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Siebenschön

Siebenschön

Titel: Siebenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Winter
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Worten aufhorchte.
    »Außerdem hatte er wohl gelegentlich auch mit Panikattacken zu kämpfen«, setzte Decker hinzu. »Beides soll sich allerdings erheblich gebessert haben, seit er in Behandlung war.«
    Em kritzelte eine entsprechende Bemerkung an den Rand ihrer Kopie. »Hast du den Namen seines Therapeuten?«
    »Dr. Sander Westen«, nickte Decker. »Er hat seine Praxis in der Nähe des Hauptbahnhofs.«
    »Sander Westen! Tatsächlich?«, rief Koss erstaunt. »Na, das ist ja interessant.«
    »Wieso?«, fragte Em.
    »Weil Westen von Haus aus Forensiker ist«, antwortete Koss. »Er war lange in Haina und Chefarzt an der FPA. Und seine Bücher über antisoziale Persönlichkeitsstörungen und deren Diagnostik gehören zur Pflichtlektüre für jeden angehenden Psychologen.«
    Ems Finger spielten am Clip ihres Kugelschreibers. Die forensisch-psychiatrische Ambulanz Hessen, kurz FPA, war die älteste kontinuierlich arbeitende Spezialambulanz für psychisch kranke Rechtsbrecher in Deutschland. Und krank waren die Szenarien, mit denen sie es hier zu tun hatten, allemal.
    »Dann überprüf doch bitte mal, ob es da eventuell auch eine Verbindung zu Jenny Dickinson gibt«, wandte sie sich wieder an Decker. »Und ob vielleicht auch eines der anderen Opfer in psychotherapeutischer Behandlung war …«
13
    »Suchst du was?«
    Sarah Kindle nickte und kippte den Inhalt ihrer Handtasche auf die türkisfarbene Tagesdecke des Motelbetts.
    »Was denn?«
    »Ach, nichts Besonderes. Nur eine Visitenkarte. Ich bin sicher, dass ich sie hier irgendwo hingelegt hatte.«
    »Was für eine Visitenkarte?« Manuel gähnte und nestelte dann eine Weile ungeschickt an seinem Gürtel herum. Sie waren in der Lobby gewesen, hatten ein paar Drinks genommen, und anschließend waren sie im Bett gelandet.
    Sarah war neugierig gewesen, was sie bei ihrem ersten Rendezvous nach dieser langen Zeit der Trennung und der damit einhergehenden Abstinenz empfinden würde. Doch dass es tatsächlich so wenig gewesen war, überraschte sie selbst. Nicht, dass der Sex mit Manuel ihr unangenehm gewesen wäre. Aber er war definitiv etwas, auf das sie getrost verzichten konnte. So viel immerhin wusste sie jetzt.
    »Liebling?«
    Sie fuhr zusammen wie ein ertapptes Kind. »Ja?«
    »Hörst du mir zu?«
    »Entschuldige«, sagte sie hastig. »Ich war gerade in Gedanken. Was meinst du?«
    »Ich habe dich gefragt, was das für eine Karte ist, die du suchst«, wiederholte er, ohne den Blick vom Flachbildfernseher an der Wand zu nehmen. Wie immer, wenn er im Bett auf seine Kosten gekommen war, umgab ihn eine Aura zufriedener Trägheit. Etwas, das Sarah an diesem Abend geradezu aggressiv machte.
    »Ach, nichts Besonderes«, antwortete sie ausweichend. »Es ist nur … Es hat mit Karo und Tanja zu tun.«
    Augenblicklich saß Manuel aufrecht im Bett. Was klar war, denn er fürchtete seit je um jeden Cent, den Eberhard KindlesTöchter seiner Freundin und damit in gewisser Weise auch ihm selbst streitig machen konnten. »Was ist denn mit den beiden?«
    »Nichts.«
    »Haben sie sich bei dir gemeldet?«
    Sarah sah die Gier in seinen Augen. Gier und Missgunst. Wenn du wüsstest, dachte sie bei sich, dass du – ganz egal, wie die Sache ausgeht – am Ende in die Röhre gucken wirst, würdest du dich vermutlich selbst in Stücke reißen wie Rumpelstilzchen.
    Aber das durfte sie ihm leider noch nicht unter die Nase reiben. Noch brauchte sie seine Hilfe. Noch konnte sie es sich nicht leisten, Manuel Kendrich über die Planke gehen zu lassen.
    »Sie nicht, aber ihr Anwalt«, beeilte sie sich, seine Frage zu beantworten, bevor er am Ende noch misstrauisch wurde.
    »Ihr Anwalt«, höhnte er. »Und was wollte der Scheißer?«
    »Na, was schon. Geld natürlich.«
    »Drecksgören!«
    »Laut Gesetz haben die beiden Anspruch auf ihren Pflichtteil«, entgegnete sie achselzuckend, obwohl die Sache sie längst nicht so kaltließ, wie es nach außen hin scheinen mochte.
    »Aber den wirst du ihnen doch wohl nicht kampflos überlassen, oder?«
    Sie schüttelte den Kopf, obwohl sie keineswegs sicher war, was das betraf. Man sollte sein Glück nicht überstrapazieren , hatte ihre Oma ihr immer eingebläut, wenn sie als Kind einer verdienten Strafe entgangen war und – beflügelt von ihrem vermeintlichen Erfolg – in Gedanken bereits die nächste Missetat plante. Wenn man nämlich zu viel will, dann hat man am Ende gar nichts … »Natürlich nicht.«
    »Und was hast du jetzt vor?«
    Ihre Blicke glitten über

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