Richtig. Dazu muss ich sagen, dass der erste Anruf um 22.48 Uhr vom Vodacom-Funkmast in Somerset-Wes registriert wurde. Der zweite Anruf dreizehn Minuten später wurde von den Masten bei Nyanga und Guguletu aufgefangen. Es scheint, als sei van Eeden auf der N2 in Richtung Stadt unterwegs gewesen.«
»Aha«, sagte Griessel und versuchte, sich einen Reim darauf zu machen.
»Wusstest du das?«
»Nein, bis jetzt
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