Sieben
oder
bei der Wahl der Diakonen, die tunlichst auf »sieben gut beleumundete Männer voll Geist und Wahrheit« (Apostelgeschichte 6.3)
fallen sollte, oder wenn Jesus an anderer Stelle (Matthäus 18.21; Lukas 17.4) seinen designierten Nachfolger belehrt:
Dann trat Petrus zu ihm und sprach: Herr, wie oft soll ich meinem Bruder, der gegen mich sündigt, vergeben? Bis sieben Mal?
Jesus spricht zu ihm: Ich sage dir: Nicht bis sieben Mal, sondern bis siebzig Mal sieben.
Ansonsten könnte man die Sieben als eher sporadische Erscheinung im Neuen Testament bezeichnen – gäbe es da nicht die wundersamen
– Apokalypse oder Offenbarung genannten – Briefe eines gewissen Johannes an die »sieben christlichen Gemeinden«, deren 6 5-fach mystischer Siebenbezug (darunter »Das Buch mit den sieben Siegeln«, »Sieben Engel«, »Sieben Donner«, »Sieben Diademe«, »Sieben
Zornschalen« oder »Sieben Plagen«) jedem modernen Anime-Schocker zur Ehre gereichen würde und deren »Heilig keit « sogar Martin Luther suspekt war:
Mein Geist will sich in dieses Buch nicht schicken.
Als das Christentum schließlich zur Staatsreligion im Heiligen Römischen Reich avanciert war, als auch das heidnisch-germanische
Frühlingsfest »Eastre« in der Feier von »Christi Auferstehung« aufgegangen war, als sich alte heidnische Fruchtbarkeits-,
Quell- und Steinkultstätten per päpstlich-gregorianischem Erlass von 590 zu christlichen Wallfahrtsstätten gewandelt hatten,
wurde einige tausend Kilometer östlich – in der unmittelbaren Nachbarschaft einer als »Kaaba« bezeichneten altarabischen Kultstätte
– einem arabischen Kaufmann namens Mohammed die göttliche Offenbarungin Gestalt einer durch den Erzengel Gabriel übermittelten Heiligen Schrift zuteil: des ›Koran‹.
Doch sollte der biblische Erzengel nicht das einzige Motiv bleiben, das den Islam mit dem soeben erst etablierten Christentum
und dem knapp zwei Jahrtausende alten Judentum verband. So kommt etwa gleich in der 1. Sure (Al- Fátihah = Die Öffnung) jener selbe monotheistische Anspruch zum Ausdruck (Vers 2):
Aller Preis gehört Allah, dem
Herrn der Welten
, wie er im ersten der zehn jüdisch-christlichen Gebote
( Ich bin der Herr dein Gott
) seine Entsprechung findet.
Mehr als die neutestamentarischen Texte selbst trugen im Christentum vor allem die sogenannten Kirchenväter sowie die Exegese
(Bibelauslegung) und Theologie der ersten nachchristlichen Jahrhunderte zur Mystifizierung der Sieben bei. So begann man nun
auch dort genau nachzuzählen, wo in der Bibel die Rede von der Sieben ist. Das beginnt schon beim »Vaterunser«, welches sich
in der Tat in sieben Bitten gliedert; ähnlich bei den »sieben Freuden« oder den »sieben Schmerzen Marias«, den »sieben Erzengeln«,
den »sieben Wunden Jesu«, den »sieben letzten Worten Jesu am Kreuz« oder den »sieben Gaben des Heiligen Geistes«; weiter bei
den »sieben Sakramenten« (Taufe, Firmung, Ehe, Priesterweihe, Eucharistie, Buße, Letzte Ölung – Anfang des 12. Jahrhunderts von dem italienischen Bischof und Theologen Lombard zusammengeschrieben), den »sieben Tugenden«, den »sieben
Stufen des Fegefeuers« oder den »sieben Todsünden«, welche weniger den Texten der Bibel als vielmehr jenem mittelalterlichen
Denken entsprangen, wie es sich etwa in der Schrift ›De septem septenis‹ des Bischofs von Chartres, John von Salisbury (um
1115 – 1180), widerspiegelt. Auch zeigt sich die Sieben in jener vorgeblich »gottgewollten« Ordnung, die sich nicht zuletzt in der
Kurfürstlichen Siebtel-Teilung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation niederschlug (unter den sieben Kurfürsten die
Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln) oder auch in jenen sieben »großen« und sieben »kleinen« Kirchenfesten, mit denen etwa
die ägyptischen Kopten des 14. Jahrhunderts das Christentum gegen den machtvoll prosperierenden Islam zu behaupten versuchten.
In der 12. Sure (Yusuf = Joseph) kann man jenes Gleichnis lesen, das viele Jahrhunderte zuvor bereits die Hörer und Leser der ›Thora‹ beziehungsweise des Pentateuch bewegt hatte (Vers 43):
Und der König sprach: »Ich sehe sieben fette Kühe, und sie fressen sieben magere; und sieben grüne Ähren und [sieben] andere
dürre. O ihr Häupter, erkläret mir die Bedeutung meines Traums, wenn ihr einen Traum auszulegen versteht.«
Und da Yusuf sich bekanntlich auf die Traumdeutung verstand, nimmt die
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