Sieben
bewusst
oder unbewusst dem Muster des gleichfalls siebenbändigen Zauberreich-Klassikers ›Die Chroniken von Narnia‹ des 1963 verstorbenen
Iren C.S. Lewis, der sich seinerseits bei Siebenteilung und Titelwahl möglicherweise von der ›Anglo-Saxon Chronicle‹ aus dem 11. Jahrhundert leiten ließ, deren Verfasser wiederum über das weitere tausend Jahre zuvor verfasste siebenbändige ›De beneficiis‹
(›Über die Wohltaten‹) des römischen Philosophen und Schriftstellers Seneca im Bild gewesen sein dürften – ähnlich wie heutige
Schriftsteller über das siebenteilige Hauptwerk Marcel Prousts (1871 – 1922) ›À la recherche du temps perdu‹ (›Auf der Suche nach der verlorenen Zeit‹). Wer möchte es da Verlegern verdenken, dass
sie Lebenswerke, Kompendien oder Lexika gleichfalls gerne »in sieben Bänden« herausgeben?
Schön und gut, möchte man dazu sagen. Doch was ist mit all den übrigen Siebenbezügen, jenen zahllosen Gremien, Amtszeiten,
Gesetzen oder Laufzeiten, die mal mehr, mal weniger subtil ins globale Leben eingreifen und die – falls man sie überhaupt
bemerkt – mitunter ganz andere Gefühle wecken als ausgerechnet Glück? Wer außer Zahnärzten oder Zahntechnikern würde sich
beispielsweise dafür interessieren, dass der deutsche Bundesfinanzhof beim Zahngoldvorrat eine Frist von sieben Jahren vorschreibt?
Wer von den Betroffenen hätte sich wohl während jenes siebenjährigen Militärdienstes je glücklich gefühlt, den deutsche Männer
laut Bismarck’scher Verfassung von 1871 abzuleisten hatten! Wer könnte wohl bei der Erinnerung an die sieben Grenzübergänge
der Berliner Mauer etwas anderes empfinden als Unbehagen oder bei der Erinnerung daran, dass das von Nazideutschland annektierte
Österreich in sieben Gaue unterteilt war? Auch die zentrale Stütze des N S-Machtapparats , das Reichssicherheitshauptamt (RSHA), gliederte sich in sieben Ämter, die sogenannte N S-Reichskulturkammer in sieben Einzelkammern. Wie viel sympathischer sind da doch die sieben Regierungsbezirke des Freistaats Bayern, die Gliederung
der europäischen Natostreitkräfte in sieben Korps, die siebenjährige Amtszeit des Präsidenten der »Bank of Canada«, die sieben
Standort-Nationen (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien, USA, China, Russland) des Flugzeugbauriesen »Airbus«,
der siebenköpfige Ministerrat des Kosovo sowie die Gliederung des Pariser Louvre in sieben Verwaltungsabteilungen. Ähnlichesgilt für die sieben Fakultäten der (teils »technischen«) Universitäten zu Chemnitz, Bonn, Berlin, Weihenstephan, Tübingen,
Trondheim, London, Köln, Amsterdam, Olomouc (Tschechien), Algier, Québec, Brüssel oder Butembo (Kongo).
Summa summarum: Wir erkennen eine verblüffende Häufung von Siebenbezügen, zu denen sich – Pars pro Toto – die siebenkantigen
britischen 50- und 2 0-Pence -Münzen, die sieben Rillen der 2 0-Eurocent -Münze (geschaffen, um Blinden die Unterscheidung von anderen Münzen zu erleichtern), die jeweils siebenjährigen Laufzeiten
staatlicher Schuldverschreibungen und überstaatlicher Forschungsprogramme, der Siebenjahreszyklus des Münchner Schäfflertanzes
oder das siebenblättrige Rosenlogo der französischen Sozialisten ergänzend fügen.
Warum – so mag man sich fragen – gilt in Frankreich das Alter von sieben Jahren als »âge de raison«, als »Alter der Vernunft«?
Wie kommt es, dass ein ähnlicher Gedanke auch in Deutschland wirksam ist, wo nicht nur die Schulpflicht mit sieben Jahren
beginnt, sondern mit zwei Mal sieben (= 14) Jahren die Strafmündigkeit einsetzt? Ebenfalls mit 14 Jahren werden die katholischen Christen gefirmt, damit also »mün dig «. Dass diesen und ähnlichen Auffassungen von einer Siebenjahresteilung des menschlichen Lebens sehr oft die wissenschaftliche
Anerkennung fehlt, hindert dergleichen Siebenbezüge keineswegs an ihrer Verbreitung.
Schon 1976, Jahrzehnte, bevor Manga- und Anime-Helden die westliche Jugendkultur zu beeinflussen begannen, hatten sich Studenten
der US-amerikanischen Yale-Universität in einer der japanischen Umfrage von 1999 vergleichbaren Erhebung ebenfalls mehrheitlich
zur Lieblingszahl Sieben bekannt und damit jenes Phänomen bestätigt, das der englische Philosoph John Locke im 17. Jahrhundert als »Blueseven Phenomena« bezeichnete: dass nämlich jungeMenschen, nach ihrer Lieblingsfarbe und nach ihrer Lieblingszahl befragt,
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