Sieben Tage: Thriller (German Edition)
ein Brötchen und etwas zu trinken und floh in die Stille seiner Wohnung, um in Ruhe nachzudenken.
Er setzte sich an die kleine Frühstückstheke und ließ beim Essen den angestauten Gedanken freien Lauf.
Sein Gespräch mit Alexa gestern Abend. Als sie über die männlichen weißen Afrikaner gesprochen hatte, die ihre Macht verloren hatten, und die Frauen, die dagegen rebellierten, war ihm vieles durch den Kopf gegangen, aber zu schnell, um es festhalten zu können, weil er sich auf ihre Person konzentrieren musste. Dabei war wieder einmal die leise Furcht in ihm aufgestiegen, er könne sich zu fest an sie binden, denn eine Beziehung zwischen ihnen konnte nicht funktionieren. Diese Philosophiererei lag ihm nicht, und er fühlte sich unbehaglich dabei. Er wollte sich nicht über die dramatischen Vorstellungen anderer Leute Gedanken machen und darüber, ob sie bloße Bindeglieder waren oder nicht. Die nackte Wahrheit sah so aus: Er hielt das alles für einen Haufen Scheiße. Seit siebenundzwanzig Jahren arbeitete er bei der Polizei, und er wusste nur, dass die Menschen noch genau so waren wie damals, als er begonnen hatte. Sie stahlen und mordeten aus denselben Gründen. Vollkommen egal, ob sie Afrikaans sprachen oder Englisch, ob sie weiß, schwarz oder farbig waren. Und er vermutete, dass das schon immer so gewesen war, seit Hunderten von Jahren. Auch Frauen, die stärker um Aufmerksamkeit buhlten als andere, hatte es seit jeher gegeben. Sein Gefühl sagte ihm, dass das Verhalten der Menschen sich generell auf Disposition, Herkunft und Gelegenheit zurückführen ließ, die drei Säulen der Kriminologen. Daran änderte weder das neue Südafrika etwas noch Facebook, Twitter, LinkedUp oder In oder wie auch immer der neueste Trend lauten mochte.
Es störte ihn nicht, dass sich Alexa um solche Dinge Gedanken machte, denn er wusste, dass sie in einer anderen Welt lebte – sie war Künstlerin und dachte anders. Doch er würde ihr ganz offen klarmachen müssen, dass ihm das zu hoch war. Irgendwann. Er durfte sie nicht vor ihren Freunden blamieren und ihr dann auch noch ein falsches Bild von sich vorspiegeln.
Doch wenn er es aussprach, würde er sie verlieren.
Aber das war immer noch besser, als zu werden wie Willem, der Vater von Hanneke Sloet, dessen Foto ihm vor Augen schwebte. Dieser Ausdruck von … Resignation eines Mannes,der den Kampf verloren hatte, in dem vergeblichen Versuch, der zu sein, den seine Frau sich wünschte. Nein, das würde er nicht aushalten, er hatte schon Schwierigkeiten genug. Das bisschen Würde, das ihm noch geblieben war, musste er schützen und bewahren. Dabei dachte er an Carla, die stolz verkündete: »Mein Vater ermittelt im Sloet-Fall.« An seinen Beruf als Ermittler, auch wenn viele Leute hierzulande deswegen auf ihn herabblickten. Leute wie Roch oder Hannes Pruis, der sich von einem »kleinen Kaptein« nichts vorschreiben lassen wollte. Hanneke Sloet hätte sicherlich auch zu ihnen gehört. Er sah oft Frauen wie sie nebenan im Tuine-Einkaufszentrum, attraktiv, wohlhabend, anspruchsvoll, schick gekleidet und geschminkt … Wenn er mit seinen Billigklamotten, seiner Billigfrisur und dem vom Alkohol zerfressenen Gesicht an ihnen vorbeiging, war er Luft für sie. Alexa interessierte sich nur deshalb für ihn, weil sie momentan so fertig und schwach war und gar nicht auf die Idee kam, dass sie etwas viel Besseres bekommen konnte.
Hierarchien, Schichten und Klassen waren alles, was auf der Welt zählte. Die einen hatten es, die anderen nicht. Sloet hatte zu ersterer Gruppe gehört, und sie wollte, wie alle anderen auch, mehr haben. Mehr Geld, mehr Macht, mehr Ansehen, mehr Absicherung vor einem Abstieg in die Klasse der Versager. Anni de Waal und Alexa konnten sagen, was sie wollten: Die Brustvergrößerung war Teil dieses Strebens, ihre Herkunft noch weiter hinter sich zu lassen. Er konnte es nicht genau erklären, es war eher ein Gefühl, ein Wissen, dass Sloet noch exklusiver sein, in eine bestimmte Liga passen und erreichen wollte, dass nur Typen aus dieser Liga auf sie aufmerksam wurden. Die Reichen waren nun einmal so: Sie sonderten sich mehr und mehr ab, so wie Henry van Eeden mit seinen hohen Mauern und dem Zwei-Millionen-Lamborghini.
Sloet hatte deswegen so hart an der Transaktion gearbeitet, weil diese ihr weitere Türen geöffnet hätte, um noch mehr Distanz zu gewinnen. Sie hatte eine Idee gehabt, einen Plan. Damit wollte sie größeren Einfluss in der Kanzlei gewinnen oder
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