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Siebenschön

Siebenschön

Titel: Siebenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Winter
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läuft.«
    »Bitte«, flehte Em. »Wenigstens so ungefähr. Damit wir die Sache einschätzen können.«
    Ihn einreihen in die Parade unserer Opfer, höhnte sie im Stillen. Aber eigentlich war ihr zum Heulen zumute.
    »Drei Wochen, vier Wochen.« Die Pathologin rieb sich unwillig die Hände. »Aber nageln Sie mich da bloß nicht fest.«
    »Keine Sorge.«
    »Aber er ist eindeutig länger tot als die beiden anderen, oder?«, insistierte Zhou, und Em wunderte sich über ihre Hartnäckigkeit.
    Zuerst sah Dr. Bechstein aus, als ob sie schimpfen wollte. Doch dann blickte sie wieder auf den toten Mann hinunter, fast so, als müsse sie ihre eigene Aussage einer neuerlichen Prüfung unterziehen. »Würde ich sagen, ja«, knurrte sie schließlich. »Unter Vorbehalt.«
    Zhou nickte nur.
    »Haben wir schon einen Namen?«, wandte sich Em wieder an Khalaf.
    »Jonas Tidorf«, nickte dieser. »Seine Brieftasche steckte in der Jeans.«
    »Wie alt?«
    »Sechsundzwanzig. Er hat Wirtschaftsinformatik studiert.«
    »Hier in der Stadt?«
    »Ja.«
    Ems Blick wanderte zu den Lifttüren am Ende des Ganges, wo zwei Spurentechniker noch immer damit beschäftigt waren, Fingerabdrücke und etwaige Faserspuren zu sichern. »Ich nehme an, er hat nicht hier gewohnt?«
    »Sag so was nicht«, lachte Khalaf. »Ich kenne Studenten, die im eigenen Porsche zur Vorlesung fahren.«
    »Was ist mit diesem?«, beharrte Em.
    »Nein, der nicht.« Khalaf schob sich ein Bonbon in den Mund. Menthol. »Er hat ganz brav in einem WG-Zimmer gelebt. Achtzehn Quadratmeter, immerhin. Das sind sieben mehr, als ich in seinem Alter hatte.«
    Em lächelte. »Habt ihr euch schon hier im Haus umgehört?«
    Khalaf bejahte. »Und wir haben auch sein Foto rumgezeigt. Aber von den Bewohnern, mit denen wir bislang gesprochen haben, will ihn keiner vorher schon mal hier gesehen haben.«
    Das heißt gar nichts, dachte Em. In einer Gegend wie dieser lebten Menschen, die viel außer Haus waren und wenig Wert auf nachbarschaftliche Geselligkeit legten. Ihre Augen glitten über die nackten Betonwände. Das hier war ein Ort, an dem es leichtfiel, anonym zu bleiben, wenn man anonym bleiben wollte. Ihr Blick kehrte zu dem toten Studenten zurück. Er sah kräftig aus. Durchtrainiert. Falls er noch am Leben war, als er in dieses Haus gekommen ist, überlegte Em, wie hat der Täter ihn dazu gebracht, ihm zu folgen?
    »Der Eigentümer des Apartments, zu dem dieses Kellerabteil gehört, ist übrigens schon seit einem halben Jahr in Dubai und weiß von nichts«, bemerkte Khalaf neben ihr. »Die Kollegen haben ihn bereits überprüft, und es besteht kein Zweifel, dass er die Wahrheit sagt.«
    Eine Lagerhalle, resümierte Em. Eine Lagerhalle, eine Scheune und ein Hochsitz. Und jetzt also das Kellerabteil eines Apartments, dessen Besitzer sich für längere Zeit im Ausland aufhielt.
    Suchen Sie nach jemandem, dem eine Demütigung widerfahren ist , flüsterte Koss in ihrem Kopf. Vielleicht durfte er wegen irgendeines Fehlverhaltens nicht ins Fußballteam.
    »Warum hat eigentlich niemand den Geruch bemerkt?«, hörte sie Zhous dunkle Stimme in ihrem Rücken.
    Sie hat recht! Em hob schnüffelnd den Kopf. Es roch in diesem Raum tatsächlich nach Blut!
    Sie trat auf den Gang vor den Verschlägen hinaus, doch auch dort war der Geruch noch deutlich wahrzunehmen. Ein süßlich metallisches Aroma, das wie eine Ahnung von Unheil zwischenden unverputzten Betonwänden hing. Warum ist mir das nicht aufgefallen?, dachte Em bestürzt. Bin ich so abgestumpft, derart vernagelt, dass mir die elementarsten Dinge entgehen?
    »Wie’s aussieht, kommen nicht viele Leute hier runter«, beantwortete Khalaf unterdessen Zhous Frage. Und tatsächlich: Bei näherem Hinsehen entpuppten sich die meisten der umliegenden Verschläge als leer.
    Ein guter Ort, um jemandem Gewalt anzutun, dachte Em einmal mehr, und der Gedanke jagte ihr einen Schauder über den Rücken. »Aber ihr habt nicht zufällig so was wie einen Dampfreiniger gefunden?«, fragte sie, indem sie sich abermals zwischen den nackten Betonmauern umsah.
    Khalaf grinste. »Nee.«
    Em nickte. »Trotzdem«, sagte sie, »tut mir den Gefallen und sucht danach.«
12
    »Dem Schreiber der Briefe geht es offenbar um Schuld«, konstatierte Koss eine gute Stunde später im Präsidium. »Und um den Umgang damit.«
    Em schnippte ein Trüffelpapier vom Tisch. »Woran machen Sie das fest?«
    Koss’ Finger tippte auf die Kopie, die vor ihm auf dem Tisch lag. » Ajin tachat ajin , so

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