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Siebzehn Silben Ewigkeit - Roman

Siebzehn Silben Ewigkeit - Roman

Titel: Siebzehn Silben Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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der Dunkelheit ausgelöscht, und die trostreichen Visionen, die sie eigentlich hätten heraufbeschwören sollen, blieben aus.Die Haikus erwiesen sich plötzlich als steril; wie welke Blumen in einem Herbarium auf ihren Seiten angeordnet, waren sie leblos und verströmten lediglich einen abgestandenen Duft.
    Bilodo schüttelte die Seiten in der Hoffnung, ihre Magie erneut zu entfachen, wodurch sie jedoch nur zerknittert wurden. Selbst Ségolènes Worte ließen ihn im Stich. In diesem Augenblick spürte er zum ersten, zum allerersten Mal in seinem Leben die Einsamkeit über sich hereinbrechen. Als würde ihn eine riesige Welle erfassen, ihn auf sich selbst zurückwerfen und in die Tiefe stoßen, dorthin, wo sich ein gewaltiger Schlund auftat, ein gigantisches Abflussgitter, zu dem ihn ein unbändiger Mahlstrom mitriss, während er sich in seiner äußersten Verzweiflung irgendwo festzuklammern versuchte. Erstaunlich hellsichtig wusste Bilodo, dass er ohne Ségolène nicht weiterleben, nicht überleben konnte, dass ihm alles uninteressant und sinnlos vorkommen würde, es für ihn keinerlei Schönheit, keinerlei Verlangen mehr geben und Zufriedenheit zu einem abstrakten Konzept werden würde, das zu all den anderen Gefühlen, die ihm wahrscheinlich immer fremd blieben, aufs offene Meer driften würde, dass er selbst nur noch ein Wrack wäre, ein Geisterschiff ohne Antrieb oder Steuermann, das sich von den herben Strömungen treiben ließe, bis zu dem Tag, an dem das Seegras seine Fahrt verlangsamen, ihn in seinen glitschigen Netzen einfangen, sich an seinen Planken festklammern und schließlich so stark in die Tiefe ziehen würde, dass er darin versank.
    Eine schreckliche Vorstellung. Würde die Geschichte ein dermaßen absurdes Ende nehmen? Sollte Bilodo nicht lieber reagieren, irgendetwas unternehmen? War es möglich, dem Schiffbruch zu entrinnen? Gab es eine Boje, an der man sich festklammern konnte, irgendeine Möglichkeit, die eigene Hilflosigkeit zu bezwingen, irgendwelche Mittel und Wege, wie das Schicksal beschworen und verhindert werden konnte, dass Ségolène aus seinem Leben verschwand?
    Als seine Verzweiflung am größten war, hatte Bilodo plötzlich eine Idee.

    Es war eine großartige, originelle, derart geniale, derart gewagte Idee   …, dass Bilodo erschrak und sie sogleich abtat. Sie war nämlich zu gewagt, eine gefährlich absurde Idee, viel zu riskant und zweifellos ohnehin nicht umzusetzen. Eine ausgefallene, kranke Idee, die nur ein Verrückter tatsächlich in Erwägung ziehen konnte, die es zu verwerfen und so schnell wie möglich zu vergessen galt, damit sie nur ja nicht ausuferte. Um auf andere Gedanken zu kommen, griff Bilodo nach seiner Spielkonsole und startete eine heftige Offensive gegen die Aufständischen von Xion, doch die Idee ließ ihn nicht los, sie nagte an ihm, drängte darauf, ans Licht zu kommen, bis Bilodo sich schließlich geschlagen gab und sie noch einmal überdachte.
    Vielleicht war die Idee ja doch nicht ganz und gar abwegig.Gewiss, sie war erschreckend und in psychologischer Hinsicht nicht ungefährlich, aber möglicherweise doch umzusetzen. Wenn es auch nur eine Chance gab, wieder Kontakt mit Ségolène aufzunehmen und zu ihr zurückzufinden, so war es gewiss diese. Und während der erste Schimmer einer fahlen Morgendämmerung zu erkennen war, blickte Bilodo auf. Er wusste, er hatte keine andere Wahl und musste es zumindest versuchen.

7
    Das Klirren der Fensterscheibe wurde durch das flauschige Handtuch gedämpft. Bilodo wartete gespannt auf irgendeine Reaktion von den benachbarten Türen und Balkons, spähte in die Dunkelheit der Gasse unter ihm, doch nichts rührte sich. Er drückte die zersprungene Scheibe ein, deren Splitter ins Wohnungsinnere fielen. Bilodo führte seine Hand durch die Öffnung, ertastete den Riegel, huschte durch die zur Gasse liegende hintere Tür von Grandprés Wohnung und schloss sie eilig hinter sich. Er war angekommen. Er hatte es gewagt.
    Ein süßlicher Geruch stieg ihm in die Nase. Er stand in der Küche. Er schaltete seine Taschenlampe ein und bewegte sich so leichtfüßig wie nur irgend möglich, wobei er versuchte, über das knackende Parkett zu schweben. In der Küche gab es weder Tisch noch Stühle. Der Geruch kam von der Anrichte, auf der etwas Liegengelassenes in seiner Verpackung verschimmelte, Fisch vielleicht.Bilodo trat aus der Küche in den Flur, dessen Boden mit einem weichen Material bedeckt war, kein Teppich, sondern eine Art

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