Sieben
Geschichte im Koran den nämlichen glücklichen Verlauf.
Wer nun allerdings annimmt, die bekannte Sieben-Häufung in den muslimischen Riten und Geboten sei unerschöpflich – Stichwörter:
sieben Himmel, Siebenpunkt-Berührung der Erde beim Gebet, siebenmalige Umkreisung der Kaaba sowie andere siebenbezogene Rituale
während des Pilgeraufenthalts in Mekka samt Besuch der siebentürmigen Moschee –, dem wird im ›Koran‹, mit Ausnahme des Traumgleichnisses, der sieben Himmel, des Siebengestirns und der in sieben Verse
gegliederten ersten Sure, dem Glaubensbekenntnis aller Muslime, nurmehr wenig Siebenfältiges begegnen.
So finden sich in der heiligen Schrift des Islam weder konkrete Hinweise auf jene »70 000 Vorhänge aus Licht und Finsternis«, die sich nach verbreiteter muslimischer Vorstellung zwischen Allah und den Menschen schieben,
noch jene »sieben kanonischen Lesarten« oder »sieben inneren Aspekte«, wie sie dem Koran innewohnen sollen. Auch dass Allah
im Wesentlichen »sieben Attribute« zu eigen seien, dass die biblischen »Urväter« Hennoch, Noah, Abraham, Isaak, Jakob, Moses
und Jesus als die »sieben Pfeiler der Welt« oder die »sieben Hirten« zu gelten haben, dass sich die Schöpfung in »sieben Stufen«
einer Art »mystischer Hierarchie« von Gott bis zu den Menschen entfaltet habe oderdass der »siebte Imam in der Nachfolge des siebten Propheten« die Auferstehung einleiten werde, verdanken die Muslime analog
den Christen und Juden in erster Linie frühislamischer – sprich: mittelalterlicher – Exegese. Viele islamische Siebenbezüge
haben ihre Ursprünge jeweils in neuen islamischen Geistesströmungen: allen voran Ismailiten beziehungsweise »Sieben-Schiiten«,
welche sich auf Ismael, den Urenkel in der siebten Generation nach Mohammeds Schwiegersohn Ali, berufen und zu deren wichtigsten
Wegbereitern der in Persien gebürtige Dichter und Philosoph Nasir ibn Khusraw al-Qubadiani (1003 – 1088) zählte, der die Welt unter anderem in sieben Heptaden einteilte.
Markiert man die wichtigsten Stationen der Ursprungsgeschichte des Islam, seiner Hauptströmungen, des Judentums und des Christentums
auf der Landkarte, so befindet sich im Mittelpunkt dieses Polygons nicht ganz zufällig jene Region, von der einst der biblische
Stammvater Abraham gen Kanaan aufbrach und wo viele Generationen später die ›Thora‹ kanonisiert wurde: Gemeint ist jene babylonische
Hochkultur, in der sich zahllose Kulte und Religionen in relativer Toleranz begegneten und in deren Mythen die Sieben die
bereits geschilderte Rolle spielte. Weithin sichtbarste Symbole für die Prominenz als »Heilige Zahl« in Babylon waren jene
siebengeschossigen Sakralbauten, deren berühmtester dadurch bekannt wurde, dass er während der Bauphase in sich zusammenfiel.
Der Name dieser nach persischem Kultvorbild errichteten Tempel ist »Zikkurat«, was übersetzt so viel heißt wie »Kosmischer«
oder »Himm lischer « Berg.
Es liegt auf der Hand, sich auf der Spurensuche nach den Ursprüngen der heiligen Sieben zunächst in jenes riesige Nachbarland
Babyloniens zu begeben, über das der römische Geschichtsschreiber Herodot berichten sollte, dass dieses sich in »sieben Stämme«
teile und dass es dort siebenFeuerheiligtümer gebe. Während der Hochblüte Babylons schloss besagter »Iran« (= Land der Arier) die Gebiete des heutigen
Afghanistan, Turkmenistan, Tadschikistan, Usbekistan sowie Teile Pakistans, des Irak und der Türkei mit ein. Im Laufe des
zweiten vorchristlichen Jahrtausends hatte sich hier eine Religion etabliert, in deren polytheistischem Götterspektrum jener
Gott Mithra (= Freund, Vertrag) herausragte, der sich dereinst im Römischen Reich zum vorchristlichen Kultstar Mithras wandeln
sollte.
Als Stifter jener später »Zoroastrismus« genannten Religion, die sich – ähnlich dem zeitgleich aufblühenden Judentum – auf
den Dualismus von Gut und Böse stützte(hier personifiziert durch den Schöpfergott »Ahura Mazda« und seinen teuflischen Gegenspieler »Ahriman«), gilt der altiranische
Zaotar (Priester) Zarathustra beziehungsweise Zoroaster:
Lüge und Arroganz waren schon lange in der siebenten Region der Erde bekannt
, hatte Zoroaster in einem seiner »Gathas« (= Hymnen, Gesänge) verlauten lassen. Und da der Religionsstifter, dessen biografische
Daten völlig im Dunkeln liegen, die Lüge offenbar besonders verachtete, ließ er die
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